“Seensucht” Schwerin – Wandern um die Landeshauptstadt

Erstellt am 15. Januar 2020 von Outdoorsuechtig @JoergTh

Werbung* Schwerin? Bestimmt habt Ihr dann gleich Bilder des berühmten Schweriner Schlosses vor Augen,, oder? Dass es beim Wandern in und um die Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns aber noch einiges mehr zu entdecken gibt, habe ich auf meiner Wanderreise durch das nord-östlichste deutsche Bundesland erfahren dürfen.

Hohen Viecheln - eine Kirche mit ohne Kirchturm

Verglichen mit Schwerin, der Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns, fristet der Schweriner Außensee touristisch gesehen so etwas wie ein Schattendasein. Zu Unrecht! Denn mir hat die Wanderung von Hohen Viecheln zum Schloss Willigrad richtig gut gefallen. Vielleicht ist es aber auch so wie mit allen "Geheimtipps"? Sprechen diese sich erst einmal herum, verkehrt sich die Ruhe so manch eines früher ach so idyllischen Plätzchens ins Gegenteil. Und es war gerade die Ruhe, die mich auf den ca. 10 Kilometern am See entlang so begeistert hat. Dieses "Runterkommen", die Flucht vor dem Trubel des Alltags, die Erholung - das ist für mich ein wesentlicher Bestandteil eines gelungenen Wandertages.

Los geht es gleich mit einem Kuriosum. Denn die über 700 Jahre alte gotische Hallenkirche von Hohen Viechlen hat keinen Kirchturm! Zwar war dieser seinerzeit ursprünglich geplant, der Turmbau scheiterte aber aus finanziellen Gründen. Von außen sieht das kleine Kirchlein also sehr bescheiden aus. Umso mehr staune ich, als mir Frau Bullerjan vom Tourismusverein Schweriner Seenland die Tür zur Kirche öffnet. Das Gewölbe ruht auf hohen, schlanken Pfeilern in Backsteinoptik und wirkt auf mich überaus gediegen und elegant.

Das dunkle Holz des Altares, der Bänke und anderer Einrichtungsgegenstände bildet einen wohltuenden ruhigen Kontrast zu der mittelalterlichen Backsteinhülle. Ein Ort zum Kraft tanken. Auch ich lasse mich von der von vielen als "mystisch" beschriebenen Ausstrahlung der Kirche beeindrucken. Noch ein kurzer Blick von außen und dann geht es hinunter zum Wandern am Schweriner See.

Wandertour am Schweriner Außensee

Am Fischereigebäude der alteingesessenen Fischerfamilie Prignitz in Hohen Viecheln verabschiede ich mich von Frau Bullerjan. Sie wird mich am Schloss Wiligrad wieder abholen. Und ich wandere auf dem Fischerweg immer am Westufer des Sees entlang. Meine Halbtagesetappe ist ein Teilstück der 65 km langen Blauen Acht, einem Radwanderweg der einmal rund um den Schweriner See führt. Aber nicht nur die Blaue Acht, auch der Wallensteingraben-Wanderweg und der Sagenwanderpfad Niklot erfreuen in dieser Region die Wanderherzen.


Idyllisch - ich wandere immer am See entlang

Wusstet Ihr eigentlich, dass der Schweriner See mit gut 61 km² der viertgrößte See Deutschlands ist? Ich war jedenfalls überrascht. Ich wandere an den schmucken kleinen Häuschen der Bootshausgesellschaft Hohen-Viecheln vorbei und bin schon bald mitten in der Natur. An der Schwedenschanze genieße ich den Ausblick auf den See. Und erfahre, dass ich mich hier auf historisch bedeutsamen Boden befinde. Denn unter den sanften Hügeln verbirgt sich eine sternförmige Wallanlage.

Sagen und Geschichten

Mit der Schwedenschanze ist aber auch die Sage verbunden, dass an dieser Stelle im Jahre 1712 zwei junge Burschen vor den Berittenen des schwedischen Generals Stenbock flüchteten. Die Schweden waren damals dafür bekannt, alle brauchbaren Männer zum Militärdienst zu pressen. So soll die Schwedenschanze ihren Namen erhalten haben. Und das ist nicht die einzige Sage, die mir unterwegs begegnet. Der Kulturverein Sagenland Mecklenburg-Vorpommen e.V. hat entlang des Weges einige Tafeln mit Geschichten und Sagen aufgestellt.

