In Frankreich sind Sexion d’Assaut mittlerweile schon angesagter als David Guetta und Daft Punk. Mit ihrem Mega-Hit Désolé hat das HipHop-Kollektiv aus Paris im letzten Jahr gezeigt, dass es auf dem besten Weg ist auch international auf ganzer Linie durchzustarten. Erste Station auf ihrer großen „Paris va bien“ Tour durch Deutschland machten Sexion d’Assaut in der Halle02 in Heidelberg.
Paris und Rap haben ein emotional vorbelastetes Verhältnis. In den Banlieus, wo viele Bewohner einen Migrationshintergrund haben, entwickelte sich der Sprechgesang in den späten 80er Jahren zu einem bedeutenden Sprachrohr, durch das Missstände angeklagt werden konnten. Dass der Einfluss und die Reichweite der Rapmusik nicht zu unterschätzen sind zeigte sich spätestens 2005, als die Regierung während der Pariser Vorortkrawalle Textzensuren für bestimmte Rapper forderte. Auch wenn die Rapper von Sexion d’Assaut – deren Urformation 25 Mitglieder angehörten – zwar alle aus den nördlichen Arrondissements von Paris stammen, sorgten auch sie schon für Aufregung. Neben ihrem aus geschichtlicher Sicht „unvorteilhaft“ gewählten Bandnamen – Section d’Assaut ist die französische Übersetzung von Sturmabteilung – wurden sie besonders wegen ihrer anfänglich explizit homophoben Texten kritisiert. Die Wogen sind jedoch mittlerweile geglättet und Sexion d’Assaut sind in Frankreich so beliebt, dass sie ganze Arenen füllen. Auch ihre zweieinhalb Millionen Facebook-Fans zeugen von einer breiten Anhängerschaft. Umso erstaunlicher gestaltete sich da der Tourauftakt von „Paris va bien“ in der Heidelberger Halle02: mit geschätzten 200 Zuschauern waren die Kapazitäten bei weitem nicht ausgeschöpft.
Eröffnet wurde der Abend von dem jungen Rapper Telly Tellz aus Hamburg. Mit seinem unverständlich genuschelten Reimfluss und bassgewaltigem Straßenrap gelang es Tellz lediglich eine Minderheit des Publikums zu überzeugen. Für ein ganz anderes Bild sorgten anschließend die acht Franzosen von Sexion d’Assaut. Trotz der überschaubaren Kulisse waren sie bestens aufgelegt und starteten mit T’es bete ou quoi? eine energiegeladene Show. Relativ schnell kristallisierte sich heraus, dass Maitre Gims die zentrale Figur innerhalb der französischen Truppe ist. Neben Beatbox-Einlagen und seinem begnadetem Gesangstalent versteht es der in Kinshasa geborene MC seine Reime in Hochgeschwindigkeit fließen zu lassen.
Im fliegenden Wechsel tauschten Lefa, L.I.O. Petrodollars, Doumams, Maska, Black Mesrimes, Barack Adama und JR O Chrome ihre Plätze auf der Bühne und traten je nach Song in unterschiedlichen Konstellationen auf. Während das deutsche Publikum mit ungeahnter Textsicherheit glänzte, überraschte DJ HCue bei einem kleinen Zwischenspiel mit Deutschrap von Kool Savas, Bushido und Olli Banjo. Wahrscheinlich ist es dem jungen Durchschnittsalter der Sexion – gerade einmal 25 Jahre – geschuldet, dass die einzelnen Mitglieder mit unglaublicher Ausdauer und einer extrem bewegungsreichen Performance auf ganzer Strecke überzeugten. Mit ihren stimmungsvollen Titeln wechselten Maitre Gims und seine Crew problemlos von ernst (Changement d’ambiance) auf Partymodus (Wati by night). Wie schon zu erwarten war, erreichte der Auftritt seinen Höhepunkt mit dem Mega-Hit Désolé, der bei Live-Atmosphäre gleich in doppelter Intensität erstrahlte.
Am Ende ihrer langen Show ließ sich das französische Oktett sogar noch zu einer Zugabe hinreißen. Die Rapper von dem Independent Label Wati B traten dabei noch Mal ordentlich auf’s Gas. Speziell wenn die Combo komplett mit acht Mann auf der Bühne stand, wirkte es als wäre der französische Wu-Tang Clan zu Gast. Maska, der einzige hellhäutige Rapper der Gruppe und der mit riesigen Kopfhörern dekorierte Black Mesrimes nahmen zum letzten Stück ein Bad in der Menge und verabschiedeten sich mit Handschlag in den Backstage-Bereich. Ein gelungener Tour-Einstand und ein Auftritt der mehr Zuschauer verdient gehabt hätte. À bientôt, Sexion!
Andreas Margara (16. September 2011)