Lenken wir die Aufmerksamkeit als das, was in dem oben beschriebenen Szenario als nächstes geschieht.
Will der Körpertherapeut seinen Klienten darin unterstützen, den unter der Oberfläche zappelnden Fisch der unausgedrückten Trauer an die Oberfläche zu bringen, wird er versuchen, ein energetisches "Loch in das Eis zu schlagen". Im traditionellen reichianischen Sinne dürfte er bemüht sein, diejenigen Blockaden zu lösen, die verhindern, dass das Gefühl in die Wahrnehmung und die Emotion in den Ausdruck tritt. Auf diese Weise kann die energetische und emotionale Beweglichkeit wiederhergestellt werden. Wie erreicht er das?
Ein klassischer reichianischer Körpertherapeut wird die diagnostischen und charakteranalytischen Hintergründe kennen, welche die Trauer an der gefühlsmäßigen Wahrnehmung und am emotionalen Ausdruck behindern und das entsprechende körperliche Blockierungsmuster erkennen. Dabei gilt es, die Wahrnehmung auf die charakterlichen und körperlichen Mechanismen zu richten, die funktionell mit dieser Blockierung einhergehen.
Als nächstes wird der Körpertherapeut mithilfe einer Intervention, die meist die Gestalt einer Berührung haben dürfte, versuchen, diese Blockierungen zu lösen. Dadurch kann der Trauer als Gefühl und als Emotion zur Verlebendigung verholfen und in die Persönlichkeit des Klienten reintegriert werden.
Was geschieht nun in exakt jenem Augenblick, in dem der Körpertherapeut interveniert, d. h. seinen Klienten berührt? Was geht im Therapeuten vor?
Er wechselt die Bewusstseinsebene! Dies geschieht intuitiv, wie selbstverständlich, aber in jedem Fall handelt es sich um einen Wandel der Bewusstseinsebene. Er wechselt idealerweise von der kognitiven Ebene der diagnostischen Interpretation zur vollständigen bio-emotionalen Zuwendung.
Diese Zuwendung bildet eine wesentliche Voraussetzung derjenigen Qualität von Berührung, die den anderen Menschen erreicht und zu diesem Kontakt und Bindung herstellt. Zuwendung ist ein gleichzeitig körperlicher, energetischer und seelischer Vorgang.
„Ich wende mich einem anderen Lebewesen zu“ beschreibt, dass ich körperlich auf ein anderes Wesen meine Aufmerksamkeit richte. Ich richte die Vorderseite meines Körpers, mein Gesicht dem anderen Lebewesen zu. Diese Vorderseite meines Körpers repräsentiert nicht nur den Ort meiner energetischen Kontaktorgane (Augen, Hände, Mund, Genitalien), sondern auch gleichzeitig derjenigen Organe und Funktionen, die mein Gefühlsleben repräsentieren (Herz, Bauch).
Die energetische Dimension dieser Zuwendung impliziert eine gleichzeitige Mobilisierung der rezeptiven Wahrnehmungspotentiale und der sensitiven Kontaktfähigkeiten. Die energetischen Antennen sind ausgefahren für alle Aktionen und Reaktionen, die vom Klienten ausgehen, vergleichbar mit der Rezeptivität einer Mutter gegenüber ihrem Baby.
Die sensitiven Kontaktfähigkeiten ermöglichen eine hochsensible Wahrnehmungsöffnung für den anderen Menschen im Kontaktprozess. Die Präsenz in der Wahrnehmung, in der Berührung, in der Achtsamkeit bilden hier charakteristische Faktoren. In all dem zeigt sich die Fähigkeit des Therapeuten zur energetischen Präsenz im jeweiligen Augenblick, in dem die Präsenz der Sinne und des Herzens dominieren und die Welt der Gedanken und des Verstandes in den Hintergrund treten.
(Fortsetzung folgt)