Die "Markenpost" ist für mich eine einigermaßen obskure Webseite. Sie gibt auch keine Quelle für ihren Artikel "Neuer Hilferuf aus Athen: Euro-Krise lässt Staatseinnahmen einbrechen" vom 21.08.2011 an. Trotzdem bin ich sicher, dass es sich um einen Agenturbericht handelt (vermutlich von der dpa), oder um eine Kompilation solcher Berichte. Denn er allergrößte Teil der Meldung, über den Brandbrief des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos an den Vorsitzenden der Eurozone, Jean-Claude Juncker, an Währungskommissar Olli Rehn und an EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, war auch in anderen Medien zu lesen. Nicht aber der Inhalt des nachfolgenden Absatzes; den haben unsere großen Medien total unterschlagen:
"Griechischen Medien zufolge sollen zudem zehntausende Bürger und Unternehmen fällige Steuerzahlungen verweigern. Für viele Griechen geht es um die nackte Existenz und da hat der Steuerbescheid keine Priorität. Die Konten sind schon lange leer, nicht jedoch verkonsumiert oder investiert, sondern ins vermeintlich sichere Ausland transferiert. In erster Linie werden Gelder nach Zypern und in die Schweiz überwiesen, da die Griechen ihren heimischen Banken seit Beginn der Krise misstrauen. Sofort nach Geldeingang wird das Guthaben abgehoben oder – über Bekannte und Verwandte – auf ausländische Konten transferiert, um es vor einer Bankenpleite und staatlichem Zugriff in Sicherheit zu bringen. Finanzexperten schätzen, dass rund 100 Milliarden Euro in den letzten Monaten das Land verlassen haben. Für das Finanzamt bleiben meist nur noch geplünderte Konten übrig. Je mehr der Staat spare, desto populärer wird die Steuerhinterziehung und das in einem Land, das ohnehin über eine laxe Steuermoral klagt."
Ach wie gut, dass keiner weiß, was "Hilfe für Athen" wirklich heißt:
Deutsche Steuergelder fließen zu Gunsten griechischer Steuerhinterzieher!
Ganz beiläufig erfuhr die Öffentlichkeit in dem Focus-Artikel "Kampf um mehr StaatseinnahmenGriechenland plant Pranger für Steuersünder" vom 12.08.2011, was ich schon immer vermutet (und auch mehrfach gesagt) hatte (meine Hervorhebungen):
"Wie die Commerzbank berichtet, stieg die Verschuldung im Juli weiter. In den ersten sieben Monaten des Jahres machte Griechenland insgesamt 15,5 Milliarden Euro neue Schulden. Das sind drei Milliarden Euro mehr als im Vorjahreszeitraum. Das größte Problem sei die Einnahmenseite, schreibt die Commerzbank: „Obwohl zahlreiche Steuern und Abgaben erhöht wurden, lagen die Einnahmen 6,4 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres.“ Das läge nicht nur an der Rezession, sondern auch daran, dass die Regierung Schwierigkeiten habe, die Steuern einzutreiben." Außer bei Focus hat fast keine andere deutsche Webseite, und keines der "großen" Medien, darüber berichtet.
(Auf der Commerzbank-Webseite selbst kann ich den fraglichen Bericht nicht finden; es dürfte sich um ein kostenpflichtiges Produkt der volkswirtschaftlichen Abteilung "Commerzbank Research" handeln.
Ein weiteres wichtiges Informations-Bröckchen, ebenfalls von der Commerzbank, hat in den Focus-Artikel "Schuldenkrise. Es geht noch schlimmer in Griechenland" vom 12.08.2011 Eingang gefunden (meine Hervorhebung):
"Wie die Commerzbank berichtet, stieg die Verschuldung im Juli weiter. In den ersten sieben Monaten des Jahres machte Griechenland insgesamt 15,5 Milliarden Euro neue Schulden. Das sind drei Milliarden Euro mehr als im Vorjahreszeitraum. Das größte Problem sei die Einnahmenseite, schreibt die Commerzbank: „Obwohl zahlreiche Steuern und Abgaben erhöht wurden, lagen die Einnahmen 6,4 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres.“ Das läge nicht nur an der Rezession, sondern auch daran, dass die Regierung Schwierigkeiten habe, die Steuern einzutreiben. [Diese o. a. Info war also schon älter; der Focus hat sie am 30.08.11 lediglich "recycled".] Die Ausgaben scheint die Regierung dagegen unter Kontrolle zu haben. Mit einer Summe von 40,9 Milliarden Euro lagen sie etwa auf Plan. Jedoch sei zu vermuten, schreibt die Commerzbank, „dass angesichts der hinter den Erwartungen gebliebenen Einnahmen viele Ausgaben aufgeschoben wurden“. Dieses Phänomen sei auch schon 2010 zu beobachten gewesen."
