7 Meeting Design Tipps für Workshops und Seminare // Foto: …neulich im Baby-Crash-Kurs!
Als werdender Vater sass ich neulich im Baby-Crash-Kurs. Was soll ich sagen, als Event-Konzeptioner habe ich mich schnell gelangweilt. Die von der Hebamme zu Beginn aufgebaute Erwartungshaltung auf ein kurzweiliges und spannendes Seminarwochenende hat sie leider so gar nicht erfüllt – das wurde schon nach kurzer Zeit klar. Stattdessen begann ich ihre Füllwörter in der Kategorie ‘ja’ und ‘brav’ zu zählen. An einem Vormittag kam ich dabei auf 356mal. Anstatt aber rumzumeckern möchte ich dieses Erlebnis zum Anlass nehmen, um konstruktive Überlegungen zum Bessermachen zu formulieren. Worauf sollte ich als Vortragender achten, wenn ich ein Seminar oder Workshop gestalte? Wie bringe ich die Inhalte rüber, so dass diese bei den Teilnehmern ankommen?
1. Auf den Einstieg und Schluß achten
Wie bei einem guten Vortrag zählt vor allem der Anfang und das Ende. Durch einen gelungenen Einstieg kannst du die Aufmerksamkeit deiner Zuhörer gewinnen und sie motivieren, sich auf deinen Vortrag einzulassen. Verpasst du diese Gelegenheit wirst du die Teilnehmer nur noch schwer überzeugen. Zum Abschluss bringst du deine Themen noch mal auf den Punkt. Das wird auch der Moment sein, der am präsentesten im Kopf hängen bleibt. Daher lohnt es sich sehr, den Einstieg und Schluss jeder Einheit intensiv vorzubereiten und zu üben.
Wie eine gute Dramaturgie gelingt schreibe ich hier: Baue eine Struktur (auch wenn’s keiner merkt)
2. Geschichte erzählen – keine Fakten um die Ohren hauen
Der Mensch will unterhalten werden, nicht nur lernen. Und: wir erinnern uns einfach besser an Geschichten als Fakten. Geschichten folgen einem Spannungsbogen, den es vom Anfang bis zum Ende zu gestalten gilt. Dieser kann aus Fragen bestehen, die man zu Beginn in den Raum stellt und am Ende zusammenfassend beantwortet. Er kann aber auch eine Anekdote sein, mit der man einsteigt und auf die man am Schluss wieder Bezug nimmt. Dies sorgt für eine inhaltliche Struktur sowie die Verknüpfung der Inhalte mit unterhaltsamen Momenten.
Hier mehr, wie dir Storytelling & die Heldenreise dabei helfen können!
3. Visualisieren, nicht überfrachten
Wie kann ich funktional und dennoch abwechslungsreich visualisieren? Dabei muss alles visuelle unterstützend wirken und darf nicht die Aufmerksamkeit von dem Präsentator wegziehen. Ich stelle mir für die Visualisierung folgende Fragen:
- Was will ich präsentieren? Warum ist er wichtig? — Inhalt
- Wie kann ich das am besten präsentieren? — Struktur
- Womit kann ich meine Inhalte am besten visualisieren? — Medieneinsatz
Ob ich dann letztlich eine PowerPoint Präsentation, ein einzelnes Anschauungsobjekt, Graphic Recording, ein Video, das gute Flipchart oder sogar bewußt oldschool die Overhead-Folien einbinde, ergibt sich aus dem Nutzen, den ich durch die Form gewinne. In jedem Fall versuche ich verschiedene Visualisierungen einzubauen, um mein Vortrag abwechslungsreich zu gestalten.
Ebenso achte ich auf eine gute Orientierung für den Seminarteilnehmer. Wie kann ich dem abgeschweiftem Zuhörer den Wiedereinstieg immer wieder einfach machen? Beispielsweise durch Kapitelnummerierung sowie einer verbalen Zusammenfassung und Überleitung bei jedem Themengebiet.
Die 5 Regeln der Präsentation geben weitere hervorragende Tipps zur Visualisierung!
4. Interaktion und Partizipation ermöglichen
Anstelle einer offene Fragen, die keiner aus Angst oder Scham beantworten will: Warum nicht eine präzise Frage vorbereiten, die jeder aus der Gruppe beantworten muss. So erhalte ich als Vortragender auch direktes Feedback, ob meine Themen verstanden wurden. Außerdem werden spätestens jetzt alle Seminarteilnehmer wach, weil sie selbst denken und Gedanken formulieren sollen. Ein weiterer Vorteil ist, dass schon frühzeitig Teilnehmer partizipieren können. Damit werden die Themen zu ihren eigenen gemacht – oder notfalls auch in Richtung der jeweiligen Interessenlage kurzfristig angepasst.
Menschen wollen sich mit Menschen austauschen, die die selben Interessen und Fragen haben. Diesem Bedürfnis sollte durch genügend Zeit nicht nur Raum geschaffen werden, sondern auch mit Blick auf eher introvertierte Teilnehmer aktiv gefördert werden. Warum also nicht ein Café-Meeting?Mit dieser Methode lernen sich die Teilnehmer zum einen kennen, reden aber auch über Themen, die vielleicht detaillierter besprochen oder in verschiedenen Gruppenkonstellationen getestet und diskutiert werden sollen.
