In einem Text, der die „50 Verse der Guru-Verehrung“ genannt wird, der auch in English erhältlich ist, wird gesagt: „Wenn ein Schüler die spirituellen Eide (Samaya) bricht, wird dies direkt den Lehrer schädigen.“ Wenn ein Schüler selbst unrein ist, fügt dies dem Lehrer Schaden zu. Dies ist auch der Fall, wenn der Lehrer unrein ist, wird dies den Schüler treffen. Guru Rinpoche sagte: „Wenn man den spirituellen Lehrer nicht prüft, ist es sehr schwierig, den spirituellen Pfad zu praktizieren. Wenn man den Lehrer nicht sehr sorgfältig überprüft, wird man in einen fehlerhaften Pfad eintreten und diesen praktizieren.“ Am Pfad der Übertragung des Dzogchen / Atiyoga ist es äußerst wichtig, die Qualifikationen des spirituellen Lehrers ebenso aber auch der Belehrungen, die gegeben werden, zu prüfen.
Fehler eines Lehrers
Guru Rinpoche sagt uns, was die Fehler eines spirituellen Lehrers sind und wie wir sie erkennen: ein spiritueller Lehrer, der sehr wenig Belehrungen erhalten hat und/oder der denkt, dass er wenig Belehrungen erhalten hat, und Zeichen von Stolz zeigt; der aufgeblasen und stolz über die Belehrungen, die er erhalten hat ist und was wer darüber weiß; jemand zeigt Zeichen der Ignoranz oder Täuschung; der geringe oder mangelnde Weisheit hat und unfähig ist, die Bedeutung der Belehrungen zu verstehen; dessen Praxis der Erzeugungs- und Vollendungsstufe so schwach ist, dass er kein wirkliches Verstehen dieser Stufen hat; der sich selbst verherrlicht und wenig Mitgefühl für andere hat; der geringes Wissen, eine geringe Wahrnehmung und falsche Sicht hat; der sektiererisch ist oder parteiisch zugunsten seiner selbst ist. Wenn man sich auf einen spirituellen Lehrer stützt, der irgendeinen dieser Fehler hat, ist dies eine Ursache für eine Wiedergeburt in den niederen Bereichen. Solch einen spirituellen Meister, solch einen spirituellen Lehrer sollte man um jeden Preis zurückweisen.
Verkommene Zeiten
Guru Rinpoche hat gesagt, dass während dieser verkommenen Zeiten die Praktizierenden des Dharma ihre Praxis der Sichtweise nicht mit ihrem Verhalten vereinen werden können. Die Sicht während sie ihre Sadhana praktizieren und das Verhalten, dem sie danach folgen, wird nicht eins sein. Ihr Verhalten wird nicht entsprechend ihrer Sicht sein. Es mangelt ihnen in Sicht und Verhalten, sowohl bei ihrer Praxis als auch in ihrem Auftreten. Sie werden meditieren wollen, bevor sie verstehen, wie sie es machen können. Schon ein paar wenige Belehrungen gehört zu haben, denken sie, dass sie bereit für die Meditation auf den höheren Ebenen sind. Bevor sie eine Art der Meditation verstanden oder verwirklicht haben, wollen sie mit schon mit anderen Lehren beginnen. Bevor ihr eigener Geist gereift ist, wollen sie eigentlich schon Ermächtigungen geben. Obwohl ihr eigener Geist noch nicht befreit ist, gehen sie soweit, dass sie Belehrungen aufgrund von Erfahrung geben, wie Dzogchen und andere geheime Belehrungen, die persönliche Befreiung verlangen. Sie geben vor zu lehren.
Offensichtlich können sie nicht lehren, weil sie die Lehren selbst nicht verstanden haben. Das ist keine wirkliche Übertragung. Sie handeln, als ob sie etwas verstanden hätten und sie versuchen einen zu betrügen. Sie lügen darüber, aber eigentlich haben sie nichts verstanden. Sie belügen einen, die letztendliche Wahrheit verwirklicht zu haben. Sie haben dies nicht, dennoch behaupten sie, sie hätten es. Sie maßen sich an, dass sie befreit wären, bevor Befreiung eingetreten ist. Ihre Meditation wird sie nicht befreien und ihre Belehrungen werden niemandem nützen, wenn sie selbst keine echte Verwirklichung oder Erfahrung haben. Ihre Worte sind leer und haben keine Kraft.