Die von mir gefetteten Sätze enthalten gleich -2- außerordentlich wichtige Informationen zur Griechenland-Krise:
- Die Werte, die für die angeblichen griechischen Einsparungen in 2010 im Vergleich zu den Ausgaben in 2009 genannt werden, sind überhöht: die Griechen haben (wie ich das ebenfalls schon vermutet und irgendwo auch geäußert hatte) die Zahlen geschönt, indem sie im Jahr 2010 einfach ihre "Lieferantenschulden" erhöht haben, d. h. sie haben Rechnungen nicht bezahlt. Möglich, dass die Erhöhung der Ausgaben jetzt teilweise auch darauf zurück zu führen ist. Die Öffentlichkeit wurde jedenfalls über den Umfang der angeblichen griechischen Sparanstrengungen im Vorjahr getäuscht.
- Auch in diesem Jahr hat die griechische Regierung nach Meinung der Commerzbank die Ausgaben geschönt, indem sie wiederum Verbindlichkeiten (z. B. an deutsche Pharmafirmen!) einfach nicht bezahlt. Die tatsächlichen Ausgaben im Vergleich zu 2010 haben sich also weit mehr erhöht, als die offiziellen Zahlen ausweisen; damit ist auch das Minus im Staatshaushalt, das die anderen europäischen Steuerzahler abdecken sollen und tatsächlich auch abdecken, über die offiziellen Werte hinaus angestiegen.
Der Hamburger Wirtschaftswissenschaftler Thomas Straubhaar, ein Eurobondit erster Güte ("Die Regierungen der Euro-Länder mit Deutschland und Frankreich an der Spitze müssen klarmachen, dass sie mit allen Mitteln bereit sind, die Pleite eines Mitgliedstaats zu verhindern", sagt der Hamburger Ökonom Thomas Straubhaar. Dazu müsse der bisher auf 440 Milliarden Euro Kreditgarantien limitierte Rettungsschirm unbegrenzt erweitert werden.") triumphiert jetzt - und warnt zugleich (meine Hervorhebungen):
"Die Regierungen der Euro-Staaten haben nach Auffassung des Hamburger Wirtschaftswissenschaftlers Thomas Straubhaar den Einstieg in eine europäische Haftungsgemeinschaft besiegelt. "Was beschlossen wurde, ist der Einstieg in eine Haftungsgemeinschaft der Euro-Länder. Die Schulden eines einzelnen Landes werden damit im Notfall zu Schulden aller Länder", sagte Straubhaar der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagsausgabe). "Indem der Rettungsschirm EFSF das Recht erhält, Anleihen einzelner, bedrohter Euro-Staaten am Markt aufzukaufen, wird das Risiko der Verschuldung dieser Staaten vergemeinschaftet und zwar nicht ausnahmsweise, sondern künftig immer wieder", sagte der Chef des Hamburger Wirtschaftsforschungsinstituts HWWI. Die Erweiterung der Rechte des EFSF sei für die Währungsunion von entscheidender Bedeutung: "Es ist nun ein für allemal klar, dass, wenn ein Land bedroht ist, die Euro-Gemeinschaft für es eintritt. Das entzieht der Spekulation gegen den Euro den Boden." Auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dürften jedoch noch "grausam harte Zeiten" zukommen, weil die Haftungsgemeinschaft in Deutschland mehrheitlich abgelehnt werde. "Ihr wird der Wind mächtig entgegen blasen, wenn die Menschen erst richtig verstanden haben, was hier beschlossen wurde", sagte der Schweizer Ökonom."
Mit anderen Worten: Wir sind zu blöd, um was zu merken; das böse Erwachen kommt erst hinterher. Und dringende Warnung der Bundesbank, deren Fachleute sehr wohl gemerkt haben, wohin der Hase läuft, wurde von der Regierung erfolgreich übertönt.
Das österreichische Boulevardblatt "Krone" brachte am 28.08.2011 eine Nachricht, die in den deutschen Medien ebenfalls unterschlagen wurde: "Griechen kommen bei ihrer Sanierung nicht vom Fleck".
"Griechenland kommt bei seinem Sanierungsprogramm nicht richtig vom Fleck. Die konservative Athener Zeitung "Kathimerini" und das regierungsnahe Sonntagsblatt "To Vima" berichteten am Sonntag übereinstimmend, erste Prüfungen seien nicht befriedigend ausgefallen. Bis Anfang September untersuchen EU, IWF und EZB die jüngsten Sparbemühungen der Griechen. Erst danach kann die nächste Tranche der Hilfe in Höhe von acht Milliarden Euro ausgezahlt werden."
Auch der Neuen Zürcher Zeitung vom gleichen Tag war der Sachverhalt eine Schlagzeile wert: "Neue Verzögerungen bei Griechenlands Sanierung". In Deutschland wurde die Meldung, wenn überhaupt veröffentlicht, dann in anderen Artikeln versteckt, wie etwa bei der WELT und bei SpiegelOnline.