— Café-Meeting Anleitung:
Verteile die zu besprechenden Themen auf 2-4 Tische (angepasst an die Teilnehmerzahl – es sollten nicht zu viele an einem Tisch sein). An jedem Tisch wird in kleinerer Runde ein Thema diskutiert. Zwischendurch wechseln die Personen von einem Tisch zu einem anderen. Es sollen sich jedoch immer wieder neue Gruppen zusammen finden. Die Zeit pro Tisch sollte mit 5-10min nicht zu kurz aber auch nicht zu lang gewählt sein.
5. Zeiten der Reflektion einbauen
Viel zu häufig kommen wir inspiriert, aber ohne konkrete Änderungsschritte von Kongressen oder Meetings nach Hause. Auf die Frage unserer Partner wie es denn war, wissen wir oft nur ein müdes: ‘och, es war eigentlich ganz gut’, zu antworten. Dabei wäre es so einfach direkt zum Ende einer Einheit einige Minuten für die persönliche Reflektion einzubauen. Was ist für mich relevant und wie sehen meine nächsten Schritte aus?
Dazu eine Anleitung (via EVEOSBLOG):
- Unterteile die Teilnehmer in Gruppen á 2-5 Personen. Jede Gruppe erhält Stifte und ein Blatt (alternativ ein Flip Chart) mit einer Tabelle darauf (siehe Grafik/Tabelle unten)
- In 10-20 Minuten soll jede Gruppe gemeinsam die Tabelle beantworten und ausfüllen (evtl. mit anderen Kategorien) und sich gegenseitig ermutigen das Seminar zu reflektieren.
- Zum Ende stellt jede Gruppe dem Rest der Teilnehmer kurz vor, was sie notiert haben.
Wer für den 7. und 8. Juli noch nichts vor hat – schaut unbedingt mal beim nächsten MICE Club vorbei, lohnt sich!
6. Überraschen mit Unerwartetem…
Nichts ist langweiliger als vorhersehbare Abläufe, die nichts Neues mit sich bringen. Wenn ich jetzt schon weiß, wie der Ablauf und die Inhalte sind, schalte ich ab. Natürlich hilft eine inhaltliche und räumliche Orientierung – die gehört zu den Grundbedürfnissen (wann gibt es wo Essen, wo sind die Toiletten etc.). Dennoch: baue etwas Unerwartetes ein!
Das könnten thematische Perspektivenwechsel sein oder ein Raumwechsel für die nächste Einheit. Ich denke an unkonventionelle und pragmatische Lösungen – nicht jeder Vortrag muss frontal und im sitzen geschehen. Warum nicht mit einem dieser BierBike in der Innenstadt radeln, zu Fuß mehrere Stationen in einer Stadt erlaufen oder einfach in Kleingruppen an Stehtischen im Foyer eine Einheit einlegen. Es geht darum bekannte Wege mal bewusst anders zu gestalten und damit die Teilnehmer neu für mein Thema zu öffnen.
Super Inspirationen dazu gab es beim MICE Club 2013 // Wie Meetings erfolgreicher gestaltet werden.
7. Authentisch du selbst sein und für offene Atmosphäre sorgen
Eine zentrale Aufgabe des Vortragenden ist es aus meiner Sicht, für eine offene Atmosphäre zu sorgen, in denen sich Teilnehmer öffnen und mitteilen können. Hierzu fällt mir sofort der holländische Moderator Mike van der Vijver ein. Er hat es bei oberhalb erwähntem MICE Club geschafft von Beginn an eine Atmosphäre der Offenheit herzustellen. Rein sprachlich hat der Holländer immer wieder nach den richtigen deutschen Wörtern gesucht und damit seine ‘Schwäche’ gezeigt.
Diese leichte Verletzlichkeit sorgt aber dafür, dass Zuhörer das Gefühl haben es ist OK zu scheitern. Mit diesem Grundgefühl wurde es möglich, dass Leute sich trauen konnten etwas zu sagen oder nachzufragen, wenn man Inhalte nicht verstanden hat – trotz der großen und unbekannten Gruppe. Zu weiteren Themen wie der Körpersprache gibt es viele Bücher und Seminare, das spare ich hier mal aus…
Fazit: 7 Meeting Design Tipps
Natürlich bieten diese Tipps nur eine Hilfestellung – kein Meister ist je vom Himmel gefallen… Doch sollten diese Gedanken helfen, Workshops und Seminare interessant und anders aufzubereiten. Bei allen Ratschlägen hoffe ich vor allem, dass die Botschaften beim Publikum Resonanz erzeugen und im Kopf bleiben. Dann lohnt sich der Aufwand auch – für den Vortragenden wie die Zuhörenden!
PS: Meine Tochter Charlotte April wurde übrigens letzten Samstag, den 26.4. geboren. Wir sind alle wohl auf und der Baby-Crash-Kurs hat sich trotz Langeweile gelohnt!
Was ist aus deiner Sicht für die Konzeption guter Workshops oder Seminare wichtig? Freue mich auf Kommentare unterhalb. Wer informiert bleiben will trägt sich in meinen Newsletter ein und like doch gleich mein Facebook Profil für regelmäßige Inspiration rund um die Live-Kommunikation. Super Bücher zu diesem Thema gibt es im Gabal Verlag. Weitere Linktipps:
7 Erwartungen: Was sich Besucher von einer Konferenz erhoffen (MICE Club)
Präsentieren: Wie Sie wirklich spannende Vorträge halten (Handelsblatt)
4 Methoden für gezielte Kreativität (Gründerszene) Tipps für eine effektive Vorbereitung und Durchführung eines Meetings (Uni Zürich)