auch wenn ich mich hier bereits als null-fan des deutschen zwangsblattes ärzteblatt geoutet habe, finden sich doch vereinzelt nette polemiken oder auch nüchterne statements, so in der aktuellsten ausgabe zum thema naturheilkundliche verfahren und klassische schulmedizin. für jeden hier nachzulesen. was mir gefällt: die autorin sucht das problem zu recht auch in der schulmedizin.
es macht wenig sinn, die naturheilkundler alle zu verteufeln oder stets auf dem fehlenden wissenschaftlichen nachweis ihrer methoden rumzureiten – wie ich das auch hier gerne und immer tue
völlig richtig und im lownschen sinne für jeden arzt erstrebenswert. aber nur, wem es gelingt, sich in unserem gesundheitssystem freizuschwimmen, möglichst wirtschaftlich so gut aufzustellen, dass er sich auch erlauben kann, wieder dreiviertelstundengespräche mit seinem patienten zu führen (also einen finanzstützenden ausreichend hohen privatanteil zu aquirieren, also auch evtl. einen kollegen zu haben oder anzustellen, der die „einfachen“ tagesgeschäfte erledigt, damit man sich ausführlicher den problemfällen widmen kann, also auch ein flexibles bestellsystem zu haben, dass einem eine solche freiheit auch „zwischenrein“ mal ermöglicht) – dem wird die umsetzung dieses hehren ziels gelingen.
der naturheilkundler, aus welcher ecke er auch kommen mag, lässt sich privat bezahlen – und erlaubt sich dadurch auch, zeit zu nehmen. unser abrechnungssystem kennt keine ziffern wie „gesprächsführung à 20 min“ oder „anamneseerhebung minimum 30 min“ oder ähnliches. auch die heroischen primärarzt/hausarzt-verträge kennen diese ziffern nicht., sondern nu noch pauschalen: kohle pro patient. fertig. noch immer wird nur über die masse abgerechnet: drehst du das hamsterrad, hast du ausreichend „scheine“ im quartal, kommst du über die runden.
ein schöner artikel. wie üblich gipfelt auch dieser artikel im letzten absatz – er sei hier zitiert:
„Vor allem scheint eine Versachlichung der Diskussion dringend geboten: eine Entmystifizierung von Homöopathie und Naturheilkunde auf der einen und eine Entglorifizierung der Schulmedizin auf der anderen Seite. Auch seitens der Patientenschaft ist ein Sinneswandel mehr als nötig: Übertriebene Heilserwartungen sind in einer von politischer Aufklärung und technischem Fortschritt geprägten Epoche wie der unsrigen alles andere als zeitgemäß – der Messias wird uns weder im Arztkittel noch birkenstockbesohlt im bunten Wallawalla-Gewand erscheinen.
Es stünde der Schulmedizin sehr gut zu Gesicht, das eigene Profil zu schärfen, die Erfolge nach wissenschaftlichen Kriterien entwickelter evidenzbasierter Therapien allgemein verständlich und öffentlich zu machen, und nicht zuletzt die Fragwürdigkeit eines undifferenzierten Schwarz-Weiß-Denkens aufzuzeigen. Als erster Denkanstoß reicht vielleicht ein Hinweis: Auch hinter der alternativen Glaubensgemeinschaft stehen große Konzerne, die nach dem kapitalistischen Prinzip der Gewinnmaximierung arbeiten und dank der Gläubigkeit ihrer Kunden derzeit rasante Umsatzsteigerungen verzeichnen können.“ (c) heike ulatkowski, Dtsch Arztebl 2011; 108(15): A-864 / B-708 / C-708