Unstete Praktizierende
Diese Art von Praktizierenden werden jene sein, die hoch oben in den Bergen in einer Einsiedelei ein Retreat machen möchten, und sich aber wünschen, in die Stadt zu gehen. Sobald sie in der Einsiedelei sind, kehrt ihr Geist zurück und wird mit der Stadt beschäftigt sein. Wenn sie dann aber in die Stadt gehen, denken sie: „Oh, ich würde gerne ein Retreat machen!“ Nichts an ihnen ist überzeugend und sie verhalten sich in einer unzuverlässigen Art und Weise. Sie sind in der Lage, den Geist der anderen durch Lügen zu drehen, sodass sie es vermeiden irgendwohin zu gehen, wo andere Lehrer sind, weil sie ihre eigene Bloßstellung fürchten. Sie haben ihre eigene Linie verloren. Sie haben vielleicht das Gehabe, „Wenn ich Belehrungen von jemandem erhalte, dann werde ich mich ihm unterwerfen müssen und ich bin aber nicht gewillt mit zu unterwerfen; ich bin über ihm!“ Sie sind nicht fähig, sich unter jemanden zu stellen.
Die Wahrheit ist, dass im Geist von solch einem Menschen viele Zweifel sind. Er fühlt sich immer unzufrieden und ist leicht ärgerlich. Daher muss er sich beständig überzeugen, dass er ein Gelehrter ist, gute Disziplin hat, eine ehrbare Person ist und einiges an Verwirklichung hat. Während viele Leute „OM MANI PADME HUM“ rezitieren, ist die Rezitation dieser Person eifersüchtig und von Konkurrenzdenken geprägt. Das kommt dann eigentlich aus ihrem Mund. Obwohl seine Qualitäten sehr, sehr gering sind, wird er immer Fehler bei jenen, die gute und großartige Qualitäten haben, zu finden versuchen. Es gibt viele solcher Leute. Einige werden „Chöje“ – Dharma-Herr oder Inhaber des Dharma – genannt. Einige bezeichnen sich selbst als verwirklichte Wesen, Mahasiddhas, Entsagende, Rinpoche, Khenpo und so fort. Sie sind wie ein Schwein mit Scheiße, eingewickelt in fünffarbigem Brokat: schön an der Außenseite, verkommen im Inneren.
Guru Rinpoches Prophezeiung setzt fort: „Es gibt dann viele so genannte Dharma-Praktizierende hier in Tibet, und in Zukunft werden noch mehr davon kommen“ Das ist etwas, worüber wir Nyingma-Praktizierende äußerst sorgsam sein müssen. Migyur Dorje sagte, dass wir Guru Rinpoches Rat entsprechend den Worten seiner Prophezeiung, die zu unserem Wohlergehen gemacht wurde, folgen sollten. Man soll die spirituellen Lehrer prüfen, bevor man sich auf sie stützt, sodass man keine Probleme bekommt.
Prüfung
Aber es ist sehr schwierig, die spirituellen Lehrer zu prüfen. Es wird in den Sutras und den Tantras gelehrt, dass man guten Glauben und Hingabe dem spirituellen Lehrer gegenüber haben sollte, nachdem man sich auf ihn stützt. So wird es für einen sehr schwierig, ihn zu prüfen. Ebenso spricht Guru Rinpoche davon, dass in diesen verkommenen Zeiten die dämonischen Kräfte (Dämonen, negative Geister und Leid bringende Entitäten) sich absichtlich manifestieren und trügerische Emanationen von sich in Gestalt von spirituellen Lehrern aussenden, als große Gelehrte und Verwirklichte erscheinen, äußerlich ehrbar und diszipliniert, aber innerlich eigentlich Leid bringende Wesen. Sie versuchen die fühlenden Wesen absichtlich in die niederen Bereiche zu leiten.
