Der Monat September hat in Nicaragua eine ganz besondere Bedeutung, denn am 15.09.1821 wurde Nicaragua unabhängig. Unabhängig von der damals herrschenden spanischen Kolonialmacht. Allerdings traten daraufhin innerhalb Nicaraguas einige politische Spannungen auf, hauptsächlich zwischen den liberalen und den konservativen Parteien. 1855 wurde der US-amerikanische Militärmann Wiliam Walker, von der liberalen Partei Nicaraguas zur Hilfe gerufen und intervenierte daraufhin mit Hilfe seiner 57 Söldner in diesem Konflikt. 1856 übernahm Walker dann die Macht, erklärte sich selbst zum Präsidenten Nicaraguas und wurde als neues Staatsoberhaupt auch von den USA anerkannt. Walker versuchte infolge dessen, genauso die anderen Mittelamerikanischenstaaten zu erobern und sie den USA einzuverleiben. Daraufhin schlossen sich schließlich, die bis dahin uneinigen Parteien Nicaraguas zusammen und bekämpften zusammen mit weiteren mittelamerikanischen Truppen, die amerikanischen Söldner. Am 14.09.1865 fand die Entscheidungsschlacht „La Batalla de San Jacinto“, nördlich von Managua statt. Nicaragua war den Gegnern deutlich unterlegen, da sie keine guten Waffen besaßen. Überraschenderweise gewannen sie die Schlacht aber doch und heute spricht man von zwei historischen Momenten. Als die Nicaraguaner in die Defensive gedrängt wurden, kamen ihre Pferde frei und errschreckten durch das laute Getrampel die Söldner, die eine feindlich Kavallerie erwarteten und sich deswegen zurück zogen. Noch berühmter ist das historische Ereignis des Andrés Castro. Seine Waffe ging im Kampf kaputt, aber durch seinen berühmten Steinwurf tötete er einige der Söldner. Es gibt heute sehr viele Statuen von ihm, hier in Nicaragua.
Seit Wochen wird nun in den Schulen Nicaraguas, auf diese besonderen Feiertage hingearbeitet. Jeden Morgen gibt es auch in meiner Schule eine besondere Versammlung. Alle Schüler müssen sich in geordneten Reihen auf dem kleinen Schulhof aufstellen und dann hält eine Lehrerin einen etwa dreißig minütigen Vortrag. Und zwar über Themen wie die Verfassung, die Revolution, die Nationalsymbole Nicaraguas und so weiter. So soll es zumindestens in der Theorie aussehen.
Wenn die Klingel aber morgens, wie immer manuell, um mehr oder weniger 7.30 geläutet wird, sind noch längst nicht alle Kinder da. Dafür kommen gerne einige Eltern, Großeltern oder kleine Geschwisterkinder mit. Es herrscht viel Trubel und dem Vortrag wird in der Regel nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Kinder werden immer wieder aufs Neue von den aufpassenden Lehrerinnen ermahnt. Sie werden aus der Reihe gezogen und ans andere Ende gestellt, während die Lehrerinnen selber miteinander tuscheln oder mal wieder irgendwo ein Handy hartnäckig vor sich hin klingelt. Manchmal verirrt sich ein abgemagerter Straßenhund auf das winzige Schulgelände, wild gestikulierend wird er durch das große Eisentor heraus gescheucht.
Ich kann es den kleinen Erstklässlern (und auch den anderen) nicht gerade übel nehmen, wenn sie sich unterhalten, anfangen herum zu springen oder sich lieber mit ihren mitgebrachten Spielzeugen beschäftigen. Ab und zu wirft die vortragende Lehrerin eine Frage in den Raum, worauf viele Kinder verschiedene Wörter, wie aus der Pistole geschossen, zurück brüllen. Allerdings werden dabei häufig Daniel Ortega (Nicaraguas Präsident), die Sadinisten oder die auch die ganze Regierung, mit Reuben Darío (dem berühmtesten Dichter Nicaraguas), oder gar dem eigenen Papa, bzw. Großvater verwechselt. Zum Schluss wird die Nationalhymne gesungen, „Salva ti Nicaragua!“. „Und es heißt nicht micolor, es heißt bicolor!“, prägt die Lehrerin den Kindern noch einmal ein, bevor sich alle zur Fahne drehen und mit dem Arm an der Brust die Nationalhymne singen. Sie singen laut, ein wenig schief, ich brauche ein bisschen um die richtige Melodie zu erkennen. Es ist herrlich zu sehen, wie sehr sie sich Mühe geben beim singen, und dann gibt es diese kleinen Augenblicke, in denen mich manche Kinder voller Stolz anlächeln und sich dann wieder ganz schnell zur Fahne drehen. Als letztes Lied ist immer das Alphabetisierungslied an der Reihe, welches vor allem durch Ortegas Kampagne heute an den Schulen Pflicht ist. Die Kinder reißen ihre kleinen Fäuste hoch und schreien laut “Faust hoch, Buch aufgeschlagen!”.
