Seilspringen für Läufer

Von Walter Kraus
Stellen wir unsere Muskulatur wie einen Gummi vor: wenn er in die Länge gezogen wird, wird der Gummi gespannt und speichert Energie. Lässt man ihn los, wird Energie frei. Die Muskulatur speichert also Energie, die wir für den nächsten Laufschritt nützen können. Und genau diesen Effekt können wir trainieren, und damit nicht nur unsere Lauftechnik verbessern, sondern auch schneller laufen und das Verletzungsrisiko senken. Seilspringen als „eierlegende Wollmilchsau“ für Läufer?
Zu einem gutenLaufstil gehört neben der nötigen Kraft und Beweglichkeit, auch ein gutes Zusammenspiel aller Muskeln. Je weniger Energie verloren geht, desto mehr geht davon in die Vorwärtsbewegung. Feintuning der einzelnen Muskeln ist angesagt, und das Seilspringen kann dir beim Lauftechniktraining sehr hilfreich sein.
Den oben erwähnten „Gummi-Effekt“ oder im Fachausdruck „Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus“ kann man aber nur nützen, wenn die (Boden)Kontaktzeit sehr kurz ist, denn die Muskelspannung geht sehr schnell wieder verloren. Läufst du mit einem schwerfälligen Fersenlauf, dann geht die Energie in die Dämpfung der Schuhe und somit verloren. Und noch mehr, du bremst dich dabei auch noch bei jedem Schritt! Nicht sehr effizient!
Mit dem Seilspringen kannst du zwar nicht direkt einen besseren Laufstil antrainieren, aber indirekt die Muskulatur darauf vorbereiten. Einerseits trainierst du damit das Zusammenspiel der Muskulatur (Feintuning), aber auch das leichtfüßige Springen (kurze Bodenkontaktzeit) mit wenig Energieaufwand. Denn Seilspringen funktioniert nur, wenn man nicht am Boden pickt! Wenn du das Seilspringen nicht gewohnt bist, wird es sich sehr unrund und vor allem anstrengend anfühlen. Wissen die Muskeln aber, was sie dabei zu tun haben, wird es immer leichter, so auch beim Laufen. Das Seilspringen hat aber weitaus mehr Effekte fürs Laufen als nur die Umsetzung des Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus! Es stärkt die beteiligten Gelenke und wirkt beinahe wie ein Krafttraining – beinahe wohlgemerkt, es ersetzt es natürlich nicht!

Stabitraining für die (Knie)Gelenke

Mit der Ökonomie des Seilspringens stabilisiert sich auch die Beinachse. Die Muskeln rund um das Kniegelenk werden gestärkt und halten damit auch das Knie beim Laufen stabiler.

Kräftigung der Fußmuskulatur

Eine sehr wichtige Voraussetzung fürs Laufen ist eine starke Fußmuskulatur. Durch das ständige Tragen von (Lauf)Schuhen verkümmern diese Muskeln regelrecht. Langfristig werden dadurch Fehlhaltungen verursacht, die zwar mit den „richtigen Laufschuhen“ ausgeglichen werden können, aber langfristig wiederum mehr Probleme verursachen. Ein Teufelskreis, der mit einer schwachen Fußmuskulatur in Gang gesetzt wird.

Stärkung der Sehnen

Da das Laufen eine sehr monotone Belastung für den Bewegungsapparat ist, werden gerade die Sehnen relativ leicht überbelastet. Plantarfaszien- oder Achillessehnenentzündungen sind bei vielen Läufern bekannt und gefürchtet. Durch das Seilspringen kann man die Sehnen gezielt stärken, damit sie fürs Laufen belastbarer werden. Dadurch wird natürlich auch das Risiko einer verletzungsbedingten Pause geringer. Das Seilspringen sollte aber wohldosiert eingesetzt werden, denn so groß auch der Nutzen dieses Trainings ist, es birgt auch Risiken!

Risiken beim Seilspringen

Vorsicht! Genau die oben erwähnten Effekte wie die Stärkung der Sehnen bzw. der Fußmuskulatur sind gleichzeitig auch die Problembereiche beim Seilspringen. Denn durch das Springen am Vorfuß ist die Belastung auf diese Strukturen (vor allem für die Fußsohle und die Achillessehne) sehr hoch, was leicht zu einer Überlastung führen kann. Auch wenn das Seilspringen für Läufer eine wirklich tolle Ergänzung im Lauftechniktraining ist, man sollte vorsichtig damit umgehen. Auch dafür braucht man ein „Aufbautraining“.

Seilspringen als Techniktraining

Um das Seilspringen fürs Laufen zu nützen, muss man nicht unbedingt Tricks einlernen oder sogar akrobatische Kunststücke können. Einfaches Seilspringen (auf einem oder beiden Beinen) dafür aber regelmäßig, reicht dazu vollkommen aus. Du kannst das Seilspringen zum Aufwärmen einsetzen oder als Alternativtraining an lauffreien Tagen trainieren. Spaß soll es machen und vor allem zu Beginn soll es nicht allzu lange dauern. Starte mit wenigen Minuten und unterbrich das Seilspringen immer wieder, auch wenn du’s technisch länger schaffen würdest. Dein Bewegungsapparat wird sich daran gewöhnen und du kannst langfristig nicht nur länger Seilspringen, sondern auch besser und vor allem länger verletzungsfrei laufen.

Seilspringen ohne Seil

Um die Effekte des Seilspringens zu nützen, brauchst du aber nicht unbedingt ein Seil! Es geht ja ums Springen und nicht ums Schwingen! Springen am Stand würde da schon ausreichen. Etwas anspruchsvoller wären Sprünge auf eine Stufe oder Gehsteigkante. Der Wechsel von auf und ab und gleichzeitig den Abstand zur Stufe halten, schult zusätzlich die Koordination und das Rhythmikgefühl.


Tipp der Woche:
Wenn du dir ein Spungseil kaufst, dann bitte ein schnelles! Die Juteseile haben ausgediehnt. Mit einem "Speed Rope", das Griffe mit einem Kugellager hat, wirst du deutlich mehr Spaß haben.