“Short Term 12″ von Destin Daniel Cretton

Jayden (Jayden (Kaitlyn Dever, links) und Grace (Brie Larson) verbinden Erfahrungen und Interessen, wodurch die beiden Frauen eine Verbindung zueinander finden.

Jayden (Jayden (Kaitlyn Dever, links) und Grace (Brie Larson, rechts) verbinden Erfahrungen und Interessen, wodurch die beiden Frauen eine Verbindung zueinander finden.

Mit Short Term 12 hat Regisseur und Drehbuchautor Destin Daniel Cretton seine Erfahrungen verarbeitet, die er in einer Einrichtung für schwer erziehbare Jugendliche gemacht hat. Bereits in 2009 drehte er den gleichnamigen Kurzfilm, in dem sich zahlreiche Episoden wiederfinden, die es nun auch in Langspielfilm-Form gibt. Ins Zentrum seiner Erzählung stellt er Grace, dargestellt von Brie Larson, die eine die Kehle zuschnürende Wohltat von Schauspiel hinlegt. Sie zeigt diese Grace so stark im Umgang mit den Kids, aber auch so schwach im Umgang mit sich selbst.

Zu Beginn werden wir durch Darsteller Rami Maleks Nate in den Film geholt, der als Neuling bei Short Term 12 – so der Name der Einrichtung – anfängt. Er darf sogleich dabei zusehen, wie ein kleiner Junge versucht auszureisen. Das scheint hier an der Tagesordnung zu sein. Es gibt die, die hier raus wollen, weil die Einrichtung einem Gefängnis gleicht. Es gibt aber auch die, die hier bleiben möchte, weil sie von den Betreuern die Zuneigung und das Verständnis erhalten, dass sie bei ihren Eltern schon lange nicht mehr genießen können.

Die täglichen Gruppensitzungen bei Short Term 12

Die täglichen Gruppensitzungen bei Short Term 12

Nate bekommt von Grace die Regeln dargelegt. Er soll nicht den Vater für irgendjemanden spielen, er ist auch nicht der Therapeut der Kids. Er soll nur für ein sicheres Umfeld sorgen. Die meisten Jugendlichen seien ohnehin nur für ein Jahr hier – jedenfalls besagen das die Regeln. Das viele von ihnen drei Jahre und mehr hier verweilen, zeigt wie viel Interesse die Welt dort draußen noch an diesen Jugendlichen hat. Die Betreuer von Short Term 12 sehen sich als Begleiter dieser Jugendlichen, sozusagen Schutzengel, die auf einer Ebene mit den Kids kommunizieren, zugleich aber autoritärer Stärke beweisen müssen.

Diese Jugendlichen werden natürlich alles versuchen um ihre Grenzen auszutesten. Der nächste Ratschlag von Grace ist, dass Nate erst ein Arschloch sein muss, um später als Kumpel durchgehen zu können. Nate schafft es weder zum Arschloch, noch zum Kumpel. Er bleibt im Verlauf des Films blass. Es scheint so, als würde er sich hier nie so richtig einleben. Der Film interessiert sich viel zu wenig für Nate, als dass wir uns durch seinen Status des Neuen mit ihm identifizieren könnten, obgleich er so etwas wie unseren Blick auf die Dinge, den unwissenden Blick, darzustellen versucht.

Grace wiederum bekommt ihre ganz eigenen Dämonen vorgesetzt. Die junge Teenagerin Jayden (Kaitlyn Dever) hält ihr einen Spiegel vor. Von hier an muss Grace an so vielen Fronten in ihrem Leben kämpfen, dass man sich manchmal bei der Frage ertappt, wann man selbst wohl aufgegeben hätte, diese Strapazen zu ertragen. Aber Grace bleibt stark, zieht ihr Leben durch und Brie Larson ist großartig dabei, all diese Facetten zu zeigen.

Jayden (Kaitlyn Dever, rechts) mit Mason (John Gallagher Jr., links)

Jayden (Kaitlyn Dever, rechts) mit Mason (John Gallagher Jr., links)

Es sind oftmals lustige Geschichten, deren Enden jedoch so traurig sind, dass man sie lieber vergisst. Das wird schon eingangs deutlich, wenn Co-Mitarbeiter und Graces Freund Mason (John Gallagher Jr.) von einer Begegnung mit einem der Jugendlichen erzählt, die für ihn höchst peinlich endete. Die Geschichte ist der Renner, wird sich bei Short Term 12 immer und immer wieder erzählt. Aber das eigentliche Ende des Jungen in dieser Geschichte wird ausgespart. Es ist schlichtweg viel zu tragisch, als dass es zur Anekdote taugen würde. So geht es hier oftmals zu. Es sind Geschichten über die man lächeln kann, Entwicklungen die Hoffnung versprechen, dann aber immer in ihrer Dramatik ansteigen und eskalieren und in trauriges Bekümmern umschlagen.

Eigentlich geht es bei Short Term 12 nur darum, für die Menschen da zu sein, für die sonst niemand da ist. Es geht darum, Liebe zu verteilen unter denen, die keine Liebe in ihrem Leben erfahren haben und auch keine Aussicht darauf haben. Das gilt sowohl für die Teenager, die hier eine Unterkunft finden – ob nun gewollt oder gezwungen – als auch für die Mitarbeiter. Es ist eine große Kommune von großen und kleinen Brüdern und Schwestern. Eine Familie der Verstoßenen mit einer Brie Larson im Mittelpunkt, die dieses Sozialdrama so großartig verkauft, dass es Schade ist, dass Short Term 12 nicht größere Aufmerksamkeit genießen durfte, als die Direktveröffentlichung auf DVD und Blu-ray.

Der Film ist eben auch einer dieser Verstoßenen, für den wir da sein sollten, dem wir die Liebe schenken müssen, die wir ansonsten am nächsten Kommerzprodukt Hollywoods verschwenden würden.

Sharelines

Brie Larsson zeigt in Short Term 12 eine Wohltat von Schauspiel. Stark im Umgang mit den Kids, schwach im Umgang mit sich selbst. Bei Short Term 12 geht es darum, für die Menschen da zu sein, für die sonst niemand da ist.

Short Term 12
101 Minuten, freigegeben ab 12 Jahren, Heimmedienstart: 26. September 2014
im Netz: Offizielle US-Homepage zum Film
alle Bilder © Edel:Motion Film

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