Selbstironie

Von Wellenklang

Es gibt Tage an denen meine technische Minderbegabung dafür sorgt, das mir zum Erhalt der guten Laune lediglich das Mittel der Selbstironie bleibt.
ich habe es nicht so sehr mit Technik. Also solange nicht, wie ich mich aus eigenem Antrieb damit beschäftigen muss. Bringt mir jemand Technik nahe, fesselt mich mit der der Kabelfummelei, dann kann ich mich auch gerne stundenlang damit beschäftigen.
Nur alleine, alleingelassen, verlassen, einsam ins Geschehen geschickt, quasi eiskalt in den Kaffee geschubst funktioniert das nicht.
Mein Schicksal wollte es nun aber so, dass ich gestern frisch zurück von 10 Tagen Nordsee, feinstem Sankt Peter Ording Sand, gegen den Wind zerzaustem Haupthaar und salzverkrusteter Haut, von Paul den Auftrag erhielt, Friedhelm Ford durch die Waschanlage im Dorf zu schieben.
Paul ist einen ganzen Monat nicht hier auf der Insel und es half kein Augenaufschlag und kein extra Schäferstündchen den Plan abzuwenden. “Der Ford in 10 Tagen der Nordseegewalt ausgesetzt verlangt eine umgehende Rundumreinigung.” so Pauls Anordnung.
“Und bitte Schatz saug nach der Wäsche auch den Friedhelm von innen aus. Da sind extra Staubsauger an der Tankstelle. Nimm nicht unseren, der feine Nordseesand macht uns den nur kaputt.”
Ich fragte ein letztes Mal an, ob die Grosswäsche vom Friedhelm nicht doch verschoben werden kann.
” Ach jetzt komm, das ist echt nicht schwer mit der Autowaschanlage. Und das Nordseesalz muss runter vom Friedhelm, der rostet Dir sonst schneller unter Deinem Hintern weg als Du schauen kannst. Du kaufst eine Karte mit dem entsprechenden Programm, dann fährst Du rein in die Waschanlage und alles andere erledigt sich von selbst.”
Ja gut dacht ich mir- Paul würd mir sagen, gäbe es einen Haken. Wird schon werden.
Wurde es nicht. Selbst Paul konnte sich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen was in Autowaschanlagen alles schief gehen kann. So haarsträubend schief das die Mechaniker von der Tanke im Dorf aktuell überlegen, wie sie das Video der Überwachungskamera am geschicktesten bei You Tube hochladen ohne das ich ihnen meinen Anwalt auf den Hals hetze.
Meine Strategie, das ich mit laszivem Augenaufschlag während des erwerbes der Waschkarte erwähne das ich da ein wenig minderbemittelt bin ging leider nicht auf.
” Wie funktioniert das denn? Ist nicht schwer oder?! Ich bin ja ein bisschen nervös. Früher hab ich meinen Wagen von meinem Vater waschen lassen und jetzt erledigt das normalerweise mein Mann. Der ist aber nicht da.”
Keine nennenswerte Unruhe beim Gegenüber an der Kasse. Er nuschelt durch den Zahnstocher, auf welchem er warum auch immer ständig rumkaut: ” Nö mien Deern das geht ganz einfach. Du bezoahlst hier bei mir, dann schiebste die Karte in den Automaten und dann geiht dat los.”
Ich hopse erleichtert davon nur um zwei Minuten später mit Friedhelm Ford vor der Waschanlage zu stehen und nix zu kapieren.
Die Karte schieb ich in den Automaten, das ist easy. Danach schau ich in die Waschstrasse.
Eine rote Lampe fordert mich fröhlich blinkend auf “VOR!” Blink aus, Blink an: “VOR”. Mhmmm ja gut- dann vor. Ich starte den Wagen. Aber muss ich auf den Schienen fahren dort? Oder in der Mitte?
Kein Pfeil der mir Anleitungsjunkie aufzeigt in welchem Radius ich das Auto bewegen darf. Es folgen diverse Versuche auf, neben und inmitten der Schienen. Zwischendrin scannen meine Blicke unruhig die Wände nach der Überwachungskamera ab. Ok. Scheint keine zu geben denk ich. Bisschen gefährlich vielleicht aber weniger peinlich für mich. Endlich ist die Waschmaschine zufrieden mit Friedhelms Position. ” STOP” blitzt es mich an.