Guru Rinpoche sagte weiters, dass in diesen verkommenen Zeiten es viele Dämonen und Geister geben wird, die behaupten werden, dass sie Gottheiten wären, aber es nicht sind. Namentlich gibt es neun Arten, die in den menschlichen Bereich kommen, um die Wesen in diesen Zeiten am spirituellen Pfad in die Irre zu führen. Diese negativen Geister werden trügerische Erscheinungen erzeugen, dem Anschein nach die erste, zweite und dritte Bodhisattva-Stufe erreicht haben, obwohl sie es tatsächlich nicht haben. Sie werden magische Zeichen zum Ausdruck bringen, die verursachen, dass man an sie glaubt. Sie werden selbst als Bodhisattvas erscheinen, obwohl sie keine sind. Sie werden verschiedene Zeichen manifestieren und den wundersamen Ausdruck von Körper, Rede und Geist, so unvorstellbar, dass dies einem den Verstand raubt. Erblickt man diese trügerischen Erscheinungen der Macht, wird im Geist der Wesen mit geringem Verdienst und Karma die Erfahrung von gutem Glauben entstehen, und sie werden all ihre Hingabe auf diese negativen Wesen ausrichten.
Ebenfalls wird in den Sutras gelehrt, dass es in Zukunft dämonische Geister, Dämonen geben wird, die Khenpos werden und Acharyas genannt werden und die überaus ehrbar und friedlich sein werden. Allerdings braucht man diesen nicht zu vertrauen. Sie werden sehr geschickt mit Worten sein, aber man soll ihnen noch immer nicht vertrauen. Es ist sehr schwierig für ein Wesen, die Zeichen der Befreiung aus den Fallstricken der zyklischen Existenz zu zeigen und darin kann man das Merkmal finden. Diese negativen Wesen verfügen über eine große Macht der Erinnerung. Sie sind fähig, Sutras und die ganzen Abschnitte des Tripitaka zu rezitieren. Das wird ein allgemeines Kunststück sein, weil dies nicht sehr schwierig ist. Vertrauen ist kein notwendiges Erfordernis für diese Fähigkeit und das ist eine gute Art, den Geist der Leute zu unterwerfen und dahingehend zu verdrehen, dass sie glauben, man wüsste eine Menge darüber. Ein Spion beispielsweise, der in ein feindliches Land geht, wird so handeln, dass die Leute glauben, er sei einer von ihnen. Er wird nette Worte benutzen und freundlich auftreten, aber sein Geist ist vergiftet. Entsprechend den Belehrungen, muss man von jeder Art der Verbindung zu einem negativen Lehrer vermeiden. Man soll sich nur auf einen ausgezeichneten Lama verlassen. Aber wie sollen wir dies machen?
Fähigkeiten und Kenntnisse
Im allgemeinen Kontext des Mahayana sollte im besten Fall ein spiritueller Lehrer die Lehren des Buddhas kennen. Er sollte Erfahrung aufgrund seiner eigenen Praxis haben. Er sollte ein qualifizierter Lehrer sein, der die Erklärungen sowohl über Belehrungen als auch Erfahrungen geben kann. Er sollte sehr erfahren in der Erzeugungsstufe, der Vollendungsstufe und der Mantra-Rezitation sein. Er sollte eine unbeirrte Sicht, eine ungetäuschte Meditation und ein untrügliches Verhalten haben, was immer einwandfrei und vollkommen rein ist. Der spirituelle Lehrer sollte die Merkmale der Vollendung von Grundlage, Pfad und Ergebnis zeigen. Er sollte durch seine persönlichen Erfahrungen eine große Gewissenhaftigkeit in der Vollendung der Praktiken zeigen. Er sollte sehr geschickt und qualifiziert im Belehren anderer sein, und er sollte sehr großes Mitgefühl für diese haben. Sein Geist sollte voll riesiger Verwirklichung sein. Er sollte eine große reine Vision haben, eine reine Wahrnehmung und sollte einzig zum Zweck anderer wirken. Der Lehrer sollte von den acht weltlichen Angelegenheiten Abstand genommen haben, und ohne einen einzigen Gedanken an sein Leben und für die Dinge seines Lebens sollte er seine Bemühungen auf die Vorbereitung für zukünftige Leben richten. Er sollte ein wirklicher Linienhalter sein, der den machtvollen Segen der großen verwirklichten Meister beinhaltet. Er sollte die Macht haben, sehr große Meister getroffen und Übertragungen und ihren Segen erhalten zu haben. Und er sollte reich an reinen Qualitäten sein.
