SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (195): Das Scheitern des körpertherapeutischen Selbsthilfe-Modells

SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (195): Das Scheitern des körpertherapeutischen Selbsthilfe-Modells

Foto: vkd

Nach einiger Zeit wuchs die Einsicht, dass der bisher beschrittene Weg einer Selbsthilfe-Therapie nicht zum Ziel führte. Im Grunde handelte es sich zwar um eine politisch korrekte Idee, aber eben auch um eine realitätsferne Kopfgeburt. In der Praxis überwog bald das Beziehungschaos die befreienden Erfahrungen der Körperübungen. Übertragungsinhalte lösten auf der Peer-Ebene nur Verwirrungen aus, Rivalitäten und Machtspiele des Egos bremsten das körpertherapeutische Selbsthilfekonzept dramatisch aus. In Wechselwirkung mit der Regressionen auslösenden Körperarbeit passte bald nichts mehr zusammen.
Eine andere Vorgehensweise musste her. Als Initiator und wesentlicher Teil dieser Selbsthilfebewegung firmierte die Redaktionsgruppe der Wilhelm-Reich-Zeitschrift »emotion«. Hier diskutierten wir die Frage, ob es nicht angebracht sei, sich selbst die originalen Methoden Wilhelm Reichs anzueignen, indem man sich entsprechend ausbilden ließ. Die einzigen bekannten Ausbildungsinstitute existierten damals in den USA, doch das stellte keine Option dar. Wie ließ sich das Problem lösen?
Der Zufall kam zur Hilfe. Eine junge Frau, frisch in die Redaktion eingestiegen, erzählte, dass sie kürzlich mehrere Wochen in Kalifornien an der Lomi-School (* Die Lomi-School war in jenen Tagen neben Esalen das bekannteste Zentrum der »Human Potential-Bewegung« in den USA, das auf seine Fahnen geschrieben hatte, eine Brücke zwischen westlicher Humanistischer Psychologie und den östlichen spirituellen Traditionen zu schaffen.*) verbracht und dort einen beeindruckenden Reich-Therapeuten kennengelernt hätte. Dieser plane, nach Europa überzusiedeln. Sein Name: Michael Smith.
Mithilfe unserer Vernetzungen innerhalb der Reich-Szene entwarfen wir in den nächsten Wochen und Monaten das ungewöhnliche Modell, qualifizierte Lehrer nach Berlin zu holen, statt in der Welt nach dem geeigneten Ausbildungsweg zu suchen. Aus einem großen Teil der Redaktionsmitglieder bildete sich eine Arbeitsgruppe, die auf das Ziel hinarbeitete, eine Ausbildung in Reichianischer Körpertherapie in Berlin auf die Beine zu stellen. Andere Interessenten aus unserem Umfeld traten hinzu, so dass bald eine feste Gruppe von ca. 15 Leuten existierte, die nur noch einen Trainer benötigte. So luden wir verschiedene Kandidaten nach Berlin ein, die als Ausbilder für Reichianische Körpertherapie infrage kamen.
Neben dem bereits genannten Michael Smith diskutierte man noch zwei andere Kandidaten: David Boadella und Ian Ratcliffe. Wir beschlossen, sie alle zu Kennenlernworkshops einzuladen, um danach zu entscheiden, wem die Ehre gebührte, unseren erlauchten Kreis Reich-Intellektueller zu einem »richtigen« Reichianischen Körpertherapeuten auszubilden.
(Fortsetzung folgt)

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