Im Iran hat sich die Zahl der Hinrichtungen vervierfacht. So berichtet es amnesty international. Vermutet wird außerdem, dass diese entfesselte Hinrichtungspraxis dazu dienen soll, die junge iranische Protestgeneration einzuschüchtern. Anders formuliert: Die iranische Regierung läßt töten, um den eigenen Machterhalt zu sichern. Das ist bedenklich, allerdings überall dort trauriger Brauch, wo die Todesstrafe noch immer aktiv ist.
Iranische Zustände in den USA der Neunzigerjahre
Die Todesstrafe ist nicht einfach eine Strafe, die in einem Gesetzeskodex, sei er weltlich konstruiert, sei er göttlich inspiriert, festgeschrieben wird. Sie ist es nicht nur nicht, weil die Strafe unumkehrbar und nicht wiedergutmachbar ist - sie ist es ebenfalls, weil sie von den Eliten als Herrschaftsinstrument gebraucht wird. Diese weisen die Justiz an, störende Elemente endgültig aus der Gesellschaft zu tilgen. Die Todesstrafe schärft einmal den Eindruck, dass man sich als Gesellschaft keine Mildherzigkeiten leistet und weder Härte und Erbarmungslosigkeit scheut, um das gesellschaftliche Zusammenleben sicherer, besser oder lebenswerter zu machen. Und sie wird verwendet, um sich missliebiger Schichten oder Gruppen zu entledigen, auch um die eigenen Pfründe zu sichern.
Eine solche Klientel- und Machtpolitik, die sich der regen Ausweitung der Hinrichtungspraxis hingab, erlebten die Vereinigten Staaten in der Dekade von 1990 bis 1999. Je nach Lesart der Statistik könnte man gar ableiten, dass sich die Zahl der Hinrichtungen damals gar versiebenfacht hat. Präsident war damals ein Demokrat - und die Republikaner, die den nächsten US-Präsidenten stellen wollten, mussten Bedingungslosigkeit zeigen, keine verweichlichte, sondern eine harte Hand bieten, die auch keine Scheu davor hat, Todesurteile zu unterschreiben. In jenen Jahren galt es als besonders dem Gemeinwesen zugetan, gegen das Verbrechen, das die traditionellen amerikanischen Werte beflecke, mit drakonischen Rechtsmitteln zu antworten. Lebenslange Haft für drei kriminelle Handlungen, egal welcher Qualität - das war ein Auswuchs dieses Denkens; der ungehemmte Rückgriff auf die Todesstrafe ein anderer. Wer keine Skrupel kannte, der galt als Mann, mit dem die Nation rechnen könne.
Besonders ein Gouverneur tat sich da hervor: George W. Bush. Der Schlächter von Texas wehrte sich gegen die Vorwürfe, er würde durch die Erhöhung der Todesstrafenrate, durch Forcierung der Taktzahlen der Tötungsmaschinerie, seiner eigenen politischen Karriere Flügel verleihen. Nein, er war da ganz uneigennützig und berief eine Ethik-Kommission, die über Gnadengesuche entscheiden sollte - sie flüsterte ihm sodann ins Ohr, wie er befinden sollte, als letzte Instanz und als Herr über Leben und Tod, während der Todeskandidat seiner letzten Stunden harrte. Rechtsanwälte gaben jedoch konsterniert zu Protokoll, dass sich die Kommission so gut wie nie die Mühe machte, die Fälle wirklich zu prüfen.
Todesstrafe ist immer Einschüchterung und Machterhalt
Die politische Kaste der Vereinigten Staaten, besonders die der Republikaner, entstammt einem Milieu, dass sich vor den Unterschichten fürchtet. Arbeitslose Schwarze gefährden demnach das Wohl der Nation, kriminelle Hispanics marodieren in den Straßen und belästigen WASP-Mädchen (White Anglo-Saxon Protestants). Besonders in den Neunzigerjahren, da die Republikaner Interesse daran hatten, die Demokraten als verweichlichte Humanisten zu diffamieren, die insgeheim das Moratorium von 1967 bis 1976 zurückhaben wollten, war diese Denkweise weit verbreitet. Der Unterschichten-Mann ist also eine Gefahr für das Land, für die Machtverhältnisse, für die ökonomische Sicherheit und für ein freies Leben. Aus diesem Grund werden mehr Schwarze oder Hispanics als Weiße in den Todestrakt gesteckt, aus diesem Grund sitzen mehr Männer als Frauen dort ein. Ein Rechtssystem, in dem die Fähigkeiten des Anwalts mehr Bedeutung haben, als eine Rechtspraxis, die abstrakte Rechtsnormen kennt, welche auf den jeweiligen einzelnen Fall anzuwenden wären, tut das Übrige - wer kein Geld hat, dem setzt man einen lausigen Anwalt vor, der einen geradewegs zur Todesstrafe hinüberleitet.
