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An dieser Stelle schließt sich eine naheliegende Frage an: Welche Folgen könnten sich daraus ergeben, wenn die Schwangere oder die stillende Mutter aufgrund durchgängiger innerer Unruhe nicht in der Lage ist, eine energetische Verbindung und Resonanz zum Fötus oder Neugeborenen aufzubauen?Wenn eine Mutter Schwierigkeiten hat, ihrem Kind auf der Ebene eines „Nur-Da-Seins“ den biologisch erwarteten Halt zu bieten ... ohne in die Unruhe des Machens oder im Bewusstsein antizipierten Machens zu verfallen, ist das ein banaler Vorgang, dem keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss oder hinterlässt dies Spuren in der Beziehung oder im Kind selbst?
Was könnte es bewirken, wenn Foetus oder Neugeborenes jedes Mal, wenn sie in den Zustand seliger Trance zu gleiten versuchen, was ja ihre Natur in dieser Entwicklungsphase ist, wie wir oben ausgeführt haben, durch eine unruhige oder hektische Lebensumwelt daran gehindert wird?
Naheliegend ist, dass das Baby aus solchen natürlichen Entregungsphasen herausgerissen wird bzw. sie gar nicht erst erfahren kann. Die aus seiner „organismischen Wahrheit“ stammenden Impulse nach Tiefenentspannung werden von der Lebensumwelt blockiert. Das Baby bleibt isoliert in seiner Erfahrungswelt, ohne Resonanz, ohne liebende (Herz)Verbindung mit diesem Teil seiner Natur und seines Wesens. Es gibt kein Echo, keine Einstimmung, keinen Kontakt.
Das Baby mag protestieren, alarmiert sein, möglicherweise wütend, schreiend. Am Ende jedoch wird es die eigenen organismische Wahrheit in sich abspalten müssen. Je nach Intensität dieser Erfahrungen wird es verdrängen, resignieren und die ungestillte Sehnsucht nach Verschmelzung tief in seiner Seele vergraben. (Wohlgemerkt: Ich spreche hierbei nicht von punktuellen, sondern von durchgängigen, strukturellen und strukturgebenden Erfahrungen.)
Die Unfähigkeit des Säuglings, sich zu entspannen, zur Ruhe zu kommen und Entregungsprozesse (die ich als das Gegenteil der Erregungsprozesse ansehe) zuzulassen, tritt in extremer Form in Verbindung mit dem sog. Schreibabysyndrom auf. Hier zeigt sich das Baby in höchstem Maße alarmiert, was u. a. mit lang anhaltenden Schreianfällen, chronischen Schlaf- und Einschlafstörungen, organismischen Blockierungen und Kontaktstörungen einhergeht.
Bei diesem Syndrom zeigt sich das Phänomen, dass der Körper, welcher nicht ausreichend Halt erfährt, sich zwangsläufig selbst Halt in Gestalt von akuten Blockierungen auf der energetischen und muskulären Ebene verschafft. Dies basiert auf der Tatsache, dass die Mutter über die inneren Ressourcen verfügt, um ihrem Kind notwendigen Halt und Ruhe anzubieten, denn sie leidet unter innerer und äußerer Haltlosigkeit. [Diederichs 1999]
Die organismische Botschaft, die Konditionierung, die hier vermittelt wird, könnte aus der Sicht des Babys (und in der Sprache der Erwachsen) lauten: „Das Bedürfnis nach tiefer Entspannung ist eine einsame Erfahrung, die niemand mit mir teilt, nicht einmal meine Mutter. In dieser Einsamkeit verliere ich Verbindung, Verbindung zu ihr und Verbindung zu allem um mich herum. Dazu wirken dauernde Störungen, Lärm, Hektik, Unruhe. Sie machen es mir schwer, loszulassen, mich zu entspannen, in diese wohltuenden tranceartigen Zustände zu gehen, die ich doch eigentlich so sehr brauche.“
Derartige Bedürfnisse auf der Seinsebene werden als resonanz-, respekt- und (ver)bindungungslos erfahren. Sie werden als falsch erlebt. Und die falsche Welt am Ende als richtig.
(Fortsetzung folgt)