“Gut” murmel ich in meinen Kragen. “Dann gehts jetzt los.”
Ich warte und warte und warte. Nach zwei Minuten sehe selbst ich ein, das die nächste Falle im reibungslosen Abspulen eines einfachen Autowaschprogrammes mit Unterbodenwäsche akkurat zugeschnappt hat. Ich meditiere mit den mannshohen Feudeln ob sie mich aussteigen lassen, ohne zu beschliessen das die übliche Waiting Period in dem Augenblick um ist, wenn ich gedenke, die Fahrertür zu öffnen. Sie schweigen mich an. Taub und lahm hängen die Wedel in der Maschine.
Ich steige aus und scanne die Halle. Keine Anleitung, kein zusätzlicher Knopf, keine Überwachungskamera. Ich entdecke nur einen Hinweis die Scheibenwischer mittels einer Plastikhülle zu schützen. Vorsichtig schleiche ich wieder zu Friedhelm Ford. Vielleicht startet das Programm doch von selbst. Es folgt erneut ein kurzes Interview mit den Waschfransen. Danach klettere ich hastig ins Auto zurück.
Wieder warte ich. Die Sekunden schleichen dahin. Kein Mucks seitens der Waschanlage. Es tropft nirgends Wasser. Kein Feudel schwingt. Ich mache was falsch- eindeutig.
Noch einmal aussteigen. Noch einmal fahre ich mit Friedhelm vor und zurück. Vielleicht doch die Schienen näher zu uns heranbitten? Irgendwas überseh ich doch. Irgendwas das das Programm anstösst, das ich aber nicht finde. Vor zurück und vor zurück. Ich werde wütend. Wütend auf mich, das ich das mit den Anlagen nie geübt hab und furchtbar wütend auf Paul und seine lapidare Aussage: ” Ach Schatz das kriegen selbst Blondinen auf die Reihe.”
“Kacke! Ich bin keine echte Blondine aber scheinbar echt blöd in der Birne.”
In meiner Verzweiflung schiebt sich ein grün blinkendes Lämpchen in mein Blickfeld. Tataaaa. Jetzt hab ich den Knopf. Erleichtert wird Friedhelm, inzwischen hundertprozent mittig, platziert. Ich entschwinde dem Wagen und drück das grün blitzende KnöpChen. Die Maschine mauzt und rülpst, rumpelt und trötet, prustet vergnügt.
Ich lehne erschöpft im Eingang. Um die Ecke kommt nun einer der Mitarbeiter gehetzt.
“Mann Sie! Sie hätten mir ja auch mal früher helfen können. Ich hab Ihnen doch gesagt, das ich damit nicht umgehen kann- so richtig. Jetzt hab ich das Programm endlich starten können. Sie sind zu spät. Das nächste Mal lösen sie sich einfach einen Moment eher vom Bespassungskanal ihrer Überwachungskamera- ja?!” Ich bin noch immer ein bisschen wütend, das merk ich an meiner Wortwahl. Den Typen scheints nicht zu interessieren. Noch immer auf dem Zahnstocher kauend springt er an mir vorbei in die Anlage, haut enthusiastisch auf den roten Knopf neben dem Startbutton und schnauzt zurück: ” Hier die hier…” erschraubt die Antenne ab… “Ich bin keine Sekunde zu spät mien Deern. Die hier, er hält mir die Antenne hin, sollten sie vielleicht entfernen, sonst lacht ihr Mann heute abend nicht über das You Tube Video, das wir wirklich hochladen sollten.”
Oh ich werd rot. Das ist peinlich! So dumm habe ich mich angestellt das das Video medientauglich erscheint. Ich, also ich, werd stumm senke den Blick und will einfach nur noch weg.
Noch nie erschienen mir 15 Minuten so lang, wie die gestrigen.
Den Staubsauger habe ich mir danach gespart- aber das beichte ich Paul erst später.
Fazit dieser Episode ist zumindest, das ich die Bedienungsweise einer Autowaschanlage nie wieder vergessen werde. Bestimmt nicht.
Da sVideo laden die Typen natürlich nicht hoch- also versucht erst gar nicht danach zu suchen.
Ich hab das bereits erledigt.
Einen kurzen Moment hab ich mir allerdings in wildesten Farben vorgestellt, wie grauenvoll es wäre wenn..