Was wäre wenn der zweite Weltkrieg anders ausgegangen wäre? Was wäre wenn Deutschland und Japan gesiegt hätte? Was wäre wenn die Alliierten verloren hätten? Was wäre wenn Amerika unter Deutschland und Japan aufgeteilt wäre? Wie würde die Welt dann aussehen?
Diesen und noch so vielen mehr Fragen geht die Serie „The Man in the High Castle“ nach, die auf dem gleichnamigen Buch von Philip K. Dick basiert. Es geht um ein alternatives Ende des zweiten Weltkrieges, in der der Schrecken, der 1945 ein Ende hatte, weiterging.
Inhalt
Wir sind im Jahre 1962. Die Vereinigten Staaten wurden unter den Siegermächten geteilt. Die Ostküste und weite Teile des Südens sind von Deutschland besetzt und werden als Großdeutsches Reich bezeichnet. Die Japaner besetzen den Westen, der ab diesem Zeitpunkt die Japanischen Pazifikstaaten genannt wird. Zwischen diesen Gebieten liegt die Neutrale Zone, eine Art „Wilder Westen“.
Adolf Hitler ist noch am Leben, doch man rechnet mit seinem baldigen Ableben. Die Nazis stecken bereits in Machtkämpfen, um die Nachfolge. Außerdem haben Teile des deutschen Reiches den Plan, den kalten Krieg mit Japan zu beenden und das gesamte Kaiserreich zu vernichten.
In den von Deutschland besetzten Gebieten tauchen immer wieder geheimnisvolle Filmrollen auf, welche einen völlig anderen Ausgang des Weltkrieges zeigt, in der Deutschland und Japan besiegt werden. Diese Filme stammen von dem Mann im hohen Schloss, der die Widerstandsgruppe mit ihnen versorgt.
So auch die Schwester der Protagonistin. Juliana Crane lebt in den japanischen Pazifikstaaten und hat sich sehr gut mit der Kultur arrangiert. Als ihre Schwester allerdings auf offener Straße erschossen wird, entschließt sie sich dazu den Film, der ihr das Leben gekostet hat, an seinen Bestimmungsort zu bringen.
Doch nicht nur Juliana macht sich mit einem Film in der Tasche auf den Weg in die Neutrale Zone, sondern auch Joe Blake, der für den Widerstand ebenfalls etwas ausliefern soll.
Angsteinflößend. Beklemmend. Geniale Atmosphäre. Eine Serie, die mir den Atem geraubt hat.
Das Szenario von „The Man In The High Castle“ ist ein wahrgewordener Albtraum. Mit harter Hand werden die beiden Teile Amerikas regiert. Es gibt Überwachung, Befragungen und ein Fehltritt wird dir kaum verziehen. Man kann sich nirgends sicher fühlen, nicht einmal im eigenen Haus. Wer nicht für das System ist, ist dagegen. Dazwischen gibt es nichts.
Diese Lektion muss Juliana Crane sehr schnell lernen und auch, dass ihre Schwester nicht die war, von der sie dachte, sie zu kennen. Trotzdem nimmt sie die Reise nach Canon City auf sich, um in der neutralen Zone den Kontaktmann von Trudy zu finden, der ihr den Film abnehmen wird. In dieser Stadt, die wie im wilden Westen aufgebaut ist, trifft sie auf Joe, der auch eine Auslieferung für den Widerstand hat.
Doch kann man ihm trauen? Einem jungen Mann, den sie zuvor noch nie gesehen hat? Schon hier spürt man die Spannung zwischen den beiden. Auch wenn Juliana ihren Freund Frank in San Francisco zurück gelassen hat, ist die Anziehungskraft, die Joe auf sie ausübt, nicht zu leugnen. Es hat mir sehr gut gefallen wie die Dynamik zwischen den Charakteren herausgearbeitet wurde. Wie sehr sie versucht haben sich zu vertrauen und gleichzeitig immer dieses Misstrauen im Hinterkopf behalten haben. Schon in der ersten Folge wird sehr deutlich, dass man niemanden vertrauen kann, egal, wie sehr man es gerne würde. Vor allem ganz am Ende, als ein erster kleiner Aufschrei in mir hoch gekommen ist, wurde mir dies mehr als deutlich bewusst.
Es gibt noch weitere Handlungsstränge, die sich um unterschiedliche Personen drehen. Ein Fokus liegt auf dem SS-Obergruppenführer John Smith, der sofort die Rolle des absoluten Bösewichts einnimmt. Er kämpft dafür den Widerstand völlig niederzuschmettern und geht dabei ohne jede Skrupel vor. Gleichzeitig wird er auch als liebender Vater gezeigt, was immer wieder verdeutlicht, dass jede Medaille zwei Seiten hat.
Doch nicht nur die Nazis bekommen einen Handlungsstrang, sondern auch die japanischen Pazifikstaaten. In San Francisco versucht der sehr traditonelle Handelsminister Tagomi händeringend die Regierung in Japan vor einem drohenden Krieg mit den Nazis zu warnen.
Die Serie ist unfassbar packend und den Serienschöpfern ist es mit bravour gelungen, mich in dieses Albtraum Szenario hineinzuversetzen. Ich konnte es beinahe körperlich fühlen, wie viel Angst und Machtlosigkeit die Charaktere an vielen Stellen verspürt haben. Wie sehr sie auf ihr Verhalten, jeden ihrer Schritte, bedacht sein mussten, wenn sie erst einmal im Visier der unterschiedlichen Geheimdienste waren. Es war ein Wechselbad der Gefühle zwischen Angst, Hass, Mut und Kraft zur Auflehnung. Was ich, als Geschichtsstudentin, besonders gelungen finde, ist der „geschichtliche“ Aspekt. Wie gut es den Serienschöpfern gelungen ist, diese grauenvolle Atmosphäre aufzufangen und Szenarien zu kreieren, die mich augenblicklich in Tränen haben ausbrechen lassen. Das Grauen, das im zweiten Weltkrieg geherrscht hat, ist in dieser Serie noch immer greifbar. Die Ausweglosigkeit, die einige Charaktere zu manchen Zeiten verspüren, konnte ich genau nachfühlen und es hat mir in diesen wenigen Folgen mehrmals das Herz geblutet.
Fazit
Ich hatte von Anfang bis Ende eine Gänsehaut in dieser ersten Staffel. Es hat mich beinahe um den Verstand gebracht nicht zu wissen wie es weiter geht, was noch passieren wird und wie weit all diese Menschen noch gehen werden. Diese Serie eröffnet Fragen, die nicht nur im Kontext des zweiten Weltkrieges gestellt werden können.. Was können Menschen sich gegenseitig antun? Und wie viel sind unterdrückte und machtlose Menschen bereit zu zahlen, um ihre Freiheit vor der Tyrannei eines Regimes zu erlangen? Wie viele Leben wird es kosten? Ich bin mehr als gespannt auf die zweite Staffel und freue mich sehr, dass sie bereits im Januar bei Amazon verfügbar sein wird. Eine absolute Empfehlung!