Schwerer Schlag für Zeitarbeit

Von Stefan Sasse

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Photo: Earls37a

Bei all den guten Nachrichten wegen des Rücktritt Guttenbergs sollte man nicht vergessen, dass das Bundesarbeitsgericht eine letztlich bedeutendere, Strahlkraft entwickelnde Entscheidung gefällt hat: Sämtliche Tarifverträge der Christlichen Zeitarbeitsgewerkschaften (CGZP) sind wirkungslos. Wer jetzt verständnislos den Kopf schüttelt, weil er von diesen Gewerkschaften nie gehört hat, muss nur wenig Asche auf sein Haupt streuen (aber zumindest ein bisschen!). Diese "christlichen" Gewerkschaften machen den Markt seit den Agenda-Reformen unsicher, indem sie mit Arbeitgebern der Zeitarbeitsbranche Tarifverträge abschließen, die deutlich unter denen der "normalen" Gewerkschaften liegen - Stundenlöhne von 5 Euro pro Tarifvertrag sind keine Seltenheit. Machenschaften dieser Scheingewerkschaften, die kaum Mitglieder haben, sind zum ersten Mal beim Streit zwischen PIN und Post zum Tragen gekommen und haben es den Zeitarbeitsfirmen ermöglicht, den equal-pay-Grundsatz weiträumig zu umgehen. Diese Praxis hat das Bundesarbeitsgericht jetzt beendet, indem es den CGZP einfach die Tarifmächtigkeit abgesprochen hat. Diese Entscheidung war überfällig. 

Auf die Zeitarbeitsbranche kommen damit Forderungen in Milliardenhöhe zu, einmal von klagenden Zeitarbeitern (wobei die wohl eher schlechte Karten haben werden), zum anderen aber auch von den Sozialkassen selbst, die Nachforderungen für nicht bezahlte Beiträge ab 2005/6 stellen können. Die meisten Zeitarbeitsfirmen werden kaum in der Lage sein, diese Forderungen zu erfüllen und deswegen Konkurs anmelden müssen. Überleben werden das nur wenige, es steht also zu hoffen, dass Wolfgang Clement sich bald einen neuen Job suchen muss. Wenn noch Zeitarbeitsfirmen danach am Markt bestehen, werden diese nicht mehr auf dem Geschäftsmodell arbeiten können, den Staat und die Arbeiter um Milliarden zu betrügen, sondern tatsächlich nur noch für Auftragsspitzen Arbeiter anbieten können. Wenn die Regierung nicht neue Gesetze erlässt, die den Zeitarbeitsfirmen doch neue Auswege ermöglichen, dürften zumindest die schlimmsten Auswüchse dieser Branche passé sein. 

Was allerdings wirklich schlimm daran ist: Es war wieder einmal die demokratisch nicht legitimierte Justiz, die eine Entscheidung zum Wohle der Allgemeinheit gegen die Interessen einiger weniger hat treffen müssen. Das Einfallstor für diesen großangelegten Betrug der Gesellschaft hat Rot-Grün eröffnet, indem es die Zeitarbeitsfirmen mit äußerst großzügigen Rahmenbedingungen arbeiten ließ und nichts gegen die Auswüchse unternahm (dass die CGZP keine Tarifmacht hat, war bereits Jahre bekannt). In der Großen Koalition tat die SPD immer noch nichts gegen die mittlerweile deutlich erkennbaren Probleme, die die Zeitarbeit schuf (Verdrängung regulärer Arbeit, Aushöhlung der Sozialsysteme durch Beitragsumgehung). Und seit Schwarz-Gelb am Ruder ist, tut sich auf diesem Feld ohnehin nichts. Wie lange soll es noch so weitergehen, dass die obersten Gerichte - allen voran das Bundesverfassungsgericht - in Deutschland den Job machen, den eigentlich das Parlament hat? Wann endlich kommt eine neue Generation Politiker, die neue Visionen für eine deutsche Gesellschaft des 21. Jahrhunderts hat? Die aktuelle hat offensichtlich abgewirtschaftet.


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