Aber es fragte ihn auch niemand danach. Die auf einfache Fressreize trainierten Qualitätsmedien legten bereitwillig noch mehr Latrinenpariolen nach. Von "Blutbädern im Reichstag" war im durch eigene Erfindungsgabe stets am besten informierten "Spiegel" zu lesen. Anderswo imaginierten Edelfedern nach einem langen Blick aus dem Bürofenster "Anschläge auf Weihnachtsmärkte". Das Morgenmagazin wurde zum "Mordenmagazin", die GEZ-Sender zum Hysteriechannel, Will, Illner und Beckmann fragten sich und ihre reiherum marodierenden Gäste tagelang, ob die vielen, vielen Toten noch irgendwie zu verhindern sein würden.
Zweieinhalb Monate später steht die Antwort: Ja, waren sie. Die Anschläge, "die für Ende November vorgesehen sein sollten" (de Maiziere) und nach Verstreichen der ersten Frist vom "Spiegel" auf "Februar, März" verlegt worden waren, sind irgendwie ausgefallen oder abgesagt worden. Damals habe eine "Verdichtung von Hinweisen" auf Anschläge gedeutet, erklärt der Innenminister nun, man habe umgehend mit der Gründung von "hochrangigen EU-Arbeitsgruppen" reagiert und die Hinweise als "ernstzunehmend" eingestuft.
Völlig zu recht, wie versichert. Die Gefährdungen seien "bis heute ausermittelt" worden, neue habe es - abgesehen von der eigenmächtigen Terminverschiebung im "Spiegel" - nicht mehr gegeben. Man könne so nun zu einer "allmählichen und lageangepassten Verringerung" der Sicherheitspräsenz der Polizei kommen, behalte sich aber vor "auf Gefährdungsspitzen zu reagieren". De Maiziere ist sich nicht sicher, ob seine Terrordrohung "einen Anschlag verhindert hat", oder ob der insgeheim vielleicht doch stattfand. "Eine gute Wirkung" hätten seine apokalyptischen Warnungen jedoch gehabt: Die Menschen hätten "ruhig und besonnen auf meine Warnhinweise reagiert", sagt der Innenminister, "hierauf können wir gemeinsam stolz sein".
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