Der schulische Informationsanlass, den Karlsson und ich heute gemeinsam besuchten, war erstens erstaunlich früh fertig und bot zweitens ziemlich viel Gesprächsstoff. Also beschlossen wir, uns in einem Strassencafé in Ruhe über das Gehörte zu unterhalten. Da mein bevorzugtes Café mal wieder bis auf den letzten Platz besetzt war, liessen wir uns ein paar Schritte weiter vorne nieder. Dort anwesend: Eine Handvoll Gäste, die meisten bereits satt und nur noch am Austrinken, eine Kellnerin, ein Kellner (vermutlich der Chef) und später ein weiterer Kellner.
20:30 Da sitzen wir also, Karlsson und ich. Kellnerin und Chef registrieren zwar unsere Anwesenheit, machen aber keine Anstalten, uns zu grüssen oder gar nach unseren Wünschen zu fragen.
20:35 Wir werden noch immer ignoriert.
20:40 Die Kellnerin nähert sich allmählich unserem Tisch.
20:42 Die Kellnerin wischt den Tisch zu unserer Rechten, grüsst uns knapp.
20:43 Die Kellnerin starrt mich erwartungsvoll an.
20:44 „Essen Sie, oder wollen sie nur etwas trinken?“, fragt die Kellnerin jetzt endlich. „Nur etwas trinken und vielleicht ein Dessert für meinen Sohn“, antworte ich.“ Der Chef, der offenbar mitgehört hat, obschon er so getan hat, als ignoriere er uns weiterhin, eilt sofort zu unserem Tisch und überreicht mir die Dessertkarte.
20:46 Karlsson und ich wären jetzt bereit, etwas zu bestellen, aber man ignoriert uns wieder.
20:50 Wir werden weiterhin ignoriert.
20:55 Die Kellnerin macht sich jetzt am Tisch zu unserer Linken zu schaffen, lächelt mir kurz zu und ich denke schon, sie werde gleich kommen, um die Bestellung aufzunehmen.
20:56 Die Kellnerin verschwindet im Lokal. Ohne unsere Bestellung, natürlich.
21:00 Karlsson und ich überlegen, ob wir gehen sollen. „Jetzt kommt sie dann gleich mit ihren Gläsern vorbei“, sage ich. „Wenn sie uns diesmal wieder ignoriert, sind wir weg.“
21:01 Plötzlich viel Action. Die Kellnerin wetzt an unserem Tisch vorbei und verschwindet wieder im Lokal. „Gehen wir“, sagt Karlsson, doch wie aus dem Nichts erscheint plötzlich der dritte Kellner neben unserem Tisch. Ob wir schon bedient würden? Nicht? Na, zum Glück sei jetzt gerade seine Pause vorbei. Wir können also endlich unsere Wünsche anbringen. Kaum ist er weg, kommt der Chef. Ob wir schon bestellt hätten? Er geht, die Kellnerin kommt, auf dem Tablett zwei Tassen Kaffee. „Wie, die sind nicht für Sie?“ Ganz bestimmt nicht. Wo sie uns doch gar nie die Chance gegeben hat, etwas bei ihr zu bestellen.
21:05 An unserem Tisch ist wieder Ruhe eingekehrt, Karlsson und ich warten.
21:15 Karlsson bekommt seinen alkoholfreien Drink, ich meinen Milchkaffee. „Wie gewünscht ungesüsst“, säuselt der Kellner und legt mir zwei Beutelchen Zucker neben die Tasse. Der Kaffee ist lauwarm, aber das erfährt nur Karlsson, denn ich rechne nicht damit, noch einmal die Aufmerksamkeit des Personals zu bekommen, ehe das Gebräu gänzlich erkaltet ist.
21:25 Meine Tasse ist leer, Karlssons Glas ist halbleer (An diesem Ort kann man nun wirklich nicht Optimist genug sein, um es halbvoll zu nennen). Karlssons Dessert wird serviert. Sieht nicht sehr gefroren aus, das Eis.
21:40 Zeit, nach Hause zu gehen. Zum ersten Mal an diesem Abend müssen wir uns nicht um die Aufmerksamkeit des Personals bemühen. Ich glaube, der Kellner hatte sein Portemonnaie schon offen, bevor ich meines überhaupt aus der Tasche hervorgekramt hatte. Dabei wäre doch jetzt ein Bekannter zu uns gestossen, mit dem wir uns so nett unterhalten, dass wir ganz gut noch eine Weile auf die Rechnung warten könnten.