Es war einmal ein Mädchen, das guckte neugierig in die Welt hinein. Eines Tages ging das Mädchen zur Schule und konnte plötzlich nicht die Nummer von dem Bus erkennen. Das Mädchen brauchte eine Brille.
Brillenträger ist eine klare Schublade. Jeder auf der Straße konnte erkennen, dass das Mädchen schlechte Augen hatte, und das Mädchen war nicht glücklich darüber.
Dieses Mädchen bin ich.
Über 20 Jahre habe ich Brille getragen
Jetzt ist Schluss damit. Ich habe beschlossen, dass ich keine Brille mehr tragen will, und seitdem haben sich meine Augen extrem gebessert. Aus ursprünglichen Minus 3,75 wurden in diesem Sommer Minus 2, und irgendwann vor Weihnachten gehe ich nochmal zum Optiker und lasse die Sehestärke nochmal messen.
Ich bin mir sicher, dass es sich verbessert hat
Wie hab ich das gemacht, willst du wissen. Nun, das ist Teil des allgemeines Problems. Solltest du auch Brillenträger sein und möchtest du diese Krücke los sein, so funktioniert unser Denkprozess normalerweise so:
Gib mir ein Ergebnis -> Weise mir nach, warum es funktioniert -> Zeige mir, dass es auch für andere funktioniert -> Dann glaube ich es eventuell auch -> Dann werde ich es vielleicht ausprobieren (aber wegen meiner Zweifel vermutlich keinen Erfolg haben)Und in den meisten Fällen sind die Ursachen für den Nicht-Erfolg:
Die Zweifel
(wenn es so einfach wäre, würden das ja alle tun, aber da es immer noch so viele Brillenträger gibt, wird es wohl nicht gehen)
Die Gewohnheit
(für mich wurde Brille mit der Zeit zum Teil meines Outfits, meines Stils – wie Schmuck oder Lieblingsfarben)
Die Faulheit
(um etwas zu verändern, muss man etwas tun; ich lass es lieber wie bisher, geht doch auch!)
Die Schwäche
(wenn ich so ein Projekt angehe und mir unterwegs ie Puste ausgeht, muss ich anerkennen, dass ich schwach bin; lieber gar nicht erst riskieren)
Tja, so sind wir, Menschen, und ich bin da nicht anders.
Hier kommen die Wunderwaffen, die du auf die andere Seite der Schlacht für das Projekt stellen kannst:
1. Die Neugierde
(bevor ich das alternative neue Facebook ausprobiere, mache ich lieber einen Selbstversuch)
2. Der Trotz
(nur weil Optiker und Krankenkassen mich zum Brillentragen verführen, muss ich das noch lange nicht tun)
3. Die Eitelkeit
(seien wir mal ehrlich: NIEMAND sieht mit Brille besser aus als ohne; Brille ist eine Krücke miten im Gesicht, sie verbirgt Augen und schafft Distanz)
4. Der Glaube
(wozu gibt es diese schlauen Zitate, dass alles theoretisch unmöglich sei, bis man es tut?)
5. Der Wille
(mit dem Fuss ganz fest in den Boden stampfen und sagen: Ich will!)
6. Der Entschluss
(an irgendeinem Tag habe ich beschlossen, keine Brille mehr aufzusetzen – so wie meine Tochter mit sieben Monaten beschlossen hat, dass sie keine Windel mehr braucht)
7. Meine Lieblingswaffe: Der Mut
(ich muss es ja nicht überall erzählen, erstmal mache ich das nur für mich und irgendwann werden das vielleicht Menschen nach und nach merken)
In der Tat sind die wenigsten Menschen in meiner Umgebung auf die Idee gekommen, was an mir anders ist. Erst als ich sagte “Ich trage keine Brille mehr”, klopften sich welche auf die Schenkel und sagten: “Stimmt, jetzt merke ich das!”
Kannste sehen!
Heute gehe ich zu einem Fotografen und lasse mir nach über 20 Jahren ein ganz neues offizielles Profilbild OHNE BRILLE machen. Ich bin aufgeregt und überglücklich!
Freust du dich bitte ein wenig mit mir?
Danke für das Foto mit “Mut” geht an Anne Oschatz