Auf Grund der Feiertage wurde in den letzten Wochen hart und ehrgeizig geübt, bei Hitze und bei Regen. Denn auf Grund des Unabhängigkeitstages finden hier in Nicaragua immer verschiedene Paraden statt. Die Schüler haben geübt zu maschieren, zu tanzen, mit Stöcken herumzuschwingen, zu trommeln und noch mehr zu trommeln. Sie spielen die Nationalhymne und dann Lieder wie “Waka Waka”. Im Unterricht versteht man zu diesen Zeiten sein eigenes Wort nicht mehr und eigentlich findet auch gar kein Unterricht statt, weil die Hälfte der Klasse vor sich hin maschiert und die anderen auf der Straße sitzen und zu gucken. Als dann auch noch die passenen Kostüme dazu kommen, sind alle begeistert und freuen sich sehr auf diesen Tag. Ich freue mich auch. Ich freue mich darauf mit ihnen gemeinsam durch die Straßen Matagalpas zu laufen, auch wenn ich von der lauten Marschmusik und den kleinen maschierenden Kindern (für richtiges Maschieren bekommt man hier sogar Noten) ein wenig genervt bin. Aber ich merke, wie viel es den Kindern, Lehrern, Eltern und eigentlich allen hier bedeuted und dadurch ein gewisses Gemeinschaftsgefühl und ja, auch so etwas wie National- und Schulstolz entsteht. Ich finde es gut, ihnen zu zeigen, dass ich mich dafür interessiere und mich der Schule zugehörig fühle.
Doch leider ist aus der ganzen Sache für mich nichts geworden. Denn kurz vorher wurde ich sehr krank und konnte mich vor hohem Fieber kaum noch bewegen. Ich habe an diesem Tag, am 14.09, noch sehr viel an meine Schule gedacht und war enttäuscht, dass ich nicht mit ihnen mitlaufen konnte. Am Abend rief mich Norma, die Direktorin der Schule an, um sich zu erkundigen wie es mir geht. Ich sagte, dass es mir besser gehe aber ich traurig sei, dass ich nicht mit laufen konnte. Da sagte sie, dass das wohl auch besser gewesen sei. Zuerst sind sie nämlich vor Hitze fast gestorben und dann im Regen fast ertrunken. Wie schade.
Am 15.09, am Unabhängigkeitstag hatte alles geschlossen, sogar die meisten Läden, obwohl sie auch sonntags immer auf haben. Und auch die ganze restliche Woche war frei, keine Schule.
Heute ist schon wieder keine Schule, denn heute wird die Patronin von Matagalpa gefeiert. Es wird auch für sie getrommelt, getanzt, gegessen, gelacht, Feuerwerke werden gezündet und irgendwie erinnert mich das alles ein wenig an Karneval, als ich und ein paar Freunde den Umzug durch die Straßen Matagalpas gebannt verfolgen.
Seit Wochen wird nun in den Schulen Nicaraguas, auf diese besonderen Feiertage hingearbeitet. Jeden Morgen gibt es auch in meiner Schule eine besondere Versammlung. Alle Schüler müssen sich in geordneten Reihen auf dem kleinen Schulhof aufstellen und dann hält eine Lehrerin einen etwa dreißig minütigen Vortrag. Und zwar über Themen wie die Verfassung, die Revolution, die Nationalsymbole Nicaraguas und so weiter. So soll es zumindestens in der Theorie aussehen.
Wenn die Klingel aber morgens, wie immer manuell, um mehr oder weniger 7.30 geläutet wird, sind noch längst nicht alle Kinder da. Dafür kommen gerne einige Eltern, Großeltern oder kleine Geschwisterkinder mit. Es herrscht viel Trubel und dem Vortrag wird in der Regel nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Kinder werden immer wieder aufs Neue von den aufpassenden Lehrerinnen ermahnt. Sie werden aus der Reihe gezogen und ans andere Ende gestellt, während die Lehrerinnen selber miteinander tuscheln oder mal wieder irgendwo ein Handy hartnäckig vor sich hin klingelt. Manchmal verirrt sich ein abgemagerter Straßenhund auf das winzige Schulgelände, wild gestikulierend wird er durch das große Eisentor heraus gescheucht.
