Nach dem Erfolg der ersten drei Folgen wurden weitere Sherlock-Episoden für nächstes Jahr bestellt, wir dürfen das hier also nun als Staffel 1 bezeichnen.
Regisseur: Paul McGuigan, Euros Lyn
Drehbuch: Steven Moffat, Mark Gatiss, Stephen Thompson
Darsteller: Benedict Cumberbatch, Martin Freeman, Rupert Graves, Mark Gatiss, Una Stubbs, Zoe Telford
Format: 3 x 90 min
Erscheinungsjahr: 2010
STORY
Dr John Watson (Martin Freeman), Militärarzt und gerade wegen einer Schussverletzung aus Afghanistan zurückgekehrt, zieht zusammen mit Sherlock Holmes (Benedict Cumberbatch) in eine Wohnung – dem einzigen beratenden Detektiv der Welt. Zusammen lösen sie Fälle, mit denen die Polizei überfordert ist – und die alle in eine Richtung deuten: Moriarty.
REVIEW
Sherlock Holmes in die aktuelle Gegenwart verlegen ist nichts Neues, das hatten wir auch schon bei den Rathbone/Bruce-Filmen – aber noch nie wurde das so gekonnt gemacht wie hier in Sherlock. Ich war durchaus skeptisch, inwiefern Holmes in der heutigen Zeit von umfassender Forensikund ausgefeilteren Methoden funktioniert, aber Moffat und Gatiss lösen all diese Probleme bestens -
Sehr schön ist auch, dass man nicht einfach die Charaktere genommen und sie in völlig neue, moderne Geschichten gesetzt hat, sondern dass Moffat und Gatiss hier quasi den ganzen Canon modernisieren: die Fälle sind nach Vorlagen von Conan Doyle modelliert (am deutlichsten bei A Study in Pink), und die ganze Serie ist durchzogen von Anspielungen auf diverse Fälle oder Ereignisse aus den Originalgeschichten (die höchste Anspielungsdichte hat hier wohl The Great Game).
Was Sherlock auch über andere Serien stellt, ist der von Paul McGuigan etablierte Regiestil. McGuigan ist eigentlich Kinoregisseur, und so hat einen sehr filmischen Look, der der Serie Klasse verleiht. Dazu kommen innovative visuelle Spielereien, die dabei helfen, Sherlocks einzigartige Gedankengänge zu verbildlichen und verhindern, dass bei dem häufigenGebrauch von SMS die Aufnahme von Handybildschirmen repetitiv werden – also bekommen wir Texteinblendungen, blitzschnelle Collagen oder dazwischengeschnittene Close-ups.
Dass die Staffel nur drei Episoden hat, erscheint erst einmal sehr wenig, aber dafür haben die ja auch Spielfilmlänge und sind durchgehend qualitativ hochwertig: A Study in Pink zeigt uns das Treffen und erste Abenteuer von Sherlock und John in flottem Tempo und mit viel Witz, The Blind Banker fällt dagegen ein bisschen ab, bleibt aber höchst unterhaltsam und The Great Game liefert schließlich ein episches Finale, bei dem man kaum zum Luftholen kommt.
Natürlich lebt die Serie aber auch vom Zusammenspiel der beiden Hauptcharaktere, letztlich ist ja doch jede Holmes-Adaption nur so gut wie ihr Holmes/Watson-Team. Und das passt hier auch bestens: Benedict Cumberbatch gibt einen wunderbaren Sherlock; brillant, kalt und charismatisch, aber ziemlich hilflos in zwischenmenschlichen Fragen, während Martin Freeman einen äußerst sympathischen und liebenswerten John spielt, der aber auch keineswegs unschuldig ist -
Auch der Rest der Cast überzeugt: Rupert Graves ist ein wunderbarer DI Lestrade, der weiß, was er an Sherlock hat, aber sich trotzdem nicht von ihm unterbuttern lässt, Una Stubbs spielt eine herzige Mrs Hudson und Zoe Telford gibt als Sarah eine sympathische Freundin für John ab. Daneben muss ich noch Mark Gatiss erwähnen, den ich in Sherlock einfach liebe, und dessen Interpretation seiner Rolle jetzt meine Lieblingsversion dieses Charakters ist2.
Gut, das ist langsam genug geschmachtet – ich hab noch viele Dinge nicht erwähnt, aber ich glaube, es wurde deutlich, dass ich diese Serie liebe und jedem nur dringlichst empfehlen kann. Man fragt sich unwillkürlich, wo Gatiss und vor allem Moffat diese Brillanz versteckt hatten, als sie für die fünfte Staffel Doctor Who geschrieben haben – aber solange sie weiter so wunderbare Sherlock-Folgen schreiben, bin ich glücklich.
- Zumindest geht das mir so – bei Leuten, die besser im Krimihandlungen-Aufschlüsseln sind als ich und sich weniger in Handlungen verlieren, mag das anders sein. Ich dagegen guck A Study in Pink, hab erst kurz davor A Study in Scarlett wieder gelesen und mir geht trotzdem erst am Schluss ein Licht auf – Ah, ja, natürlich, wie sollte es anders sein.
- ich bin mal aus Spoilergründen absichtlich kryptisch
- Da vergibt man auch, dass es im Pilotfilm irgendwie stimmiger ist, wie Sherlock auf den Mörder kommt