... shame on me!

Über Scham, über Beschämung, über Schande . darüber wird derzeit viel gesprochen. Es sind Floskeln, die häufig vorkommen in diesem Deutschland, das um eine »Alternative« ringt, aber sich offenbar vermehrt für eine weitere Alternativlosigkeit (nach der merkelschen) entscheidet. Facebook verkommt zu Shamebook, in dem viel zu viele darlegen, dass sie sich für dieses Land und einige der darin enthaltenen Figuren schämen. Wegen Clausnitz. Pegida. AfD. Seehofer. Und Petryhöckegaulandstorch. Wegen des Rechtsruckes halt. Wegen Polizei, die Flüchtlinge aus Bussen zerrt. Dieses vorauseilende Schamgefühl ist Quatsch. Welche Verantwortung zwingt uns denn dazu, den Stolz zur Schau getragenen Antihumanismus zu entschuldigen und uns dafür zu schämen? Wir Anständigen können doch nichts für die Unanständigen!

Sich für irgendwas oder jemanden zu schämen, das setzt Verbundenheit voraus. Ein Wir-Gefühl. Eine Zugehörigkeit. Es gibt mittlerweile zwar den Begriff des »Fremdschämens«, eine Wortschöpfung, die es vielleicht erst seit Casting-Shows und Dschungelcamps gibt, der daher erst seit sieben Jahren als Begriff im Duden festgesetzt ist. Aber das Fremdschämen beschreibt nicht das Unwohlsein, die Peinlichkeit und die Wut, die beim »Sich-für-jemanden-schämen« eigentlich eintreten. Fremdschämen ist in erster Linie ein Amüsement aufgrund anderer, ist der wohlige Zustand dessen, nicht ganz so blöd zu sein wie jener, der sich gerade zu Idioten macht. In diesem Kontext geht es nicht um das Wir, nicht um eine irgendwie geartete Verbindung zu dem, für den man sich eben fremdschämt. Da bin ich und dort der andere, der mit mir nichts zu tun hat, der mich aber für einen kurzen Augenblick berührt, tangiert, sich zu meiner Freude herabwürdigt und mich so emporsteigen lässt. Die klassische Beschämung hingegen baut auf Verbindung und »Bekanntschaft«. Wir müssen uns mit denen, für die wir uns schämen, auf die eine oder andere Weise eins fühlen, identifizieren. Als Gemeinschaft sehen, in dem jeder von uns als Mitglied fungiert.
An dieser Stelle beginnt das Problem. Denn eine Verbundenheit mit denen, die jetzt lautstark dem Rechtsruck frönen, kann ich für mich (und sicher viele andere auch) zum Beispiel gar nicht feststellen. Seit Jahren plärren sie gegen Ausländer, Schwule, Linke und Arbeitslose. Seit Jahren rückt auch das, was wir die gesellschaftliche Mitte nannten, immer weiter nach rechts. In dieser Gesellschaft fühle ich mich seit Jahren nicht mehr wohl. Und seit endlosen Jahren gibt es für mich die da drüben und mich hier, gibt es die Rechten und die Vernünftigen (die nicht mal links sein müssen, sondern einfach nur bei Verstand), die populistisch aufgewiegelten Stumpfsinnsbürger und die Aufgeklärten. Die Bildzeitungsleser und die Leute mit Karte der Stadtbücherei. Welche Begründung hätte ich also, mich für Leute zu entschuldigen, mich ihrer zu schämen, wo ich doch schon so lange keine Verbindung mehr zu ihnen verspüre?

Clausnitz beschämt uns also derzeit. Vor einiger Zeit hieß Clausnitz noch Heidenau. Wir schämen uns vor der internationalen Gemeinschaft für Dörfer. Für sächsische Dörfer, die uns vor einiger Zeit noch böhmische waren. Für sächsische Dörfer, die jetzt neuerdings ja auch hessisch zu sein scheinen. Wer kennt Zwingenberg, Hüttenfeld oder Hänlein? Dörfer von der Bergstraße, die mit über 18 Prozent AfD wählten? Wer kennt Lindenfels oder Ober-Klein-Gumpen im Odenwald? Über 14 Prozent dort. Wir schämen uns für die provinzielle Ansichten einiger Menschen, die uns quasi immer fremd waren, die wahrscheinlich stets mehr oder weniger gegen Randgruppen plärrten. Wie hätte man sich je mit solchen Gesellen identifizieren können, als dass wir nun verantwortungsvoll sagen könnten: »Gott, ich schäme mich ja so!«
In moralische Sippenhaftung für die da drüben und die da unten will ich nicht genommen werden. Das hatten wir schon mal. Fool me once, shame on you. Fool me twice, shame on me, sagen die Amerikaner. Sollten wir erneut für die Unarten und Untaten solcher Leute Beschämungen zeigen, dann shame on me. Erneut zu sagen, dass man sich schäme für das, was geschehen sei, ist eine Farce. Geschichte wiederholt sich nur als solche. Die sollten sich schämen. Nicht wir anderen. Aber die schämen sich ja nicht, das geht ihnen völlig ab.
Wir müssen uns nicht schämen. Nicht für uns, nicht für die. Fremdschämen geht auch nicht, denn das klappt nur, wenn ein anderer etwas Dummes macht. Das tut aber keiner von denen. Sie machen etwas Kriminelles. Zwischen dumm und kriminell ist dann doch noch ein Unterschied. Schämen ist Quatsch. Wir sollten diese Leute, wann immer sie uns namentlich habhaft werden, direkt den Behörden melden, dem Staatsanwälten Meldung machen, gerne auch den Justizapparat überlasten. Wer hetzt und aufwiegelt, für den schämt man sich nicht. Den versucht man justiziabel zu machen. Strafanzeigen stellt man hier.
Scham bringt keinen vor Gericht. Und diese Art von Scham von Deutschen wegen anderer Deutscher hat ja auch was seltsam Nationalistisches. Was Nationalfamiliäres. Und das ist heute, in Zeiten, da es solche Reinheiten weniger denn je gibt, überhaupt kein Ansatzpunkt mehr. Die Scham ist etwas, was man in der Unterhose stecken hat. Ansonsten ist sie nur ein dummer Spruch. Schämst du dich noch oder zeigst du schon an?

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