Wenn der spiritulle Lehrer alle diese Qualfikationen aufweist, dann ist er ein kostbares, wunscherfüllendes Juwel. Auf solch einen spirituellen Lehrer sollte man sich stützen. Andererseits kann man sich direkt auf jeden spirituellen Lehrer stützen, der in Guru Rinpoches Prophezeiungen vorkommt, der ein designierter Linien- oder Terma-Halter ist, oder der ein Inhaber einer Dharma-Übertragung ist. Solch ein spiritueller Lehrer ist ein unübertroffener spiritueller Meister, von dem man Dzogchen-Übertragungen erhalten kann.
Selbst wenn ein Lehrer nicht Teil einer bestimmten Prophezeiung ist, kein reiner Tulku in dieser Hinsicht, aber jedoch von solch einem Lehrer Übertragungen erhalten hat, den Belehrungen gefolgt ist und genau in Übereinstimmung mit diesen Anweisungen praktiziert hat, sowie Verständnis und Verwirklichung erlangt hat, dann ist er auch ein geeigneter Lehrer, auf den man sich verlassen und Dzogchen-Belehrungen erhalten kann. Es ist ebenso brauchbar, Dzogchen-Belehrungen von einem Lehrer zu erhalten, der mehr gute Qualitäten als schlechte Fehler hat, der Anzeichen des Mitgefühls für andere Lebewesen zeigt, der wahren Glauben in den Dharma, in die Drei Juwelen hat, und der keine sektiererischen Ansichten hat. Dies sind Beispiele für die Art des Lehrers, auf den man sich verlassen kann. Dies sind die Qualifikationen eines wirklichen Lehrers.
Den Schüler prüfen
Guru Rinpoche sagte: „Wenn ein Schüler nicht geprüft wird, dann ist dies ein Dämon für den Dharma.“ Einige Studenten sind elegant und gut mit Worten, aber ihr Geist ist sehr negativ. Sie sind geizig. Sie kommen ohne Opfergaben oder zeigen keine Zeichen der Großzügigkeit. Sie versuchen immer Dharma-Belehrungen zu erhalten und sie wissen, wie man zu den Belehrungen kommt, ohne den Opfergaben um sie zu erhalten. Sie folgen nicht den Belehrungen des spirituellen Lehrers oder seinen Wünschen. Sie glauben immer, sie wären geeignet, all die geheimen Übertragungen zu erhalten und sie versuchen ihr Bestes, diese zu erhalten. Einige Schüler können die spirituellen Versprechen (Samaya) nicht halten und lassen ihre Unfähigkeit des Gelübdehaltens beiseite, sie haben die Frechheit, gegen den spirituellen Lehrer zu argumentieren und seine Fehler herauszustreichen, anstatt ihm dankbar zu sein. Sie sehen nicht die Qualitäten des spirituellen Lehrers; sie sehen und überprüfen nur seine Fehler. Diese Art von Schüler ist wie ein Dämon für den Dharma und sollte vom spirituellen Lehrer zurückgewiesen werden. Das zu wissen, ist für den spirituellen Lehrer oft schwer.
Ein spiritueller Lehrer sollte so einen Schüler nicht unterrichten. Es wird im Dorje Trengwa Tantra aus dem Kriyayoga gesagt: „So wie die Milch eines Schneelöwen nicht in einen Tontopf gegeben werden sollte, so sollte ein Lehrer solch einen ungeeigneten Schüler nicht unterweisen.“ Die Milch eines Schneelöwen sollte in ein Behältnis aus kostbarem Metall oder Juwelen gegeben werden, andernfalls wird sie durchsickern. Wenn man sie in einen Tontopf gibt, wird man sie verlieren. In derselben Weise sollte man ungeeigneten Schülern keine Belehrungen zu Dzogchen, der Großen Vollkommenheit, geben.