Ich durchwandere Bad Kleinen - die Stadt die vor durch den GSG-9-Einsatz im Jahr 1993 traurige Berühmtheit erlangt hat. Aufgrund der damaligen Bilder und Ereignisse hatte ich mir die Stadt immer recht trist vorgestellt. Doch nein, Bad Kleinen liegt ganz idyllisch am See. Genau wie das Seehotel Bad Kleinen, in dem ich übrigens vorzüglich geschlafen und gegessen habe. Weiter geht es den See entlang. Immer mit einem sagenhaft weiten Blick über das Wasser. Ganz passend dazu die Sage vom Wassergeist Hajo:

"Der im Schweriner See beheimatete Wassergeist Hajo ist den Badenden und den friedlichen Anglern angetan. Manchmal zwackt er auch übermütige Badegäste, besonders die weiblichen Geschlechts. Ihr Juchzen kann man dann weithin hören. Er wird aber wütend, wenn Menschen die Natur vorsätzlich zerstören, mit ihren Booten rasen oder leichtsinnig mit allem umgehen und wird sie strafen. Deswegen: begegnet dem Wassergeist ehrfurchtsvoll und mit Respekt und schützt den See in allen seinen Teilen!"

Tafel des Kulturverein Sagenland e.V. am Schweriner Außensee

Schloss Wiligrad und ein Panorama am Ziegelsee

Einst im Dornröschenschlaf - Schloss Wiligrad

Ohne dass mich Hajo zwackt oder gar straft, komme ich schließlich auf dem Uferweg unterhalb des Schlosses Wiligrad an. Das über dem Steilufer des Schweriner Außensees thronende Schloss ist zwar wenig bekannt, aber ein kleines Juwel inmitten in der Natur. Hier erwartet mich Frau Bullerjan und gemeinsam schlendern wir durch den liebevoll gepflegten Park.

Das Ende des 19. Jahrhunderts gebaute Schloss gehörte bis 1945 der Familie des Herzoghauses Mecklenburg-Schwerin. Nach der Enteignung in 1945 wurde es zunächst als SED-Parteischule und danach als Ausbildungsstätte der Polizei genutzt. Darum war es bis zur Wende auf keiner Karte verzeichnet. Durch diese Nutzung hatten Schloss und Gelände arg gelitten. Doch inzwischen wurde Schloss Wiligrad aus seinem Dornröschenschlaf erlöst. Eingebettet in den herrlichen Schlosspark zieht es nun Besucher an. Zur touristischen Beliebtheit trägt auch die Schlossgärtnerei mit gemütlichem Café und Hofladen bei.

Zum Abschluss hat Frau Bullerjan noch ein besonderes Highlight für mich in petto. Nach einem kurzen Stopp am Restaurant Seewarte, dort wo der Schweriner Innen- in den Aussensee übergeht, fahren wir weiter zum Ziegelsee. Der 3 km² große See ist ein beliebtes Wanderziel. Von der kleinen Parkbucht an der Wickendorfer Straße aus sind es nur knapp über 200 m Fußweg. Und dann tut sich wie aus dem Nichts wieder einer dieser Panoramablicke auf, die für mich das Wandern in Mecklenburg-Vorpommern zur Überraschung werden ließen.

Schwerins Schelfstadt - die alte Neustadt

Viel zu schnell vergeht die Zeit an den Schweriner Seen. Doch natürlich möchte ich auch noch die Landeshauptstadt sehen. Dort bin ich mit Stadtführer Axel Behr verabredet. Zunächst einmal möchte er mir die Schelfstadt zeigen. Schelfstadt? WTF? Mit dem Begriff kann ich so gar nichts anfangen. Aber dafür hat man ja einen Stadtführer bei sich.