Die Todesstrafe soll einschüchtern - sie ist kein juristisches Mittel, sondern immer politische Botschaft. Sie belegt, dass die Machtverhältnisse feststehen, nicht verrückbar sind. Sie soll nicht strafen, sie soll die Verhältnisse straffen und kenntlich machen. Und sie wird von Machtpolitikern, seien sie iranisch, seien sie US-amerikanisch, als politisches Fortbewegungs- oder Machterhaltungsmittel benutzt. Die Kaste, die hinter ihnen steht und die die amtierenden Machtverhältnisse schätzt, weil sie deren Nutznießer ist, erkennt die Todesstrafe als eine Möglichkeit an, die denen, die gesellschaftlich an den Rand gedrängt sind, die Botschaft zu übermitteln, dass sie es ist, die bestimmt. Höhere Hinrichtungszahlen, die ein Regime duldet oder verursacht, sind daher für die Eliten ein gutes Zeichen, die Bestätigung, dass sich hartes Durchgreifen lohnt und dass sie auf der Seite der Gewinner stehen.
Todesstrafe ist die Konsequenz daraus, am falschen Ende der Gesellschaft zu stehen
Die Zahlen variieren. Im Iran wurden mehr Menschen hingerichtet als in den USA - das ist schon wahr. Gleichwohl nehmen sich die Vereinigten Staaten aber auch den Anspruch heraus, ein Rechtsstaat sein zu wollen. Dass aber das iranische Regime quasi einzigartig Hinrichtungen zur Einschüchterung und zum Erhalt der eigenen Machtbasis forciert, das ist nur unter westlichem Lektorat aus dem ai-Bericht deutbar. Das ist nicht einzigartig oder unterstreicht die besondere Perversion der iranischen Regierung - es ist gleichsam das ureigenste Wesen der Todesstrafe. Überall wo es sie gibt, ist sie nicht einfach nur die Konsequenz aus einem Verbrechen oder dem, was gesellschaftlich als Verbrechen definiert ist - sie ist die Konsequenz daraus, am falschen Ende der Gesellschaft zu stehen, aus einer Gesellschaftsschicht zu kommen, die keine Lobby hat. Hier sind es unzufriedene junge Menschen, die aufbegehren - dort sind es unzufriedene junge Menschen, die keine Perspektive mehr haben.
Iranische Zustände in den USA der Neunzigerjahre
Die Todesstrafe ist nicht einfach eine Strafe, die in einem Gesetzeskodex, sei er weltlich konstruiert, sei er göttlich inspiriert, festgeschrieben wird. Sie ist es nicht nur nicht, weil die Strafe unumkehrbar und nicht wiedergutmachbar ist - sie ist es ebenfalls, weil sie von den Eliten als Herrschaftsinstrument gebraucht wird. Diese weisen die Justiz an, störende Elemente endgültig aus der Gesellschaft zu tilgen. Die Todesstrafe schärft einmal den Eindruck, dass man sich als Gesellschaft keine Mildherzigkeiten leistet und weder Härte und Erbarmungslosigkeit scheut, um das gesellschaftliche Zusammenleben sicherer, besser oder lebenswerter zu machen. Und sie wird verwendet, um sich missliebiger Schichten oder Gruppen zu entledigen, auch um die eigenen Pfründe zu sichern.
Eine solche Klientel- und Machtpolitik, die sich der regen Ausweitung der Hinrichtungspraxis hingab, erlebten die Vereinigten Staaten in der Dekade von 1990 bis 1999. Je nach Lesart der Statistik könnte man gar ableiten, dass sich die Zahl der Hinrichtungen damals gar versiebenfacht hat. Präsident war damals ein Demokrat - und die Republikaner, die den nächsten US-Präsidenten stellen wollten, mussten Bedingungslosigkeit zeigen, keine verweichlichte, sondern eine harte Hand bieten, die auch keine Scheu davor hat, Todesurteile zu unterschreiben. In jenen Jahren galt es als besonders dem Gemeinwesen zugetan, gegen das Verbrechen, das die traditionellen amerikanischen Werte beflecke, mit drakonischen Rechtsmitteln zu antworten. Lebenslange Haft für drei kriminelle Handlungen, egal welcher Qualität - das war ein Auswuchs dieses Denkens; der ungehemmte Rückgriff auf die Todesstrafe ein anderer. Wer keine Skrupel kannte, der galt als Mann, mit dem die Nation rechnen könne.
