Sex während der Schwangerschaft ist nur bei Komplikationen tabu
Wenn Sie schwanger sind und sich fragen, ob Sie sich nicht besser Ihrem Ungeborenen zuliebe in Enthaltsamkeit üben sollten – wir haben gute Nachrichten für Sie! Bei einem komplikationsfreien Schwangerschaftsverlauf spricht nichts dagegen, die Augenblicke der Zweisamkeit zu genießen.
Obwohl wir in einer sich stetig entwickelnden liberalen und modernen Gesellschaft leben, bestehen bestimmte alte Vorstellungen trotz des Wandels über die Zeit hinweg. Dazu zählt der Mythos Sex in der Schwangerschaft sei gefährlich. Aus wissenschaftlicher Sicht kann das nicht bestätigt werden. Im Gegenteil – eine gute und gesunde Paarbeziehung
lebt auch in dieser aufregenden Lebensphase von ihren intimen Momenten. Tatsächlich kann sich das schwangerschaftsbedingte neue Körpergefühl der Frau auf ihr Lustempfinden auswirken – in den meisten Fällen handelt es sich hierbei jedoch um eine positive und lustvolle Entwicklung.
Neues Körpergefühl, neues Lustempfinden
Eine Folge der Schwangerschaft ist die erhöhte Hormonproduktion, wodurch sich bei vielen Frauen die subjektive Körperwahrnehmung und das körperliche Verlangen verändern. Insgesamt wird der Beckenbereich nun viel stärker durchblutet. Auch der weibliche Schwellkörper (Klitoris) sowie die Vagina sind davon betroffen und dadurch empfindlicher für Reize, sodass viele Frauen davon berichten, leichter zum Orgasmus zu kommen.
Diese Entwicklung macht sich jedoch meist erst im zweiten Trimenon bemerkbar. Im ersten Schwangerschaftsdrittel kann es dagegen durchaus sein, dass die morgendliche Übelkeit und die Mattigkeit Lustgefühle gar nicht erst aufkommen lassen. Wenn Sie also gerade mit diesen typischen Schwangerschaftsbeschwerden kämpfen haben Sie etwas, worauf sich freuen können!
Mit dem Partner reden, sich ärztlich aufklären lassen
Dass man – gerade in der ersten Schwangerschaft – sich auch beim Thema Sex Gedanken im Hinblick auf das Wohl des Ungeborenen macht, ist verständlich und richtig. Können der Orgasmus oder das Wehen fördernde im Sperma enthaltene Hormon Prostaglandin den Geburtsvorgang auslösen? Kann es durch den Sex zu einer Infektion kommen? Solche und andere Fragen beschäftigen werdende Eltern.
Hier hilft es, miteinander und ggf. mit den Ärzten offen über die eigenen Zweifel zu sprechen, denn Aufklärung schafft Sicherheit. Das Kind ist im Mutterleib von Fruchtwasser und Fruchtblase umgeben sowie zusätzlich durch die Gebärmutterwand geschützt. Auch wenn wissenschaftlich bisher nicht untersucht werden konnte, wie das Ungeborene die Erschütterungen beim Geschlechtsverkehr und Orgasmus empfindet, so ist dennoch davon auszugehen, dass die Glücksgefühle der Eltern auch dem Baby gut tun.
Das Wehen fördernde Prostaglandin ist im Ejakulat in solch geringen Mengen vorhanden, dass es bei einer komplikationsfreien Schwangerschaft keine Wirkung zeigt. Wenn die Geburt aber bereits kurz bevorsteht und das Baby auf sich warten lässt, kann das Liebesspiel in der Tat zu einer Verkürzung der Wartezeit beitragen!
(Intim-)Hygiene beider Partner sollte auch in dieser Lebensphase eine Selbstverständlichkeit sein. Dennoch gilt auch hier: Zuviel des Guten sollte es nicht sein. Bei der Frau sollte die Intimhygiene während der Schwangerschaft optimaler Weise nur mit Wasser durchgeführt werden, um die Scheidenflora nicht zu beeinträchtigen; der Partner sollte den Intimbereich mit Seife reinigen – auch unter der Vorhaut.
Wann ist Sex während der Schwangerschaft in der Tat schädlich?
Generell sollten Sie Vorsicht walten lassen, wenn Sie z.B. vorzeitige Wehen, Infektionen oder Blutungen haben bzw. bereits Fehl- oder Frühgeburten hatten. Bei jeglichen Komplikationen sollten Sie immer ärztlichen Rat einholen, ob es in dem Fall dementsprechend eventuell Einschränkungen für Ihre Sexualität gibt.
Es lassen sich beim Umgang mit Schwangerschaft und Sexualität keine allgemeingültigen Ratschläge geben. Die Einstellung der beiden Partner, ihr Lustempfinden und der Verlauf der Schwangerschaft sind im Individualfall entscheidend. Diese Zeit kann auch in sexueller Hinsicht für jede Partnerschaft eine aufregende und bereichernde Erfahrung sein.
Autoren: Martin Robeck, Katarzyna Zajchowska
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