Sei ein Clown!

Sei ein Clown!

In einem Interview wurde mir letztens die folgende Frage gestellt: "Verliert ein Schriftsteller nicht seine Balance zur Wahrung einer stabilen Autorenidentität, wenn er ständig den Clown mimt?" Schriftsteller, diese Stützen der Kultur und Clowns, diese bunten, tölpelhaften Figuren, dass kann doch nicht zusammenpassen. Ist dem so?

Ein Clown unterhält sein Publikum

Ein Clown ist ein Artist, dessen primäre Kunst es ist, Menschen zum Lachen zu bringen.Wikipedia

Nun schreibt nicht jeder Schriftsteller lustige Werke. Ganz im Gegenteil. Das klassische Bild eines Schriftstellers oder einer Schriftstellerin ist eher das, des ernsten, vergeistigten Menschen, der dem Volk mahnende und erklärende Werke gibt. Aber gerade moderne Clowns zeigen, dass sich auch mit dem buntesten und schillernsten Äußeren ernste Botschaften übermitteln lassen. Ist also Schriftsteller und Clown gar kein Widerspruch?

Schriftsteller und Clowns eint die Unterhaltung

In beiden Fällen geht es darum, die Zuschauer und Leser für einen Moment aus ihrem Leben herauszuholen und ihre Gedanken in andere Welten zu führen. Das ist das, was wir gemeinhin Unterhaltung nennen. Das mag, wie im Falle eines Clowns, eher auf humorvolle Art geschehen. Es kann aber auch dramatisch, traurig, spannend oder gruselig sein, wie es Schriftsteller gerne tun. Der Effekt ist der Gleiche. Doch die o.g. Frage impliziert mehr. Sie bezieht sich auf den Schriftsteller als Person und auf die immer stärker geforderte Medienpräsenz. Wird er dadurch zum Clown?

Muss ein Schriftsteller auch als Clown auftreten?

Das Markenzeichen eines Clowns ist das Kostüm. Er trägt die typische rote Nase, seine Extremitäten werden übergroß dargestellt, er wird zum Symbol. Den Menschen hinter dieser Maske sieht man nicht. Wenn nun die Gefahr gesehen wird, dass ein Schriftsteller durch die Anforderungen der modernen Medienwelt zum Clown wird, dann kann man dem zustimmen. Allerdings muss man bei näherer Betrachtung feststellen, dass daran gar nichts Schlimmes sein muss. Schließlich ist doch die Frage, wie viel man durch die Maske vom Menschen dahinter durchblitzen lässt.

An die Clowns erinnert sich jeder

Ich weiß nicht, wann du das letzte Mal in einem Zirkus warst. Aber ich bin mir sicher, dass du dich danach gewiss noch an die Auftritte der Clowns erinnert hast. Wir leben in einer medialen Welt. Was im Fernsehen flimmert und im Web diskutiert wird, bestimmt immer mehr unser Denken und Handeln. Die Menschen, die sich dort präsentieren, werden immer mehr Teil unseres Lebens. Will ich meine Botschaft übermitteln oder einfach nur meine Leserschaft erreichen, macht es Sinn, dort präsent zu sein. Natürlich kann sich eine Autorin oder ein Autor auch heute noch entscheiden, sich dem nicht auszusetzen und eher im Verborgenen und nur durch seine Werke zu sprechen. Doch diejenigen, die diesen Kokon verlassen und sich der Welt zeigen, werden es im Regelfall leichter haben, ihre Leser zu erreichen. Warum also nicht einwenig vom Clown lernen?

Schriftsteller und Clown - eine Bereicherung

Meine Antwort auf die o.g. Frage lautete, dass ich keinen Widerspruch sehe, zwischen einem Schriftsteller oder einer Schriftstellerin und einem Clown. Schon gar nicht erscheint es mir als Gefahr für die Autorenidentität. Nein, der Clown ist das Schauglas, durch das ich als Autorin meinen Leserinnen und Lesern einen kleinen Einblick gewähre. Das haben sie nämlich verdient, schließlich unterstützen sie mich und lassen mich auch in ihr Leben. Wie viel ich da zeige und ob das Gesicht mit der roten Nase wirklich dem realen Gesicht nahekommt, das bleibt mir selbst überlassen. Der Clown gehört zu meiner Autorenidentität dazu. Er gefährdet sie nicht, er bereichert sie.


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