In den Klausurphasen versuche ich meist krampfhaft, Lernen, Sozialleben, Sport und gesunde Ernährung unter einen Hut zu bringen. Damit das wirklich gelingt, muss ich in einigen Bereichen Abstriche machen. Oft reicht es zum Beispiel nur für ein kurzes HIIT-Workout statt einer langen Joggingrunde oder es gibt Vollkornpasta mit Tomatensauce statt eines aufwändigeren Gerichts. In diesen Phasen habe ich oft mit einem schlechten Gewissen zu kämpfen. Warum schaffe ich es nicht, in all meinen Lebensbereichen 100% zu geben? Wieso muss immer etwas leiden?
Mir persönlich fällt das schwer. Ich bin eine Perfektionistin und möchte immer und überall 150% geben. Aber wenn ich mich an diese Sätze erinnere, merke ich, dass ich ja eigentlich schon unglaublich viel tue. Um beim Beispiel von eben zu bleiben: Ein HIIT-Workout heißt, dass ich mich überhaupt bewege, nachdem ich den ganzen Tag vor dem Schreibtisch gesessen habe. Vollkornpasta mit selbstgekochter Tomatensauce enthält viel mehr Ballaststoffe, komplexe Kohlenhydrate, Vitamine und Mineralien als jedes Fertiggericht. Dass für mich mittlerweile in stressigen Phasen HIIT-Workouts und Tomaten-Pasta schlecht sind, zeigt nur, was für eine Verwandlung ich insgesamt gemacht habe, denn das heißt ja, dass ich in anderen Zeiten sehr viel mehr und Besseres leiste.
Wir sollten uns abgewöhnen, dass wir unsere eigenen Taten ständig bewerten. Das ist nicht ganz leicht, denn seit usnerer frühen Kindheit wurde unser Verhalten in "brav" und "nicht brav" eingeteilt. Spätestens seit der Schule glauben die meisten, dass ihr Wert als Person nur von der Bewertung anderer abhängt. Sich von Bewertungen zu lösen heißt nicht, dass wir keinen Fortschritt mehr haben. Aber es heißt, dass wir aufhören in Schubladen zu denken und stattdessen mehr auf Prozesse und Entwicklungen achten. Und die sind nun mal nicht gradlinig, sondern oft ziemlich krakelig, ehe sie am Ziel ankommen.
Bildquellen: (
quimby,
CC BY-NC-SA
) Visual Hunt