Schwarmorganisation

Von Julius Hensel

von Michael Winkler

danke an Thomas

Bestimme ich die Stärken meines Feindes,
während meine Gestalt nicht wahrnehmbar erscheint,
so kann ich meine Stärke konzentrieren,
während der Feind unvollständig ist.
Der Höhepunkt militärischer Entfaltung findet sich im Formlosen.
Weiset keine Form auf,
und sogar der sinnestiefste Spion suchet Euch vergebens,
und der Weise kann keine Pläne gegen Euch schmieden.

Sun Tzu, “Die Kunst des Krieges”

Wer vor 90 Jahren ein paar demokratische Korrekturen am Staatsgefüge vornehmen wollte, wie damals die Herren Ernst Thälmann oder Adolf Hitler, der benötigte eine Organisation. Viele Leute, ob nun unter dem Namen Partei oder Bewegung, mußten sich zusammentun. Nur so konnte man eine eigene Zeitung herausgeben – das damals übliche Propagandamedium. Man benötigte Leute, um Plakate zu kleben und auf den Straßen zu demonstrieren. Und für den Fall, daß die Demokratie ein wenig direkter ausgeübt werden sollte, benötigte man ein paar Schlägertrupps und ein paar Waffenlager.

Solche Organisationen besaßen Parteifahnen und heroische Kampflieder, es gab eindrucksvolle Posten, wie Vorsitzender, Mitglied des Politbüros, Generalsekretär oder Ortsgruppenleiter. Ab einer gewissen Größe nährte die Partei ihren Mann, zumindest den an der Spitze. Der große Vorsitzende verfügte über Sekretärinnen und Dienstwagen, aus Auftritten im Hinterzimmer wurden Kundgebungen vor Zehntausenden.

So eine Organisation ist ein wunderbarer Dinosaurier. Sie hat ein bißchen Hirn, weil außer dem großen Vorsitzenden niemand zu denken, sondern nur zu gehorchen hat. Ehrliche Beitragszahler bilden das stützende Skelett, Kämpfer und Plakatekleber, die “Aktivisten”, stellen die Muskeln und die immer zahlreicher werdenden Funktionäre einen wunderbaren Verdauungstrakt. Begonnen haben solche Parteien oft als kleine, hochmobile, flinke Raubtiere, im Endstadium sind daraus große, plumpe, schwerfällige und zahnlose Pflanzenfresser geworden, so wie die CDU, die kaum noch ihr eigenes Gewicht fortschleppen kann.

Natürlich kann man auch heute noch Dino-Eier ausbrüten, Parteien und Bewegungen gründen. Es macht richtig Spaß, das Spiel der Demokraten zu spielen, nach den Regeln der Demokraten, unter Aufsicht der Demokraten. Laufen Sie als katzengroßer Dinosaurier in einer Herde 60-Tonner mit, suchen Sie am Boden zwischen den Exkrementen Ihr Futter und passen Sie auf, daß Sie nicht aus Versehen totgetreten werden. Oder setzen Sie sich mit einer 1.000-Euro-Börse an einen Pokertisch ohne Limit, an dem die anderen Mitspieler allesamt Millionenzocker sind. Ihr Royal Flush nutzt Ihnen nichts, wenn der Mitspieler ganz gelassen sagt: Ihre Tausend und noch mal Tausend!

In den deutschen Jagdvorschriften werden Sie vergeblich nach einem waidgerechten Kaliber und entsprechender Munition für die Jagd auf 60-Tonnen-Saurier suchen, doch 20mm Treibspiegel sollten ausreichen. Notfalls werden eben abwechselnd Treibspiegel- und Sprengmunition gegurtet. Jedenfalls reicht ein genügend großer Hammer, um so ein Tierchen plattzuschlagen. Und solange der Dinosaurier noch ganz klein ist, genügt sogar derjenige aus Ihrem Werkzeugkasten.

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