Fähigkeiten des Schülers
Was ist nun ein geeigneter Schüler? Was sind die Qualifikationen? Guru Rinpoche sagt: „Große Weisheit, großer Eifer und Ausdauer.“ Ein geeigneter Schüler ist nicht einer, der sich andauernd beschwert: „Mir ist zu heiß, ich bin zu müde, ich bin hungrig, ich bin krank.“ Sondern einer der großen Eifer in der Praxis hat, einer der guten Glauben hat, aufrichtige Hochachtung und eine reine Wahrnehmung des Dharmas und des spirituellen Lehrers. Ein geeigneter Schüler entwickelt intensive Entsagung von der zyklischen Existenz und hat von Grund auf vollständig Abstand von der Anziehung oder dem Anhaften daran genommen. Ein geeigneter Schüler hat ein mutiges Verhalten und verändert sein Leben für die Praxis des Dharma, hört jedes Wort, das der Lehrer äußert, und fühlt, dass er das Potential zur Verwirklichung dieser Worte hat. Ein geeigneter Schüler ist einer, dessen glühendes Bestreben stabil und beständig ist, nicht an einem Tag da und dann schon wieder vorbei. Ein geeigneter Schüler denkt nicht „ich habe guten Glauben an MEINEN Lehrer,“ und ist unfähig, anderen guten spirituellen Lehrern zu vertrauen. Wenn man nicht fähig ist, guten Glauben in andere spirituelle Lehrer wie zum eigenen zu haben, dann wendet man sich von der Sangha ab. Den Lehrern wie ein Hund hinterherzulaufen, ist ebenfalls ein Hindernis für die Dharma-Praxis.
Ein Schüler mit all diesen guten Qualitäten sollte vom spirituellen Lehrer ausgewählt werden, weil solch eine Art von Schüler ist ein ausgezeichnetes Gefäß für das Erhalten der Belehrungen. Wenn dieser Typ eines Schülers die Dzogchen-Übertragungen im besonderen erhält, dann wird dieser in einem Körper und in einem Leben die vier Visionen des thögyal erfahren und ein Buddha in der Weite der ursprünglichen Reinheit werden. Es ist für die Lehrer sehr schwierig, solch einen qualifizierten Schüler zu finden. Wenn solch eine Art von Schüler nicht gefunden wird, sollte ein brauchbarer Schüler zumindest guten Glauben haben und nicht sektiererisch sein.
Was, wenn beide ungeeignet sind?
Was sind nun die Fehler, die sowohl den spirituellen Lehrer als auch den Schüler ungeeignet machen? Wenn sowohl der Lehrer als auch der Schüler geeignete Gefäße sind und über die oben erwähnten Qualifikationen verfügen, und wenn die unvorstellbar tiefgründigen Belehrungen der Großen Vollkommenheit übertragen werden, dann wird der Schüler tatsächlich in einem Leben den Zustand des Erwachens erlangen, die Weite der ursprünglichen Reinheit realisieren und in einem reinen Bereich wiedergeboren werden. Aber egal wie tiefgründig der Dharma auch sein mag, wie qualifiziert der Lehrer auch sein mag, wenn der Schüler über die Qualifikationen nicht verfügt, dann ist die Übertragung nutzlos. Oder wenn der Schüler die Qualifikationen hat, aber der spirituelle Lehrer nicht – wenn der Lehrer fehlerhaft ist -, dann wird der Lehrer den Schüler zu einem falschen Pfad führen und das Ergebnis ist, dass dadurch der Samen für eine Wiedergeburt in den unteren Bereichen gelegt wird. Warum? Weil wenn der Lehrer in seinem Verständnis fehlerhaft ist, dann wird von Anfang an die Sicht auch falsch sein. Wenn die Sicht falsch ist, dann werden der Pfad und die Art des Verhaltens falsch sein und die Ergebnisse werden falsch sein. Es wird unmöglich sein, dass irgendwelche guten Früchte heranreifen. Das findet einfach nicht statt.
