Shearwater: Geteilte Freude

Shearwater: Geteilte FreudeShearwater
“Fellow Travelers”

(Sup Pop)
Auf die Idee, dass der Titel des Albums dem Vokabular Leo Trotzkis entlehnt sein könnte, kommen wahrscheinlich nur sehr pflichtbewusste Politologiestudenten, dass Jonathan Meiburg, Sänger der texanischen Indiekapelle Shearwater, einer von diesen  ist, darf trotzdem bezweifelt werden. Ihm hat wohl einfach ein Zitat des russischen Revoluzzers gefallen welches da lautet: “A protest against reality, either conscious or unconscious, active or passive, optimistic or pessimistic, always forms part of a really creative peace of work”. So zumindest begründet er die Heransgehensweise an diese Platte, die nach den gängigen Maßstäben ja beileibe nicht die gängige ist. Shearwater luden sich all jene liebgewonnenen Freunde und Reisegefährten ins Studio, mit denen sie im Laufe der Jahre die Bühnenbretter teilten – Xiu Xiu, Clinic, Smog, Coldplay, The Baptist Generals und Sharon Van Etten, sie alle sollten an diesem Coveralbum mitwirken. Einzige Bedingung: Ihre eigenen Song waren für sie selbst tabu.
Und so kam es, dass die Noisepioniere von Clinic “Fucked Up Life” von den Baptist Generals durch ihre Synths und Sequencer schickten und reichlich Spannung draufgaben, die Generals im Gegenzug “Tomorrow” der Liverpooler mal kräftig rocken lassen durften. Jenn Wasner von Wye Oak wiederum schnappte sich Lou Barlows Interpretation des Folk-Implosion-Hits “Natural One” und steuerte ein paar Vocals bei, David Thomas Broughton, von dem der Song “Ambiguity” stammt, lieferte für die Neubearbeitung von Jamie Stewarts “I Luv The Valley – OH!!” per Datenleitung ein paar Vogelstimmen und Hintergrundgeräusche koreanischer Straßenarbeiter (!). Ein interessantes Amalgam also aus verschiedenen Stilen, Präferenzen und Interpretationen, denen einzig der Wille zugrunde liegt, etwas anderes, neues zu schaffen.
Dass dies nicht immer gelingt, darf man der Band und dem Konzept wohl nachsehen, Shearwater sind als klassische Indierockband auch dem Pathos, der großen Geste verhaftet und so wird ein Coldplay-Song wie “Hurts Like Heaven” am Ende auch ohne Chris Martin wie ein Coldplay-Song klingen. Auch das wunderbare “Cheerleader” von St. Vincent gerät in der Neubearbeitung etwas zu konventionell – da hat das reduzierte Duett mit Sharon Van Etten (“A Wake For The Minotaur”) schon deutlich mehr Charme. Trotzdem bleibt die Idee hinter dem Album eine lohnenswerte, dass aus der ursprünglich geplanten EP dann doch ein ausgewachsener Longplayer wurde, ist also kein Nachteil. Und alle diejenigen, die mit den Songs so gar nichts anzufangen wissen tröstet vielleicht die abschließende Nachricht von Meiburg, dass sich Shearwater zur selben Stunde schon wieder in Klausur an einem weiteren, nun wieder ureigenen Werk mühen. http://shearwatermusic.com/


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