Es handelte sich hierbei um einen Beitrag über die Sexualität von Behinderten aus den 90er Jahren. Und ich habe in meiner Jugend sehr viel Fernsehen gesehen, was ich allerdings nicht mehr in Erinnerung hatte, dass die Welt damals so verschwommen und verpixelt war. Kannten wir solche Wörter damals überhaupt schon? Es hatte wirklich oder besser gesagt unwirklich was von einem Van Gogh Gemälde, was man sich von der Nähe aus ansieht. Jeder Pinselstrich für sich und gemeinsam ergaben sie ein Bild. So primitiv der Bildaufbau, so primitiv auch der Inhalt. Behinderte im Beitrag kaum zu sehen. Wozu denn auch noch Betroffene befragen, wenn man doch Expertenmeinungen einholen kann? Da wurde zum Beispiel ein Psychologe in einem Heim interviewt, der meinte, vor allem im Sommer würde man merken können, dass es Kuschelecken innerhalb des Gebäudes oder auch auf dem Gelände geben würde. Gefragt, ob er dies nicht als menschenunwürdig empfindet, dass sich die Sexualität dieser Menschen im Verborgenen abspielt, so war er sich keines Fehlers im System bewusst. Als müsste all dies so sein, wie es ist. Was dann dazu geführt hat, dass es mir aufgestoßen ist, war das durchaus positive Beispiel aus den Niederlanden, so eine Art Sexualassistenz. Darauf werde ich jetzt nicht näher eingehen, das wäre ein eigener Beitrag wert und ich habe zur Zeit zu hohen Blutdruck, ein ander Mal. Obwohl ich schon ganz gerne wüsste, ob der eine spastisch gelähmte Mann, der in die Beratung ging und sich über seinen zu kleinen Penis beklagte, mithilfe der Pumpe eine größere Größe erlangen konnte.
Die Behinderten als Art asexuelle Wesen und dennoch nicht asexuell genug, um die Geschlechter nicht getrennt halten zu müssen. Was liegt, nachdem man solch einen Beitrag gesehen hat, näher als einen Beitrag zum Thema Behinderung und Sexualität von heute zu suchen? Und ja, spätestens jetzt konnte ich erahnen, dass das wohl ein Thema bleiben wird, was nie ausgeht. Ich hätte gerne in diesem Moment zwei Monitore gehabt, um parallel gucken zu können. Das krasse Gegenteil, kamen darin überhaupt noch Experten vor, ich weiß es nicht mehr, wenn überhaupt, dann Experten in eigener Sache. Einer, der einen Verein gegründet hat, der sich dafür einsetzt, dass Behinderte auch zu Prostituierten gehen können. Als Zuschauer ging ich sogar mit ihm in seinen Stammpuff. Wenn sonst immer Männer in einer Reportage in einen Puff gehen, dann ist es eine Schmuddel-Doku auf RTLII, die auf einen wirkt wie ein Autounfall, dass man weder hin- noch wegsehen kann. Wenn ein behinderter Mann in einen Puff geht, ist es seriöster Journalismus.
Ich hoffe trotzdem nicht, dass das Normalität ist. Genau so wie es von mir auch keine Nacktfotos gibt, das wiederum war eine andere große Initiative, die vorgestellt wurde. Erotische Fotos von behinderten Frauen, warum nicht? Nichtsdestotrotz gibt es auch nicht von allen anderen Frauen Nacktfotos. Also wird hier die Normalität dargestellt? Ob eine Frau, die im Lifter hängt ohne jegliche Körperspannung erotisch ist, na ja. Ich möchte jetzt nicht alle Fotos schlecht reden, manche waren wirklich wirklich sehr gut. Ich hätte es nur besser gefunden, wenn die Idee der Erotik von behinderten Frau eingebettet gewesen wäre in die Erotik aller Frauen, verschiedener Herkunft, verschiedener Jahrgänge wie auch immer. Das ist also immer noch was besonderes und solange es immer was besonderes bleibt, wird es nie normal werden.
Ob alle ihren Fetisch ausleben wollen oder prinzipiell haben? Einige schon, bestimmt. Ich bin einfach mal so verrückt und behaupte, dass es so viele Charaktere, Leidenschaften, Neigungen und was auch sonst die Menschlichkeit auszeichnet bei Behinderten genauso oft gibt wie bei allen anderen auch. Unterm Strich ist der Behinderte ein Mensch, nicht mehr und nicht weniger. Und seine Behinderung ist halt nur ein weiteres Merkmal.
(Foto: pixelio.de/ Jörg Brinckheger)