Als meine Freundin Sue ihre Leichtigkeit des Seins auf den Malediven entdeckte, reiste ich in eben dieser Woche vor Pfingsten auf ein anderes berühmtes Atoll namens Sylt. Ich war in Begleitung eines Jugendfreundes. Wir zwei hatten das Vergnügen auf Sylt unsere Kindheit und das junge Erwachsenwerden zu erleben. Wir teilen gern unsere Geschichten aus dieser Zeit und werden niemals müde, die Wildheit und Schönheit unserer Abenteuer zu rühmen. Wir klingen dann wie Piraten, Popstars und Herzensbrecher zugleich, immerhin zählten wir zu den auffälligen Geschöpfen unserer Jahrgänge – und langweilten uns keine Sekunde. Nicht damals und auch nicht heute. Nicht im Sommer und auch nicht während der langen einsamen Winter. Langeweile habe ich nie gekannt, ich wurde lebendiger je stiller und einsamer es auf unserer Insel wurde.
Was ich eigentlich behaupte, ist, das nicht Sue, sondern ich am schönsten und romantischten Ort der Welt war. Denn der Mai besitzt auf Sylt den größten Zauber des Jahres. Voraus gesetzt die Sonne scheint mindestens vier Tage am Stück, die Temperaturen klettern, nach 11 Uhr, über 20 Grad, dann trinkt die Winterhaut die Bräune wie ein durstiges anmutiges Tier.
Dieser seltene Umstand stellte sich in dieser Woche tatsächlich ein und da kann mir jedes noch so exotische Atoll gestohlen bleiben. Die Strände sind nahezu leer, der Sand ist von den Frühjahrsstürmen gebürstet und gestreichelt, die Strandkörbe sind unberührte Ikonografien. Die Saison pirscht sich barfuß heran und der Anblick des Vermeer-blauen Himmels spendiert das Gefühl von Unsterblichkeit.
Auch Sue ist ein Fan von Sylt
Ich lege mich in den feinen weißen Sand und brauche nichts. Nichts. Einzig der Appetit treibt uns zu einem Abstecher zu Terni (einer Freundin aus der wilden Jugendzeit als wir nach Biarritz und Marokko zum Wellenreiten aufbrachen) an die Buhne 16; der großartige Kaffee aus der Rösterei von Christian Appel www.kaffeeroesterei-sylt.com (als Kinder wohnte ich mit ihm in der Norderstrasse Tür an Tür hatte mit seiner Schwester Kerstin, etwas unfreiwillig, eine Meerschweinchen-Zucht) ist ein schlagendes Argument; der Puffer mit Rosinen dazu besiegelt die feste Verabredung an der legendären Strand-Bude, die sich über die Jahrzehnte zum Parcours gestreckt hat.
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Zu Pfingsten erwartet die Crew dann die Stampede, eine Melange aus Sylt-Fans und Teenage-Rampage-Erben, die in High Heels und mit Rolex wie Revolver bewaffnet über die Düne staksen. Egal, jetzt, nur wenige Tage vor dem Ansturm, trägt noch fast alles den Zauber der Siebziger Jahre in denen die bemerkenswert solventen Gäste sich äußerlich nicht von den Piraten und Lebenskünstlern unterschieden: obenrum Norweger-Pullover und unten rum nackt. Ein Lächeln im Gesicht, die Unbekümmertheit als Grundrauschen, die unerträgliche Leichtigkeit des Seins. Dieser alte Geist schwebt hier in der Nordseeluft und ist nur für Menschen wahrnehmbar, die es miterleben durften.
Nach einer Umarmung von Terni laufe ich los Richtung List, an der Spülkante entlang hinein in die weite Strandlandschaft. Das Meer ist mir in diesen Momenten so vertraut wie mein eigener Atem, trotzdem respektiere ich die Strömung der Gezeiten oder wenn bei starkem Westwind der hohe Wellengang viel Gischt trägt. Im Mai ist mir die Nordsee noch viel zu kalt zum Baden, das überlasse ich meiner wundervollen Freundin Anja, sie ist eine waschechte Meerfrau und bietet auf Sylt Kurse für Frauen an, die Erholung suchen (www.meerfrausylt.de). Bei Anja habe ich immer ein Bett, sie ist das Dach zu meiner Heimat. Anjas Vater war von Beruf Koch und damals hat er der hungrigen kleinen Steffi immer ein Essen spendiert; aber das ist eine andere spannende Geschichte.
Auf meinem Weg nordwärts verschmelze ich mit der Landschaft; hier spielen meine Ahnen ganzjährig Strand-Tennis und rauchen Dunhill. Manchmal winken sie mir zu.
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