Ein spießiges, britisches Ehepaar (Nigel und Fiona) begegnet auf einer Kreuzfahrt einem anderen Ehepaar (Mimi und Oscar). Mimi ist atemberaubend schön und ihr Mann Oscar sitzt im Rollstuhl und scheint verbittert. Nun ist irgendwas an diesem Ehepaar, das Nigel und Fiona fesselt. Fiona schöpft aus der sinnlichen Ausstrahlung Mimis Inspiration für eine persönliche Wandlung, während Nigel mehr als an nur Mimis Ausstrahlung interessiert ist. Das merkt natürlich der Ehemann Oscar und sieht in Nigel seine letzte Möglichkeit, ihre Geschichte zu erzählen. Es ist die Geschichte seiner gescheiterten Existenz und der Liebe zwischen ihm und Mimi, die sich zu einer sadomasochistischen Beziehung entwickelt, bis beide ernsthaft verletzt werden, physisch und psychisch.
In Rückblenden wird die Geschichte von Mimi und Oscar dargestellt, während sich das Geschehen zwischen Nigel und Fiona und zwischen den beiden Ehepaaren auf dem klaustrophobischen Schiff abspielt. Vor allem die beiden Frauen-Geschichten und -Entwicklungen sind interessant, wo sie doch am Ende über ihre versagenden Männer zu triumphierend scheinen und sich verbünden (bis zum überraschenden Ende, aber ich versuch mal diesmal nicht zu spoilern).
FIONA [KRISTIN SCOTT THOMAS]: Hugh Grant an seiner Seite zu haben, lässt einen ja schon unvermeidlich spießig aussehen, aber Kostümbildnerin Jackie Budin verpasste Kristin Scott Thomas auch noch einen ziemlich frigiden Stil, mit Halstuch und beigem Cardigan, einem knöchellangen kamelfarbenen Mantel und einem zurechtgestutzten Bob. Aber durch Scott Thomas’ schauspielerische Künste kann man erahnen, dass dieser Look für Fiona, die nunmal mit so einem britischen Langweiler mit Stock im Arsch verheiratet ist, nur eine Art der Anpassung, vielleicht Gewohnheit ihrer wohlsituierten Herkunft ist. Denn wenn sie die rassige Mimi trifft, fällt sie kein abfälliges Urteil, sondern scheint vielmehr fasziniert von ihrer Weiblichkeit, die bei ihr selbst so zurückzutreten scheint. Und so schlüpft sie für die Silvester-Party auf dem Schiff in einen Dior’schen New Look und beweist damit ihrem Mann, dass erstens mehr in ihr steckt und zweitens, dass es für ihn nun nicht mehr zu haben ist, nachdem der schlimme Finger sich an Mimi ranmachen wollte. Leider viel zu wenige Szenen mit Kristin Scott Thomas!
MIMI [EMMANUELLE SEIGNER]: Regisseur Roman Polanski besetzte die Hauptrolle mit seiner frisch angetrauten Emmanuelle Seigner, die, zumindest zu der Zeit, schauspielerisch noch Fremdschämen verursacht hat. Doch die Sinnlichkeit der Französin konnte sie perfekt verkörpern. Ihre Rolle lässt sich in drei Phasen aufteilen. In der ersten Phase lernt sie Oscar in Paris kennen, sie ist noch ganz unschuldig und er völlig von ihr hingerissen, doch bahnt sich bei den beiden schon eine Vorliebe für Sadomaso-Spielchen an, die die beiden immer öfter ausleben, während ihre Beziehung zunehmend erkaltet. In der zweiten Phase, Oscar gelingt als Schriftsteller einfach kein Erfolg, wird Mimi zunehmend von Oscar gedemütigt, der seinen Frust über sein Versagen an ihr auslässt. Sie bekommt fürchterliche Komplexe und versucht alles, um Oscar weiterhin an sich zu binden, bis er sie schließlich alleine in den Urlaub schickt und sie vorerst nicht zurückkommt. Einige Jahre später wird Oscar durch einen Unfall querschnittgelähmt und erhält im Krankenhaus Besuch von Mimi, die offenbar als ein neuer Mensch zurückgekehrt ist. Sie verspricht, sich um Oscar zu kümmern und es wird schnell klar, dass sie sich bei ihm für die demütigende Zeit, die er ihr angetan hat, rächen will. In dieser dritten Phase ist sie nicht nur böse, sondern auch ziemlich sexy.
Phase 1: Ein bisschen girly, ein bisschen jugendhaft-rebellisch. Mimi trägt zu Beginn noch luftige Sommerkleider, bunte Tops und genietete Lederjacken.
Mimis Aufzug für ihre erotischen Spielchen:
Phase 2 oder “Kiss the cook” (warum in Filmen weibliche Rollen, die in eine verzweifelte Lage geraten, sich auch immer die Haare so abschneiden, dass sie zum hässlichen Entlein werden!?):
Phase 3: Mimi trägt wieder ihre volle Haarpracht. Symbolhaft für ihr neu gewonnenes Selbstbewusstsein sind wohl die vielen Kostüme, die sie ab hier im Film trägt. Als Kind in den 90ern war die Kombination Dauerwelle-Kostüm-Strumpfhose-Pumps übrigens eine meiner liebsten, dieses Bild fand sich damals in jedem Katalog, meistens mit einer Aktentasche und ich wollte nichts sehnlicher werden, als eine selbstbewusste Businessfrau mit Brooke-Shields-Haarpracht, nur um diesen Look tragen zu können. Aber zurück zu Mimi. Ja ihr Look ist erwachsen geworden und interessant auch die Wahl ihres Brautkleides (der Hut!). Die Spuren, die ihre Beziehung zu Oscar hinterlassen hat, kann sie aber offenbar auch optisch nicht ganz entfernen. So bleiben Lack und Leder weiterhin in ihrem Kleiderschrank und in einer Szene sehen wir Mimi in einem engen Lackleder-Minikleid. Dazwischen gibt es aber auch ganz bodenständige Outfits. Schließlich kann sie sich nicht jeden Tag perfekt aufstylen, schon gar nicht, wenn sie einen querschnittgelähmten Ehemann hat, an dem sie tagtäglich Rache ausüben will. Doch gerade für die Öffentlichkeit, vor allem Parties, holt Mimi alles raus und zürnt damit auch die Eifersucht ihres Mannes, den sie daheim lässt.
Die schönsten Aufmachungen trägt Mimi zu den Veranstaltungen auf dem Schiff. Das rote Minikleid, das mit seinem hochgeschlossenen Kragen und der Cord-Optik spießig wirken sollte, sieht aber durch die intensive Farbe, die Länge und Mimis restlicher Aufmachung extrem verführerisch aus. Und das Highlight bildet das enge, blaue Samtkleid mit den Diva-Handschuhen und den Femme-Fatale-Locken. Wie so oft war ein Kleidungsstück eines der wenigen Dinge, an die ich mich bei einem Film noch erinnern konnte und so hatte ich auch bei BITTER MOON fast nur noch dieses blaue Kleid im Auge, wenn ich versuchte, mich an die Handlung zu erinnern. Jetzt, beim zweiten und aufmerksameren Gucken vergess ich den Film natürlich nicht mehr so leicht, aber das Kleid hat dennoch einen einprägsamen Charakter.