SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (143): Warum schreit ein Baby nach der Geburt?

SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (143): Warum schreit ein Baby nach der Geburt?

Foto: pixabay

Auch wenn brutale frühe Trennungen von Neugeborenem und Müttern heutzutage nicht mehr den Standard darstellen, so sind manche von Reichs Schilderungen auch heute noch hoch aktuell. Der offensichtlichste Hinweis auf extrem unlustvolle bis traumatische Erfahrungen in Zusammenhang mit der Geburtssituation ist das Schreien des Neugeborenen, ein Schreien, das mit der Mimik und Körpersprache des Schmerzes einhergeht. Warum sollte ein Neugeborenes derartig schreien? Das sind keine Lust- oder Freudenschreie, mit denen wir es bei der Geburt zu tun haben, sondern Schreie des Schmerzes und des Leids! Häufig wird es für so selbestverständlich gehalten, dass ein Baby nach der Geburt schreit ("stärkt die Lungen" ... was für ein Blödsinn), dass die emotionale Ausdrucksbewegung, die damit verbunden ist, völlig ausgeblendet wird. Wie so häufig, sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht.
Andere Faktoren sind dazu gekommen, welche die Geburt im bio-energetischen Sinne häufig traumatisch gestalten. Wehenhemmende oder wehenfördernde Medikamente, Narkotisierungen, Epiduralanästhesie, chirurgische Eingriffe, all dies stellen medizinische Interventionen dar, die nicht nur die natürlichen biologischen Impulse hemmen oder verzerren, sondern auch das energetische System von Mutter und Neugeborenen aus dem Gleichgewicht bringen und prägen können.
William Emerson, ein moderner perinataler Traumaforscher, stellt fest, dass »Geburtstraumata sehr häufig vorkommen. Durch seine Messungen hat er festgestellt, dass etwas 45 Prozent der Neugeborenen ein starkes Geburtstrauma haben, welches einer Behandlung bedarf. Bei weiteren 50 Prozent belegte er ein leichtes bis mäßiges Trauma, welches die Babys normalerweise ohne Behandlung selbst verarbeiten können.« (Emge, 2012, S. 5)
Ist dieses bio-energetische Gleichgewicht zwischen Mutter und Kind einmal gestört, so zeitigt das zunächst Folgen für die unmittelbare Beziehung zwischen Mutter und dem Neugeborenen.
Die ursprüngliche Bonding- oder Prägungsphase findet direkt nach der Geburt statt. Das Bindungshormon Oxytocin zeigt seinen höchsten Spiegel bis ca. 1 Stunde nach der Entbindung, der Saugreflex des Neugeborenen ist bereits vollständig ausgeprägt. Zahlreiche Studien zeigen, dass es eine sensible Prägungsphase gibt, die bis ca. 60 Minuten nach der Geburt andauert (Mitterhuber, Renate 2003). Das Neugeborene kann direkt nach der Geburt angelegt werden, die Nabelschnur ist exakt so lang, dass zum ersten Mal gestillt werden kann, ohne dass diese durchtrennt werden muss.
(Fortsetzung folgt)

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