SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (247): Das authentische und das künstliche Herz

SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (247): Das authentische und das künstliche Herz

foto: pixabay

Die kulturelle Realität sieht so aus: Die Welt, in der ein Kind geboren wird, wird diese Sehnsucht, dieses Herz beschämen, immer wieder und überall. Wird das So-sein des Kindes beschämen. Ein Kind wird lernen, sich der Stimme seines Herzens, seines So-seins, zu schämen. Bald empfindet es Scham darüber, ein wildes, ein sehnsüchtiges, ein nach Verbindung und Bindung strebendes Herz in sich zu fühlen.
Es lernt, dieses authentische Herz zu verbergen, vergraben, entwickelt ein gekünsteltes Herz (»Kunstherz«), um das echte Herz vor weiteren Verletzungen schützen. Die alte ist zu tief. Das beschämte Kind wird eine Persönlichkeitsstruktur entwickeln, die nur ein einziges Ziel hat: sein Herz zu schützen. Und so ein falsches, narzisstisches Selbst ausbilden, dem wir auf Schritt und Tritt begegnen.
Unsere ganze Kultur ist eine einzige gigantische »Supermaschine« des Narzissmus. Dort, wo das Herz erstickt wurde, bleibt nur Leere. Die »Supermaschine« ist ein grandioses Räderwerk, das einzig und allein dazu dient, die Leere nicht zu fühlen.
Die Menschen unserer Kultur sind fanatisch damit befasst, irgendetwas zu tun, mit irgendetwas beschäftigt zu sein, zu »machen«, aber nicht zu »sein«. Sie lechzen nach Spiegelung und Bewunderung durch andere, richten ihr Leben darauf aus. Spiegelung und Bewunderung durch andere repräsentieren jene kompatible Form von Liebe, zu der ein gepanzertes Herz, ein gekünsteltes Herz, in der Lage ist. Denn am liebsten lässt es lieben, ohne selbst Liebe zu schenken.
Die permanente »Action« lenkt ab von der Stille, in der die innere Leere aufscheinen könnte. Oder, soweit es noch atmet, das authentische Herz mit seiner peinlichen Sehnsucht nach Verbindung und Bindung. Gefühle des Herzens sind gefährlich, denn sie könnten Wahrheit zu Tage bringen.
Spätestens in Pubertät und Adoleszenz hat der Mensch gelernt, die Herzen anderer mitleidlos zu brechen. Es hilft dabei, all diesen Gefühlsdusel mithilfe des Ego-Verstands mundtot zu machen, ihn zu kontrollieren, den Schmerz des eigenen gebrochenen Herzens nicht zu fühlen.
Gepanzerte Herzen, Kunstherzen, Schamherzen reagieren wie Pawlowsche Hunde und reproduzieren sich ständig. Ja, so funktionieren Menschen. Beschämen sich, andere, und schützen ihr eigenes Herz zu Tode. Sie lieben herzlos, pornographisch. Ich meine dies nicht moralisch, sondern als Phänomen einer Spaltung zwischen Herz und Genitalien.
Das, was so von Kindesbeinen an beschämt wird, ist die authentische Stimme des Herzens. Hand auf’s Herz. Dort, wo sie »reinen Herzens« spricht. Sie wird belächelt, beschämt, gedemütigt, manipuliert, verachtet oder sogar gehasst. Denn der Erwachsene spricht meist losgelöst von der Stimme seines eigenen Herzens, vertraut nicht ihr, sondern seinem Verstand, hat sie tief in sich verschlossen und den Schlüssel fortgeworfen.
(Fortsetzung folgt)

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