So erfahre ich, dass der Ausdruck "Schelfe" wahrscheinlich von "Schelp", also "Schilf" abgeleitet wurde. Denn diese Pflanze charakterisierte früher dieses Gebiet. Aber auch, dass die Schelfstadt eigentlich die Neustadt ist, dort aber schon im 11 Jahrhundert Fischer gesiedelt haben. Und so schlendere ich mit Axel Behr durch die Schelfstadt und bewundere schmucke Fachwerkhäuschen, die einträchtig neben repräsentativen Prachtvillen stehen. Am Pfaffenteich endet unsere Tour durch die alte Neustadt. Begeistert berichtet mir Axel Behr vom Drachenbootfestival, welches hier jährlich ausgetragen wird. Schwerin ist lebendig!

Altstadtbummel

Weiter geht es dann in der "richtigen Altstadt". Vorbei am alten Hauptpostamt, dessen Telegrafenturm 567 Isolatoren beherbergt und der deshalb oft mit einem Glockenturm verwechselt wird, erreichen wir das älteste Fachwerkhaus Schwerins, welches sich fast ein wenig schüchtern ans Nebengebäude anlehnt. Dabei ist es doch ein echtes Schmuckstück. Genau wie die Weinwirtschaft Uhle, wo feiert, wer in Schwerin etwas auf sich hält. Ein Haus mit Geschichte.


Die keramische Säule - einst beschädigt, jetzt wieder aufgestellt

Geschichte bildlich dargestellt zeigt mir Axel Behr an der 2016 wieder neu aufgestellten keramischen Säule. Diese erzählt vom großen Stadtbrand im Jahr 1651. 150 Häuser wurden damals innerhalb von 7 Stunden in Schutt und Asche gelegt. Aber auch vom Martensmann, der als "Bote der Freundschaft" alljährlich ein Faß Wein aus Lübeck nach Schwerin brachte. Von 1817 bis 1991 ruhte dieser Brauch. Heute feiert die Stadt wieder alljährlich den Martensmarkt mit mittelalterlichem Markttreiben, Gaukelei und Musik.

Natürlich gehört zu einem Stadtbummel durch die ehemalige Residenzstadt unbedingt ein Besuch des Schweriner Doms. Auch der Marktplatz mit dem Denkmal des Braunschweiger Löwen, welches aufgrund der dargestellten "Gesäßparade" nicht unumstritten war, ist sehenswert. Axel Behr zeigt mir noch den Gassenkrug, Schwerins kleinste Kneipe die praktischerweise direkt neben Schwerins kleinstem Biergarten liegt. Und dann leuchtet es mir förmlich aus der Ferne entgegen: das beeindruckende Schweriner Schloss.

Finale Grande - das Schweriner Schloss

Auf Wiederse(h)en Mecklenburg-Vorpommern!

Und es sieht wirklich wie ein Märchenschloss aus. Türme, Erker, Kuppeln und die traumhafte Lage im Schweriner Burgsee, das hat was! Wir bummeln um das Schloss herum und ich kann mich gar nicht satt sehen. Dementsprechend oft drücke ich auf den Auslöser meiner Fotokamera. Keine Frage, Schwerin und die Schweriner Seen sind eine Reise wert!

So langsam wird mir auch bewusst, dass der Gang um das Schweriner Schloss das Finale Grande meiner Wanderreise durch Mecklenburg-Vorpommern ist. Wo anders sollte diese enden, als in der Landeshauptstadt? Woanders als an diesem monumentalen Bauwerk? Was habe ich nicht alles gesehen in den letzten sechs Tagen: Panoramen, Seen, die Ostsee, Schlösser und natürlich Natur ohne Ende. Das nordöstlichste der deutschen Bundesländer hat mich als Urlaubsziel in seiner Gesamtheit überzeugt. Und ich bin mir sicher, das ich eines Tages wiederkommen werde!

Wandern in und um Schwerin - Diashow, Disclaimer und FAQ

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*Zu dieser Recherchereise durch Mecklenburg-Vorpommern wurde ich vom Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. eingeladen und von der Landeshauptstadt Schwerin sowie vom Tourismusverein Schweriner Seenland unterstützt. Dafür meinen allerherzlichsten Dank! Die Kooperation mit dem Anbieter hat meine Berichterstattung jedoch in keinster Weise beeinflusst und ich gebe hier ausschließlich und ehrlich meine persönlichen Eindrücke wieder. Transparenz und Offenheit sind mein Credo und somit Verpflichtung bei allem, was ich schreibe, dazu habe ich mich durch das Unterzeichnen des Outdoor Blogger Codex verpflichtet.