Sehnsucht Patagonien – Torres del Paine, Perito Moreno Gletscher und Schotterpisten ohne Ende

Wir fliegen nach Patagonien! Ja, DAS Patagonien! Das Vielbeschworene. Wovon alle mit so viel Sehnsucht darüber sprechen. Das schürt natürlich Erwartungen und entsprechend sind wir gespannt wie eine Wäscheleine auf das, was uns am Ende der Welt erwartet.

Vorsorglich haben wir einen 4×4 Jeep gemietet. Es soll dort unten ja unbefestigte Strassen geben und auch ein paar Schotterpisten. Warme Kleider haben wir nicht wenige eingepackt, obwohl es dort Sommer sein wird. Es ist doch recht weit südlich, man weiss ja nie…

Erwartungsfroh fliegen wir also aus dem winterlichen Zürich mit SWISS via Sao Paolo nach Santiago de Chile, um uns die Chose mal mit eigenen Augen anzusehen.

Ankunft in Punta Arenas

Pünktlich fliegen wir vom sommerlichen Santiago de Chile in Richtung Punta Arenas weiter und landen nicht viel später im verregneten und kühlen Süden Chiles. Phuh, was für ein ernüchternder Empfang!

Punta Arenas scheint tatsächlich irgendwie am Ende der Welt zu liegen. Oder ist es “normal”, dass hier so eine Art Weltuntergangsstimmung herrscht?

Patagonien in Weltuntergangsstimmung

Patagonien in Weltuntergangsstimmung

Nachdem wir unseren 4×4 Jeep in Empfang genommen haben, machen wir uns auf den Weg durch die reizlose Ebene Richtung Puerto Natales. Durch viel Steppe und viel… Nichts. Immer geradeaus, kurz vor dem Zustand der Lethargie, weil die Fahrbahn allmählich zum Asphaltfliessband wird.

Eintönige Strasse in Patagonien

Eintönige Strasse in Patagonien

Ab und zu sichten wir einsam gelegene Häuser, beziehungsweise Hütten. Ob hier wirklich jemand zu Hause ist? Was tun die hier den ganzen Tag oder sogar die ganze Woche? Ganz zu schweigen vom ganzen Monat?…

Einsames Haus in Patagonien

Einsames Haus in Patagonien

Aber vielleicht ist es ja lediglich das Wetter, das alles so öd und trostlos erscheinen lässt.

Immer mehr enttäuscht über den ersten “Empfang” Patagoniens fahren wir weiter auf der vereinsamten Strasse, die zu unserer Bestürzung auch noch “Ruta Fin del Mundo” heisst. Na dann… zumindest mal eine Strasse, die ihrem Namen gerecht wird!

Patagonien im Regen

Ruta Fin del Mundo, der Name ist Programm…

1. Stop in Puerto Natales

Wir erreichen doch noch einigermassen hoffnungsvoll Puerto Natales – was für ein vielversprechender Name! (Wobei auch schon “Punta Arenas” besser klang als es dann aussah…) Das Dörfchen ist der typische Ausgangspunkt für Expeditionen in den vielgerühmten Torres del Paine Nationalpark.

Das verschlafene Nest – oder ist heute gerade Sonntag? – scheint aus einer losen Ansammlung kleiner, farbiger Holzhäuser zu bestehen mit einem kleinen, schachbrettartig angelegten Zentrum und seinen vielen Einbahnstrassen. Wer schon mal in New York war, weiss ich meine, aber einfach ganz anders…

An jeder Ecke finden sich Reiseveranstalter und Outdoor-Equipment-Shops. Ansonsten bietet Puerto Natales nicht viel.

Fischerboot in Patagonien

Einsames Fischerboot kurz vor dem Weltuntergang

Immerhin gibt es am Dorfrand mit dem Remota ein Designhotel, das sich gewaschen hat, respektiv das sich architektonisch spektakulär von der steppenartigen Landschaft abhebt… Der ausführliche Bericht über das aussergewöhnliche Hotel Remota findet sich auf unserem englischen Reiseblog.

Remota-Hotel-Puerto-Natales

Designhotel Remota am Ende der Welt bei Puerto Natales

Nach unserer ersten Nacht in Patagonien lächelt uns am nächsten Morgen erstmals die Sonne ins Gesicht. Voller Erwartung nehmen wir die Fahrt zum Torres del Paine Nationalpark in Angriff. Den 4×4 Jeep hatten wir ja schon ganz bewusst gewählt, aber dass wir gleich nach Puerto Natales bereits keine asphaltierten Strassen mehr vorfinden würden, hat uns dann doch etwas überrascht.

Weil es sind ja noch hunderte von Kilometern bis in den Torres del Paine Nationalpark…

Patagonia Camp am Lago de Toro

Nach einer “bewegten” Fahrt über die holprigen Schotterpisten erreichen wir den Lago de Toro und das Patagonia Camp, wo wir zwei Nächte in Yurten am See verbringen. Es bessert wohl langsam ;-)

Patagonia Camp am Lago de Toro

Yurten Zeltlager des Patagonia Camps am Lago de Toro

Als wir aber mit dem Tour-Guide des Patagonia Camps im Hotel-Van auf Exkursion gehen, schauen wir uns etwas verunsichert an… stolz und patriotisch hebt Rastaman Rodrigo ALLES hervor, woran wir vorbeifahren: Zypressen (knapp mannshoch und der Fahrer bremst, damit wir es gut sehen), Chimango-Caracaras (ein falkenartiger Piepmaz, kaum grösser als eine Krähe) oder Wasserfälle (verglichen mit dem Rheinfall ein besseres Rinnsal).

