Sea of Solitude im Test – in den Sümpfen der Traurigkeit

In der letzten Zeit gab es so einige Spiele, die sich mit Trauer, Verlust und psychischen Problemen auseinander setzen. What Remains of Edith Finch oder Dear Esther sind hier nur zwei Beispiele. Auch Firewatch schlägt zu einem Gutteil in die gleiche Kerbe. Deutsche Entwickler machen hier auch nicht Halt und so dreht sich Sea of Solitude vom Berliner Studio Jo-Mei Games ebenfalls um jene Themen. Dabei konnte der Titel im Vorfeld so sehr überzeugen, dass er nun von EA im Originals Programm veröffentlicht wird.

Wer bin ich?

Sea of Solitude im Test – in den Sümpfen der TraurigkeitWir starten recht unmittelbar mit unserer Reise. Monstermädchen Kay ist sich weder so recht im Klaren, was sie hier macht, noch wo hier ist oder wie sie zu ihrer aktuellen Gestalt gekommen ist. Allerdings treffen wir ziemlich schnell auf ein leuchtendes Mädchen, dem wir folgen. Und auf andere Monster, die deutlich größer und furchteinflößender sind als wir selbst. Jene werden uns auch durch das weitere Spiel begleiten. Außerdem treffen wir ziemlich schnell auf ein Boot, denn das namensgebende Meer der Einsamkeit scheint fast die gesamte Welt überflutet zu haben. So können wir erstmal nur über einzelne Dächer klettern, oder eben mit dem Bötchen umher schippern. Denn eines der Monster, ein großes, walartiges Wesen, versucht uns zu fressen, sobald wir ins Wasser kommen. Bleibt also nur, möglichst wenn das Wesen weit entfernt ist, kurze Etappen zu schwimmen, wenn es denn gerade sein muss. Auf der Fähigkeitenseite kann Kay Leuchtkugeln abfeuern, die uns den Weg weisen und in bestimmten Situationen auch helfen, schattenartige Gegner auszuschalten. Außerdem kann Kay Leitern herauf klettern und unter anderem immer wieder Glowy, eine goldene Lichtkugel, die uns den Weg weist, befreien.

Sea of Solitude im Test – in den Sümpfen der TraurigkeitTrotz mancher Kletterpartie und Hüpfeinlage, simpler Rätsel und sogar ein paar Actioneinlagen, spielerisch bleibt Sea of Solitude immer einfach und reduziert. Es fühlt sich zwar deutlich mehr nach Spiel an als etwa Dear Esther, das Gameplay ist aber deutlich reduzierter als bei 'richtigen' Action Adventures'. Für mich persönlich ging die Mischung dann auch mehr auf als bei vielen Walking Simulatoren, die mir in dem Punkt einfach zu dünn sind.

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Die Reise ins Ich

Sea of Solitude im Test – in den Sümpfen der TraurigkeitInhaltlich kann Sea of Solitude durchaus überzeugen, wenn man sich mit dem Spiel auseinander setzt. So geht es im ersten Abschnitt, der mehrere Kapitel umfasst, einerseits um Kays unbeabsichtigten Egoismus, indem sie Probleme in ihrer Familie ignorierte und andererseits um Mobbing und dessen Folgen. Das wird erstmal sehr lange nicht direkt dargestellt. Das Mobbingopfer ist ein riesiger und offensichtlich ziemlich einsamer Rabe, der auf den ersten Blick aber wie ein weiteres Monster wirkt. Wer hinter dem Monster steckt wollen wir hier natürlich nicht verraten, aber eines der ersten Ziele ist damit klar. Der betreffenden Person müssen wir helfen und sie sprichwörtlich wieder menschlich machen. Denn zumindest zum Teil haben wir durch unsere Ignoranz Schuld an der ganzen Misere.

Sea of Solitude im Test – in den Sümpfen der Traurigkeit

Der nächste Abschnitt scheint ähnlich weiter zu gehen, allerdings bekämpfen sich hier zwei Monster. Können wir dem überhaupt Einhalt gebieten? Oder gibt es hier gar keine gute Lösung? Wer selbst irgendwann entsprechende Probleme im Leben hatte, sei es Verlust, Mobbing bei einem selbst oder bei anderen oder auch Trennungen, der wird wohl sehr viele dieser Schattenseiten direkt verstehen. Interessanterweise zeigt die Geschichte von Cornelia Geppert auch gewisse Grenzen auf. Nicht immer kann man helfen. Und ganz wichtig ist, wie im echten Leben, sich nicht selbst zu verlieren oder zumindest wieder zu sich selbst zu finden.Und anderen dabei zu helfen, wenn es geht.

Letztendlich sind auch die Monster, die Kay verfolgen und sie aufzuhalten versuchen, wenig überraschend, ein Teil ihrer selbst. Ein Teil, den man immer wieder überwinden muss. Letztlich entwickelt sich Kay so weiter, also ganz wie im echten Leben.

Der Blick ins Innere

Diesmal will ich meine zwei audiovisuellen Kritikpunkte gleich im Vorfeld quitt werden. Das wären einerseits die menschlichen Figuren, die im Laufe des Spiels auftauchen. Verglichen mit dem Rest der Spielwelt und den Monstern fällt deren Look doch deutlich ab, was ich schade fand. Dass sich die Menschen nicht ganz harmonisch in den Rest der Welt integrierten störte mich dabei nicht mal.

Sea of Solitude im Test – in den Sümpfen der TraurigkeitDie andere Seite betrifft die Sprachausgabe. Deutsche Sprecher vertonen das Spiel auf Englisch. Das machen sie zwar durchaus professionell, aber nicht ganz akzentfrei. Auf mich wirkte das leicht unpassend. Vor allem aber hätte ich bei einem deutschen Spiel wirklich gerne eine schöne, deutsche Tonspur gehabt. Es kann gut sein, dass hier das Budget eine bedeutende Rolle spielte, trotzdem finde ich das schade.

Davon ab hatte ich auf meiner Reise mit Kay aber wenig zu meckern. Der riesige Rabe etwa schafft es spielend, seine Emotionen zu vermitteln. Und die Welt, die mal im Wasser versinkt, dann wieder daraus auftaucht, mal im düsteren Grau erstickt und dann in buntem Glanz erstrahlt, konnte mich immer wieder begeistern, manchmal auch bedrücken und immer wieder Emotionen wecken.

Auch der Soundtrack trägt Kays Reise emotional passend, nicht zuletzt wenn er sich auf Klavier und Violine konzentriert.

Fazit:

Sea of Solitude ist nicht frei von Fehlern, allerdings ist in der Hinsicht nichts dabei, über das man nicht mit Leichtigkeit hinweg sehen könnte. Viel wichtiger ist die Frage, ob euch die Geschichte emotional packt und auf Kays Reise mitnimmt oder nicht. Falls ja, dann lohnen die vier bis fünf Stunden Spielzeit für Sea of Solitude bedingungslos.


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