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Wenn ein Transformationsprozess beginnt, besteht der Balanceakt darin, die idealisierenden Übertragungen für die Stabilität und das Voranschreiten der Arbeitsbeziehung zu nutzen, ihnen jedoch gleichzeitig entgegenzuwirken, um ihre spätere Aufhebung nicht zu erschweren oder zu verhindern. Es empfiehlt sich also, bereits am Anfang und auf der gesamten Wegstrecke diese Aufgabe eines runden Abschlusses im Blickfeld zu halten.Der Anteil des narzisstischen Egos des Therapeuten lässt sich gut daran messen, wie stark er die idealisierenden Übertragungen seines Klienten aktiv fördert oder durcharbeitet und nutzt, um sie schlussendlich aufzulösen. Die Versuchung ist groß, das Phänomen von Übertragungsprozessen auszublenden oder in seiner Bedeutung zu reduzieren.
Häufig findet sich der Therapeut in einem Dilemma, insbesondere, wenn er aufgrund seiner eigenen Schatten die Macht der Übertragungen marginalisiert oder ausblendet. Damit öffnet er dem unbewussten Bedürfnis nach narzisstischer Bestätigung Tür und Tor. Er bewegt sich auf einem Terrain, das der Entwicklung seines Klienten nicht nützt, sondern schadet.
Er fördert damit eine langwierige, bisweilen lebenslange neurotische Abhängigkeit und Infantilisierung seines Klienten und verhindert gesunde Bindungsimpulse, die anderen Menschen gelten könnten, ähnlich einem egozentrischen Elternteil, das die Liebe seines Kindes als Privateigentum betrachtet.
Die Ignoranz eines Therapeuten uferlosen idealisierenden Übertragungen gegenüber unterstützt die Reinszenierung neurotischer Muster der Herkunftsfamilie, ja, sie lässt den Klienten im Regen des Wiederholungszwangs stehen. Schärfer formuliert könnte man die Nichtbeachtung solcher Phänomene als subtile Form narzisstischen Missbrauchs betrachten.
Die Endphase beinhaltet also eine wichtige Zielsetzung: Die Transformation aller Übertragungen zum Therapeuten in primäre Liebe und eine differenzierte Wahrnehmung seiner Person als Mensch wie jeder andere, ohne jede Magie oder Überhöhung.
(Fortsetzung folgt)