Bierschwindel in Schwerin: Ein Jahr nach dem Aus für die Zweite Schweriner Schlossbrauerei verkauft die Zweigniederlassung der Oettinger Brauerei weiter vier mecklenburgische Biermarken, die nicht mehr in Schwerin gebraut und abgefüllt, aber als Bier der Region angeboten werden. Ohne Hinweis auf den Brau- und Abfüllort werde das Bier inzwischen seit Monaten in Braunschweig hergestellt, bestätigte die Brauerei. “Das ist Verbraucherverdummung”, kritisierte Antje Degner von der Verbraucherzentrale MV das Vorgehen und forderte einen klaren Herkunftsnachweis.
Täuschung im Verkaufsregal: Während die Rostocker, Lübzer und Darguner Brauerei der Region treu bleiben und vor Ort brauen, wirbt die Zweite Schweriner Schlossbrauerei zwar noch immer u. a. für das “Mecklenburger Landbier” mit einem “Qualitätsprodukt der Region” – allerdings aus westdeutscher Produktion. Beim Schweriner Export heißt es: “Originalabfüllung in der Tradition der Region gebraut”. Damit werde Kunden suggeriert, dass sie Produkte aus der Region kauften, kritisieren die Rostocker Verbraucherschützer. Das “Mecklenburger Landbier” komme aber ebenso wie das “Schweriner Pilsner”, “Export” und das “Petermännchen” aus Braunschweig, erklärte Oettinger-Chef Dirk Kollmar. Ein Hinweis auf den tatsächlichen Produktionsstandort sei nicht erforderlich, verteidigte er die unvollständigen Angaben. Die mecklenburgischen Marken seien nur “eine Referenz an die Region”: “Es gibt keinen Grund der Stadt Schwerin die Marke zu nehmen.” Oettinger betreibe in Schwerin aber nur noch ein Auslieferungslager, das einstige Brauereigebäude solle verkauft werden. Dafür gebe es mehrere Interessenten, sagte Kollmar. Oettinger hatte die Brauerei 2011 nach Millioneninvestitionen überraschend geschlossen. Die Brauanlagen seien entgegen ersten Ankündigungen demontiert und an anderen Standorten aufgebaut worden, teilte der Firmenchef mit. Zu Jahresbeginn hatte das Land 1,2 Millionen Euro an Investitionsbeihilfen zurückgefordert. Das Geld sei inzwischen erstattet worden, teilte das Wirtschaftsministerium mit. In den Getränkemärkten wächst indes die Verbraucherkritik an Oettinger, berichten Händler. Die Kunden fühlten sich verschaukelt. Immer mehr würden zu anderen Sorten greifen.
Undurchsichtige Produktkennzeichnung – die Fälle mehren sich in MV: So kann das von der Erzeugergemeinschaft Mecklenburger Ernte Wittenburg verkaufte Obst und Gemüse auch aus Niedersachsen, Polen und Spanien kommen, ermittelte die Verbraucherzentrale. Inzwischen gehören nach Unternehmensangaben auch Erzeuger in Portugal und Rumänien zu den Lieferanten. Auch die Elmenhorster Fruchtsaftgetränke GmbH in Rostock werben zwar mit “Saftige Qualität aus Mecklenburg-Vorpommern”. Die Äpfel des “Elmenhorster” Apfelsaftes stammen aber nach eigenen Angaben nur teilweise von Plantageflächen in Mecklenburg. Der Fisch für die “Rügener Fischsoljanka” sei im Nordwestpazifik gefangen worden, die Herstellung erfolge in Dänemark, ermittelten die Rostocker Verbraucherschützer. Selbst Deutschlands größter Einzelhändler Edeka sorgt für Verwirrung. So meine Edeka Nord mit ihrer Handelsmarke “Heimat” Produkte aus dem gesamten Absatzgebiet – von Emden bis Stralsund.
Die Kunden sind machtlos: Verbraucher könnten die Herkunft von Lebensmitteln häufig nicht erkennen, kritisierte Degner. Aussagen mit Regionalbezug müssten eindeutig und transparent sein, forderte sie. Zwar werben Hersteller und Handel mit der regionalen Herkunft gern für mehr Akzeptanz bei den Kunden. Inzwischen achteten etwa zwei Drittel der Verbraucher beim Lebensmitteleinkauf auf die regionale Herkunft von Produkten, teilte die Verbraucherzentrale mit. Allerdings würden Firmennamen, Marken- und Produktbezeichnungen mit regionalem Bezug nicht zwingend etwas über die Herkunft der Rohstoffe oder den Ort der Produktion aussagen.
Die Oettinger-Brauerei will jetzt reagieren: In den nächsten Wochen solle auf neuen Etiketten auch über den Produktionsstandort informiert werden, sicherte Firmenchef Kollmar zu.
Quelle: SVZ.de
