Schwanger mit Mitte Vierzig

Von Berlinerbande @berlinerbande

„Schwanger mit Mitte Vierzig“ – ein Thema, dass mich in den letzten Tagen sehr bewegt hat, über das ich Einiges gelesen habe und dem ich mich nicht entziehen kann und will. Schwanger werden wollen oder nicht. Die Gedanken daran haben sich bei mir in den letzten Jahren sehr verändert…

Vor dem Zwanzigsten

So lange her… Und doch erinnere ich mich genau: wir waren 17 und träumten von einer gemeinsamen Zukunft. Und Kindern. René und ich waren uns damals schon einig: drei Kinder sollten es werden. In dem Alter erscheint dir alles möglich und kein Hindernis unüberwindbar. Das Kinder auch anstrengend sein können, du dein Leben komplett umstellen musst: alles kein Thema für uns. So dachten wir damals. Der Traum von unserer Großfamilie hatte sich jedoch leider dann doch nach knapp drei Jahren ausgeträumt und wir gingen getrennte Wege. Ohne gemeinsame Kinder.

Mitte Zwanzig

Mit Mitte Zwanzig hatte ich zwei Fehlgeburten und eine normale Geburt hinter mir. War glücklich mit meiner Tochter und jederzeit bereit für weitere Kinder. Doch die Angst vor einem erneuten Abbruch war enorm. Dass ich dann 2002 noch einmal mit Zwillingen schwanger wurde, kam sicher daher, dass ich nicht „bewußt“ schwanger werden wollte. Leider verstarben aber auch die beiden Mädchen in der 16. SSW

Mitte Dreißig

Als ich Stephan Anfang 2008 nach meiner Trennung vom Kindsvater kennenlernte, war da sehr schnell der Wunsch nach einem zweiten Kind. Michelle war mit 9 Jahren in einem tollen Alter. Und ich selbst traute mir durchaus zu, mit Mitte Dreißig aktiv genug für einen kleinen Wurm zu sein.

Nun ja: es hat nicht sollen sein. Denn wie sich herausstellte, konnte er durch einige Vorfälle aus seiner Jugendzeit keine Kinder zeugen. Auch gut. Wenn man sich an den Gedanken gewöhnt hat, ist es ok. Da nicht änderbar. Dann war es das eben mit dem Kindersegen. Mann bzw. Frau gewöhnt sich an den Gedanken und erfreut sich an dem Kind, dass da und gesund ist.

Mitte Vierzig

Und nun? Mit Mitte Vierzig? Noch einmal auf Anfang gespult: nach Stephan´s Tod fanden René und ich wieder zusammen. Auch das Thema Kinder kam auf während wir in Erinnerungen schwelgten. Doch wir waren uns schnell einig: „Jetzt bitte nicht mehr!“

Wenn ich bedenke, dass das Kind noch einmal ca. 20 Jahre mit uns lebt. Wir uns darauf einstellen, unser Leben komplett umstellen würden. Und dann ist da ja auch noch die Sache, dass man nicht jünger wird. Es ist, wie es ist: ein Klein(st)kind ist durchaus körperlich anstregend für die Eltern. Klar hat die Mutter einen hormonellen Vorteil. Doch der hält ja nicht für ewig. Wie gesagt, wir waren uns einig: „Kein Kind mehr.“.

Und dann plötzlich schwanger…

Eigentlich hätte ich es wissen müssen: dieses Ziehen im Unterleib über eine längere Zeit, die morgenliche leichte Übelkeit etc. Aber ich habe den Gedanken einfach nicht zugelassen. Und fiel dann fast vom Stuhl, als der Arzt den unerwünschten Satz: „Sie sind schwanger!“ aussprach. Unerwünscht, da wir doch keine Kinder mehr wollten. Meine spontanen Tränen entsprachen dem, was ich fühlte: „Das darf nicht wahr sein! Ich will das nicht! Wir wollten das nicht“.

So wirklich Zeit, darüber nachzudenken hatte ich allerdings nicht, denn der Doc kam gleich mit dem nächsten Schock: „Das Kind lebt aber nicht mehr.“  Wie sich herausstellte, war ich bereits 11 Wochen schwanger, das Kind aber nach der 6 SSW verstorben.

Nun fehlte nur noch die OP und der Rückgang der Schwangerschaftshormone und alles wäre wie vor dem Arztbesuch. Bis auf die Gedanken an das Baby…

Erleichterung?

Eigentlich hätte ich nur erleichtert sein müssen. War aber nicht der Fall. Auch, wenn „unpassend“ und „unerwünscht“ – dies war unser Kind da in meinem Bauch und es lebte nicht mehr. Die Gedanken daran nahmen mir den Atem, die Möglichkeit zu denken. Da war – ist – nur Trauer in mir.

Wie oft hatten wir rein theoretisch darüber gesprochen und so nebenbei gesagt: „Wenn es passiert, lassen wir es wegmachen.“. Niemals hätte ich das gekonnt. Das weiß ich heute. René ist auch nicht der Typ Mann, der mich in irgendeiner Form dazu gezwungen oder überredet hätte. Und hätte ich mich spontan dafür entschieden – ich hätte es für immer bereut. Ohne Ende. Was kann denn schließlich der kleine Wurm dafür, dass er uns gerade nicht ins Konzept passt?

Ich weiß, dass die natürliche Entscheidung, die hier gefällt wurde, die Beste für uns ist. Und doch kommt immer wieder die Frage: „Warum bekam ich dich erst geschenkt und dann gleich wieder weggenommen?“. Diese kann mir niemand beantworten. Ich weiß. Es ist wie es ist. Ist ja nicht mal so, dass ich das erste Mal ein Kind verloren habe. Aber das erste Mal, dass der Vater auch Trauer gezeigt hat. Und sich Sorgen um mich und mein Seelenheil macht. Das ist wunderschön und hilft so sehr…

Erneuter Versuch?

Einen erneuten Versuch wird es bei uns nicht geben. Ab sofort passen wir doppelt und dreifach auf.

Es gibt durchaus Frauen, die sich mit Mitte Vierzig bewußt für ein Kind entscheiden. Ich nicht. So sehr ich auch daran glaube, dass René ein toller Papa und Michelle eine wunderbare große Schwester wäre: nein (!)…