Giselle Bündchen ist der bekannteste Modelexport eines Landes, das mit großen Unterschieden zwischen reich und arm, zwischen Stadt- und Urwaldbevölkerung zu kämpfen hat. Beobachtet man den Rohstoffhunger dieses Schwellenlandes und den Raubbau an der Natur würde man glauben, das Land hätte andere Probleme als einem oberflächlichem Ideal hinterher zu hecheln.
Doch weit gefehlt, in Brasilien ist der Schlankheitswahn soweit gediehen, dass offenbar bereits Teenager, die mit der körperlichen Entwicklung noch längst nicht fertig sind, Schlankheitsmedikamente schlucken als wären es harmlose Süßigkeiten.
Sie gehören, will man diesem beunruhigenden Artikel glauben, zu jeder Diät dazu und Diäten sind der normale Ernährungs (oder besser gesagt Nicht-Ernährungs-)alltag.
Nicht einmal die beunruhigenden Untersuchungen von Todesfällen und Herz-Kreislauferkrankungen, die mit dem Wirkstoff Sibutramin in Verbindung gebracht wurden und der Umstand, dass das Medikament weder in den USA noch in der EU zugelassen wurde, kann die schlankheitssüchtigen Brasilianerinnen abschrecken.
Ein Armutszeugnis sondergleichen ist die im oben erwähnten Artikel genannte Aussage von Cintia Cercato, ihres Zeichens Chefin von Abeso, der wichtigsten Adipositas Organisation in Brasilien. Wie bei den meisten derartigen Organisationen ist diese auch nicht dazu ins Leben gerufen worden, die Lebensqualität dicker und sehr dicker Menschen zu verbessern, sondern sie zu einer Änderunge des Lebenswandels zu bewegen (was bedeutet, dass diese Ärztin der Meinung ist, dass alle dicken Menschen faul und esssüchtig sind, wären sie es nicht, müssten sie ja nichts an ihrem Lebenswandel ändern), sie als zweites (weil das erste selten auf Dauer funktioniert, wie denn auch, wenn man die vielen unterschiedlichen Ursachen von Übergewicht betrachtet) treibt es die Patienten zwangsweise genau dorthin) mit Medikamenten wie Sibutramin zu versorgen und sie drittens (weil das zweite ja auch nur fünf Prozent Gewichtsverlust maximal im allerbesten Fall bewirkt hat) auf den OP Tisch zu locken. Wundert es da noch, dass Brasilien das Land mit der zweithöchsten Dichte an Schönheitsoperationen ist? Als Diätmittelkonzern und Adipositaschirurg verdient man sich dort sicher eine goldene Nase.
Immerhin hatten die Brasilianischen Behörden wenigstens 2011 den Versuch gestartet, Sibutramin so schwer zugänglich zu machen, dass nicht jeder diätleidende Teenager und jedes hungernde Model sie sich aus der nächsten Apotheke holen kann. Das hat aber dazu geführt, dass das Medikament aus dem Internet bestellt wird und dadurch sind die Gefahren, die von ihm ausgehen nicht kleiner geworden. Vor allem wenn es auch noch billig sein soll, ist das Risiko gewachsen, an Fälschungen (die mitunter noch schädlicher sein können als das Original) zu geraten.
Sicher ist, die Hersteller werden um den Markt in Brasilien kämpfen, denn dort werden die Hälfe der weltweit produzierten Pillen mit Sibutramin geschluckt.
Ich bin gespannt, wer am Ende den Streit gewinnt.