Besonders ein Gouverneur tat sich da hervor: George W. Bush. Der Schlächter von Texas wehrte sich gegen die Vorwürfe, er würde durch die Erhöhung der Todesstrafenrate, durch Forcierung der Taktzahlen der Tötungsmaschinerie, seiner eigenen politischen Karriere Flügel verleihen. Nein, er war da ganz uneigennützig und berief eine Ethik-Kommission, die über Gnadengesuche entscheiden sollte - sie flüsterte ihm sodann ins Ohr, wie er befinden sollte, als letzte Instanz und als Herr über Leben und Tod, während der Todeskandidat seiner letzten Stunden harrte. Rechtsanwälte gaben jedoch konsterniert zu Protokoll, dass sich die Kommission so gut wie nie die Mühe machte, die Fälle wirklich zu prüfen.
Todesstrafe ist immer Einschüchterung und Machterhalt
Die politische Kaste der Vereinigten Staaten, besonders die der Republikaner, entstammt einem Milieu, dass sich vor den Unterschichten fürchtet. Arbeitslose Schwarze gefährden demnach das Wohl der Nation, kriminelle Hispanics marodieren in den Straßen und belästigen WASP-Mädchen (White Anglo-Saxon Protestants). Besonders in den Neunzigerjahren, da die Republikaner Interesse daran hatten, die Demokraten als verweichlichte Humanisten zu diffamieren, die insgeheim das Moratorium von 1967 bis 1976 zurückhaben wollten, war diese Denkweise weit verbreitet. Der Unterschichten-Mann ist also eine Gefahr für das Land, für die Machtverhältnisse, für die ökonomische Sicherheit und für ein freies Leben. Aus diesem Grund werden mehr Schwarze oder Hispanics als Weiße in den Todestrakt gesteckt, aus diesem Grund sitzen mehr Männer als Frauen dort ein. Ein Rechtssystem, in dem die Fähigkeiten des Anwalts mehr Bedeutung haben, als eine Rechtspraxis, die abstrakte Rechtsnormen kennt, welche auf den jeweiligen einzelnen Fall anzuwenden wären, tut das Übrige - wer kein Geld hat, dem setzt man einen lausigen Anwalt vor, der einen geradewegs zur Todesstrafe hinüberleitet.
Die Todesstrafe soll einschüchtern - sie ist kein juristisches Mittel, sondern immer politische Botschaft. Sie belegt, dass die Machtverhältnisse feststehen, nicht verrückbar sind. Sie soll nicht strafen, sie soll die Verhältnisse straffen und kenntlich machen. Und sie wird von Machtpolitikern, seien sie iranisch, seien sie US-amerikanisch, als politisches Fortbewegungs- oder Machterhaltungsmittel benutzt. Die Kaste, die hinter ihnen steht und die die amtierenden Machtverhältnisse schätzt, weil sie deren Nutznießer ist, erkennt die Todesstrafe als eine Möglichkeit an, die denen, die gesellschaftlich an den Rand gedrängt sind, die Botschaft zu übermitteln, dass sie es ist, die bestimmt. Höhere Hinrichtungszahlen, die ein Regime duldet oder verursacht, sind daher für die Eliten ein gutes Zeichen, die Bestätigung, dass sich hartes Durchgreifen lohnt und dass sie auf der Seite der Gewinner stehen.
Todesstrafe ist die Konsequenz daraus, am falschen Ende der Gesellschaft zu stehen
Die Zahlen variieren. Im Iran wurden mehr Menschen hingerichtet als in den USA - das ist schon wahr. Gleichwohl nehmen sich die Vereinigten Staaten aber auch den Anspruch heraus, ein Rechtsstaat sein zu wollen. Dass aber das iranische Regime quasi einzigartig Hinrichtungen zur Einschüchterung und zum Erhalt der eigenen Machtbasis forciert, das ist nur unter westlichem Lektorat aus dem ai-Bericht deutbar. Das ist nicht einzigartig oder unterstreicht die besondere Perversion der iranischen Regierung - es ist gleichsam das ureigenste Wesen der Todesstrafe. Überall wo es sie gibt, ist sie nicht einfach nur die Konsequenz aus einem Verbrechen oder dem, was gesellschaftlich als Verbrechen definiert ist - sie ist die Konsequenz daraus, am falschen Ende der Gesellschaft zu stehen, aus einer Gesellschaftsschicht zu kommen, die keine Lobby hat. Hier sind es unzufriedene junge Menschen, die aufbegehren - dort sind es unzufriedene junge Menschen, die keine Perspektive mehr haben.