Das höchste der Gefühle sind ein paar Guanacos, die wir ab und zu sichten und ein Nandu, eine Art kleiner Strauss, ist dann schon ein Highlight allererster Güte! Die Birding-Spezialisten im Van sind aus dem Häuschen.

Ein Nandu in Patagoniens Steppe

Der gemeine gebückte Nandu in Patagoniens Steppe

Langsam dämmert es uns: Patagonien wird total überbewertet!… Wir hätten auch nach Graubünden fahren können, hätte uns besser gefallen.

Dann aber – Torres del Paine Nationalpark

Dann plötzlich aber – als hätte uns der liebe Gott, der Schöpfer des Paradieses Patagonien, gehört – geht es Schlag auf Schlag: Als wir in den Torres del Paine Nationalpark einfahren, kommt ein überwältigendes Gefühl auf.
Die Landschaft ist wild, rauh und irgendwie mystisch.
Hinter der nächsten Kurve ragen majestätisch die Cuernos (Hörner) des Paine Bergmassivs in die Höhe.
Ein Condor segelt rauschend an unserem Van vorbei in die Tiefe.

Wir halten einfach nur noch den Mund und schauen uns mit grossen Augen an…

Cuernos del Paine Torres del Paine National Park

Und als wir uns dem Lake Gray nähern, sind wir überwältigt von den bizarren, tiefblauen Eisformationen, die gespenstisch im See treiben und Monate früher vom Gray Gletscher abgebrochen sind.

Eisberge Lake Grey im Torres del Paine National Park

Der Torres del Paine Nationalpark, der zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt, verspricht atemberaubende Panoramabilder, Gletscher, Flüsse, Seen, Wälder und … ok, zugegebenermassen auch eine artenreiche Vogelwelt.

Cuernos del Paine am Lago de Toro

Cuernos del Paine am Lago de Toro

Ein Wort der Warnung: Der Torres del Paine Nationalpark ist sehr weitläufig. Will man ihn in Richtung Argentinien durchqueren, so wie wir, muss man unbedingt in Puerto Natales volltanken. Je nach Reichweite des Tanks und Verbrauchs des Wagens reicht es dann ganz knapp bis ans andere Ende zur Grenze nach Argentinien. Mit recht viel Erlösung wird man dort eine schöne, grosse Tankstelle erspähen.

Dass beim Grenzübertritt mit dem Mietwagen ein ziemlicher Papierkrieg und eine happige Gebühr fällig wird, sollte nicht erstaunen. Und ein handschriftlicher Eintrag des Grenzbeamten im Übertrittsbüchlein. Bei der Ausreise aus Buenos Aires gilt dann ein digitaler Fingerabdruck mit Webcam-Portrait. Wie der handschriftliche Eintrag aus der Pampa mit dem hightech-Eintrag aus der Metropole abgeglichen wird, echappiert uns bis auf weiteres…

Anyway, hat man die Schotterhölle und den Papierkrieg unbeschadet überstanden, nimmt man in Argentinien eine asphaltierte Strasse, die es in Google Maps nicht gibt, und gönnt sich die eintönige Fahrt ins argentinische El Calafate, wo man 8 Stunden nach Abfahrt im Patagonia Camp ankommen wird.

El Calafate, Eolo und der Perito Moreno Gletscher

Perito Moreno Gletscher von den Balconys aus gesehen

Perito Moreno Gletscher von den Balconys aus gesehen

Das absolute Highlight in Patagonien war das Mini-Trekking auf dem Perito Moreno Gletscher, worüber wir auf unserem englischen Reiseblog berichtet haben. Über Schiff und Stein ging es hier spektakulär mittels Steigeisen hoch auf den Gletscher.

Kalbernder Perito Moreno Gletscher bei El Calafate

Kalbernder Perito Moreno Gletscher bei El Calafate

Den Perito Moreno Gletscher erreicht man standesgemäss via El Calafate und das Relais & Châteaux Luxushotel Eolo.

Eolo Patagonia Spirit Luxushotel

Eolo “Patagonia Spirit” Luxushotel

Dessen Zimmer und Restaurant öffnen sich auf allen Seiten auf eine spektakuläre Graslandschaft. Der Ort wirkt trotz oder wegen seiner Abgeschiedenheit sehr inspirierend und gibt bei gutem Wetter nochmal den Blick auf die Torres del Paine frei.

Aussicht vom Eolo Hotel

Aussicht vom Eolo Hotel in Richtung Anden

Soviel zum Thema “überbewerten”… Patagonien mag auf den ersten Blick eintönig wirken. Hat man aber einmal hunderte von Kilometern Schotterpisten im Gaspedal und stösst in den Kern des riesigen Gebietes vor, eröffnen sich Landschaften und Ausblicke kolossalen Ausmasses!

Wir waren begeistert und sehnen uns bereits zurück nach den beruhigenden Weiten und majestätischen Gebirgszügen der Anden.


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