Ich kann es den kleinen Erstklässlern (und auch den anderen) nicht gerade übel nehmen, wenn sie sich unterhalten, anfangen herum zu springen oder sich lieber mit ihren mitgebrachten Spielzeugen beschäftigen. Ab und zu wirft die vortragende Lehrerin eine Frage in den Raum, worauf viele Kinder verschiedene Wörter, wie aus der Pistole geschossen, zurück brüllen. Allerdings werden dabei häufig Daniel Ortega (Nicaraguas Präsident), die Sadinisten oder die auch die ganze Regierung, mit Reuben Darío (dem berühmtesten Dichter Nicaraguas), oder gar dem eigenen Papa, bzw. Großvater verwechselt. Zum Schluss wird die Nationalhymne gesungen, „Salva ti Nicaragua!“. „Und es heißt nicht micolor, es heißt bicolor!“, prägt die Lehrerin den Kindern noch einmal ein, bevor sich alle zur Fahne drehen und mit dem Arm an der Brust die Nationalhymne singen. Sie singen laut, ein wenig schief, ich brauche ein bisschen um die richtige Melodie zu erkennen. Es ist herrlich zu sehen, wie sehr sie sich Mühe geben beim singen, und dann gibt es diese kleinen Augenblicke, in denen mich manche Kinder voller Stolz anlächeln und sich dann wieder ganz schnell zur Fahne drehen. Als letztes Lied ist immer das Alphabetisierungslied an der Reihe, welches vor allem durch Ortegas Kampagne heute an den Schulen Pflicht ist. Die Kinder reißen ihre kleinen Fäuste hoch und schreien laut “Faust hoch, Buch aufgeschlagen!”.
Auf Grund der Feiertage wurde in den letzten Wochen hart und ehrgeizig geübt, bei Hitze und bei Regen. Denn auf Grund des Unabhängigkeitstages finden hier in Nicaragua immer verschiedene Paraden statt. Die Schüler haben geübt zu maschieren, zu tanzen, mit Stöcken herumzuschwingen, zu trommeln und noch mehr zu trommeln. Sie spielen die Nationalhymne und dann Lieder wie “Waka Waka”. Im Unterricht versteht man zu diesen Zeiten sein eigenes Wort nicht mehr und eigentlich findet auch gar kein Unterricht statt, weil die Hälfte der Klasse vor sich hin maschiert und die anderen auf der Straße sitzen und zu gucken. Als dann auch noch die passenen Kostüme dazu kommen, sind alle begeistert und freuen sich sehr auf diesen Tag. Ich freue mich auch. Ich freue mich darauf mit ihnen gemeinsam durch die Straßen Matagalpas zu laufen, auch wenn ich von der lauten Marschmusik und den kleinen maschierenden Kindern (für richtiges Maschieren bekommt man hier sogar Noten) ein wenig genervt bin. Aber ich merke, wie viel es den Kindern, Lehrern, Eltern und eigentlich allen hier bedeuted und dadurch ein gewisses Gemeinschaftsgefühl und ja, auch so etwas wie National- und Schulstolz entsteht. Ich finde es gut, ihnen zu zeigen, dass ich mich dafür interessiere und mich der Schule zugehörig fühle.
Doch leider ist aus der ganzen Sache für mich nichts geworden. Denn kurz vorher wurde ich sehr krank und konnte mich vor hohem Fieber kaum noch bewegen. Ich habe an diesem Tag, am 14.09, noch sehr viel an meine Schule gedacht und war enttäuscht, dass ich nicht mit ihnen mitlaufen konnte. Am Abend rief mich Norma, die Direktorin der Schule an, um sich zu erkundigen wie es mir geht. Ich sagte, dass es mir besser gehe aber ich traurig sei, dass ich nicht mit laufen konnte. Da sagte sie, dass das wohl auch besser gewesen sei. Zuerst sind sie nämlich vor Hitze fast gestorben und dann im Regen fast ertrunken. Wie schade.
Am 15.09, am Unabhängigkeitstag hatte alles geschlossen, sogar die meisten Läden, obwohl sie auch sonntags immer auf haben. Und auch die ganze restliche Woche war frei, keine Schule.
Heute ist schon wieder keine Schule, denn heute wird die Patronin von Matagalpa gefeiert. Es wird auch für sie getrommelt, getanzt, gegessen, gelacht, Feuerwerke werden gezündet und irgendwie erinnert mich das alles ein wenig an Karneval, als ich und ein paar Freunde den Umzug durch die Straßen Matagalpas gebannt verfolgen.