Bei uns kann man zwar in der BILD-Zeitung am 17.08.11 lesen: "So dreist betrügen Griechen den Fiskus". Der Artikelinhalt aber beschränkt sich auf aufgedeckte Fälle und erweckt den Eindruck, dass die Regierung nun erfolgreich gegen die Steuerhinterziehung vorgehe. Ganz anders liest sich das wiederum bei der österreichischen "Krone" in dem Bericht "Wie in Griechenland die Steuern hinterzogen werden" vom 29.08.11:
"Ich war dort eine Woche auf Urlaub. Für das Hotel – keine Rechnung, im Restaurant – keine Rechnung, ebenso bei Taxifahrten oder wenn man sich ein Surfbrett leiht. Verlangt man eine Rechnung, dann bekommt man einen Zettel mit unverbindlichem Geschreibsel – es ist ein wenig abenteuerlich", berichtete ..... Thomas Schmid [Pressesprecher des österreichischen Vizekanzlers Michael Spindelegger] der "Krone". ..... Die Griechen zeigen der Finanz in zunehmendem Ausmaß die lange Nase. Dazu der [österreichische] Vizekanzler im "Krone"-Gespräch: "Das bestätigt nur, dass wir zu Recht über die Situation in Griechenland sehr besorgt sind. Wir sehen leider keine Anzeichen dafür, dass man dort die Lektionen gelernt hat, und es darf mit dem Schlendrian so nicht weitergehen. Dafür gibt es kein Verständnis und kein Pardon. Wenn es neue Mittel für Griechenland gibt, dann muss eine begleitende Kontrolle kommen, und wenn es notwendig ist, wird man die Zufuhr von Geld stoppen und sperren."
Kontrollen werden auch tatsächlich vorgetäuscht; im gleichen Bericht heißt es nämlich:
"In den kommenden Tagen werden nun auch die führenden Beamten von EU, IWF und EZB in Athen erwartet. Von ihren Feststellungen hängt ab, ob Griechenland die nächste Tranche der Hilfe in Höhe von acht Milliarden Euro bekommt. Das Ergebnis ihrer Kontrollen wollen die Experten den Finanzministern der Eurogruppe und der EU voraussichtlich Mitte September vorlegen."Aber was immer dabei herauskommt: die Öffentlichkeit wird ohnehin nur einen redigierten, also geschönten, Bericht sehen, und gezahlt wird so oder so, egal in welchem Umfang die Griechen Steuern hinterziehen und damit selbst an ihrer Misere Schuld sind.
Belogen werden wir nicht nur über die Lage in Griechenland, sondern ebenso über Portugal. Die Wahrheit erfährt man in dem Bericht "Economics aktuell. Schuldenmonitor-Update: Portugal tritt auf der Stelle" von Commerzbank Research vom 23.08.2011 (meine Hervorhebungen):
"In ihrem ersten Fortschrittsbericht haben IWF und EU-Kommission festgestellt, dass Portugal bei der Haushaltskonsolidierung auf gutem Weg ist. Dabei war wohl auch etwas Wunschdenken*. Die bis Juli vorliegenden Haushaltsdaten zeigen, dass Portugal Gefahr läuft, sein Defizitziel 2011 zu verfehlen. Dies gilt umso mehr, als in den vergangenen Monaten keine weiteren Fortschritte erzielt wurden. Im Juli hat der Staat zwar 0,8 Mrd Euro weniger ausgegeben als im Juli 2011. Doch diese Ausgabenkürzungen haben noch nicht einmal ausgereicht, um den Rückgang der Einnahmen von 0,9 Mrd Euro auszugleichen."
* "Wunschdenken" ist ein hübscher Euphemismus für die vorsätzliche Täuschung der europäischen Steuerzahler!
Daran, wie es in Wahrheit um die "Erfolge" der griechischen Regierung beim Kampf gegen die Steuerhinterziehung bestellt ist, erinnerte der Focus am 30.08.11 noch einmal in seinem Bericht "Kampf um mehr StaatseinnahmenGriechenland plant Pranger für Steuersünder":
"Der griechische Premierminister Giorgos Papandreou kündigte im Juli an, Steuern auch mit Hilfe privater Firmen eintreiben zu wollen. „Es gibt in Griechenland 14 000 Menschen, die dem Staat zusammen rund 36 Milliarden Euro an Steuern schulden“, sagte Papandreou. Privatfirmen sollten sich darum kümmern, „denn wir haben den Eindruck, dass der Verwaltungsapparat das nicht kann und sich bei dieser Aufgabe nicht sehr wirkungsvoll gezeigt hat“. Der räumte die Notwendigkeit grundlegender Verwaltungsreformen und ein „großes Problem mit der Gerichtsbarkeit“ in Griechenland ein. Steuerschuldnern würden oft jahrelange Übergangszeiten gewährt."