Zwölf lange Wochen hat es nun doch gedauert, bis die ganze grausame Wahrheit herauskommen durfte. Im New Yorker steht es aber jetzt, ausgebreitet auf hunderttausend Zeichen: "Getting Bin Laden - What happened that night in Abbottabad", hat Nicholas Schmidle seine Geschichte genannt, die konsequenterweise schon zum Dreimonatsjubiläum der Ergreifung am 1. August erscheint, aber auf den 8.8. datiert wurde.
Ein langes Werk ist es geworden, das nicht mit Details spart. Wie die Seals trainiert haben, wieso überhaupt Seals genommen wurden. Was der Präsident gesagt hat. Und was er dachte. Welche deutschen Waffen auch hier mitmordeten. Und wie der Effekt heißt, der einen der beiden beteiligten Black Hawk im Hof der Terrorpatenfestung abstürzen ließ.
Eine "Reportage" (New Yorker) wie aus dem "Spiegel"-Handbuch für Nannen-Preisträger. Die Eisenbahn ist da, aber er hat sie nicht gesehen - ähnlich also wie Bin Laden, der allen Erkenntnissen von Schmidle zufolge auch nach zehn Jahren auf der Flucht vor der Weltmacht Nummer 1 noch einen ausgezeichneten Schlaf hatte. Als die Hubschrauber kommen, hört er nichts. Natürlich, die Helikopter sind aus Tarnungsgründen unheimlich leise. Sogar als einer von ihnen direkt am Haus abstürzt, hört der Terrorfürst davon nichts. Obwohl Schmidle zugeben muss, dass die Nachbarn schon zusammengeströmt seien, in that night.
Triumph der Technik auch am Zaun. Weil der Black Hawk auf der falschen Seite des Mäuerchens um Bin Ladens Haus vom Himmel gefallen ist, muss ein Türchen mit C4 aufgesprengt werden. Benutzt wird offenbar eine geheime, in aller Stille wirkende Rezeptur. Zwar springt die Drahttür auf, Bin Laden aber schläft selig weiter.
Nur sein Bote ist noch unterwegs. Er läuft erst aus dem Haus heraus, dann weider rein. Er hat seine Waffe vergessen! Als er wiederkommt, erschießen ihn zwei GIs. Aber die Märchenstunde ist noch nicht vorüber. Jetzt wird das Haus gestürmt, nur die Treppe hoch geht es nicht. Eine Blechtür versperrt den Weg. Auch sie wird gesprengt. Zumindest einer von Bin Ladens Söhnen ist nun wach. Als er mit einer Kalaschnikow in der Hand das Treppenhaus herunterschaut, wird auch er ausgeschaltet. Eine Kalaschnikow gehabt haben muss er in Wirklichkeit aber nicht, da, schreibt Schmidle, widersprächen sich die Angaben.
Nächstes Stockwerk, nächstes Blechtür. Wieder C4. Drei Soldaten stürmen hinauf und wirklich, dort steht er, der taube Terrorfürst, versteckt hinter zwei Frauen, unbewaffnet, aber aufrecht. Ein GI wirfst sich nach vorn und trägt die beiden Damen beiseite, die offenbar klein und knufflig waren. Einer der beiden Männer hinter ihm macht dann kurzen Prozess: Ein Schuss in die Brust, ein Schuss übers Auge.
Dann ruft der Mann "Geronimo". Später treffen sich alle Beteiligten mit Barack Obama. Sie schenken ihm eine Flagge, die an Bord eines der Hubschrauber lag. Der Präsident fragt nicht, wer geschossen hat.
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