Falsche Lehrer
Was sind diese Fehler des Lehrers? Nach welchen Zeichen soll man Ausschau halten? Es gibt viele so genannte Lehrer in diesem Land und ich hatte viele Schüler wie diese. Ich habe Situationen erlebt, wo im Namen des Buddhismus eine Person Hinduismus, Daoismus, ein wenig Islam zusammengemischt hat und die Traditionen vermischt hat. Den Buddhismus als Basis zu nehmen und darauf entsprechende Techniken von anderen Religionen aufzubauen, ist kein guter Anfang und führt zu keinem guten Ende. Im Wesentlichen ist da keine Richtung. Solch ein Lehrer mag mit Worten sehr klug umgehen, es mag viele geben, die darauf hören, aber der Pfad ist am Kopf stehend. Solch ein Lehrer wird sich als nicht-sektiererisch bezeichnen, sagen, dass er alle diese verschiedenen Traditionen zusammenbringt. Das ist New Age und er schafft einen neuen Pfad mit den bereits etablierten Religionen: „Das ist die Religion unserer Zeit, ein nicht-sektiererischer Weg.“
Reine Traditionen
Gewiss hätte der Buddha gewusst, wie die Traditionen zu vermischen wären, aber warum tat er es nicht? Warum schuf er keine Tradition, die für alle verschiedenen Zeiten richtig wäre? Und was ist mit Jesus? Wieso unterscheiden sich die Lehren von Jesus und die Lehren des Buddhas? Und was ist mit den großen Hindu-Heiligen und den muslimischen Lehrern? Viele Generationen sind vergangen, ohne dass die reinen Traditionen vermischt und verunreinigt wurden. Warum sind heutzutage New Age-Lehrer plötzlich so klug, dass sie den Wert tausender Jahre der alten Traditionen völlig ignorieren können, neue Ideen damit vermischen und glauben, dass damit die echten Resultate erlangen? Was macht diese Tage so schwierig? Etwas, dass der Buddha nicht wusste?
Heutzutage wissen die Wesen nicht, wie man eine nicht-sektiererische Sicht hält. Es gibt keine Notwendigkeit die Traditionen zu vermischen, um sich zu beweisen, dass man nicht-sektiererisch ist. Durch geschickte Mittel gibt es eine Methode, mit der man jeden und jedes fühlende Wesen auf seiner speziellen Ebene zähmen kann – wenn jemand allwissendes Gewahrsein hat. Es kann sauber und klar, ohne dass man neue Ideen mit einem Mangel an Kraft erschafft, gemacht werden.
Die großen Buddhisten, beispielsweise die verwirklichten Mahasiddhas, sind wirklich nicht sektiererisch. Ihr Vertrauen ist unbefangen, ihr Anliegen für die Wesen ist vorurteilslos und ihre aktive Arbeit für die fühlenden Wesen ist unvoreingenommen, alles aufgrund ihres reinen Glaubens. Sie empfinden keinen Ärger und keinen Hass. Sie haben keinen Ärger gegen jene Wesen, denen es an Vertrauen zu ihnen mangelt. Sie haben nur Liebe für sie. Daher seid euch dessen gewahr, wenn ihr einen reinen Pfad gewählt habt, sollt ihr beständig auf diesem Pfad bleiben und ihr sollt niemals voreingenommen sein.
Im Buddhismus muss man alle wahren, reinen Traditionen für das, was sie sind, respektieren, und man muss eine Wertschätzung dafür haben, wie sie anderen nutzen. Auf diese Weise kann man den eigenen Pfad wertschätzen und ihm rein folgen. Wenn man einer reinen Tradition folgt, die sich über lange Zeit bewährt hat, dann werden die Resultate rein sein. Wenn man andererseits in die zehn Richtungen läuft und ein bisschen hier und da herumschnuppert und die Traditionen vermischt, ist es sicher, dass aufgrund des unreinen Samens, das Ergebnis eine Wiedergeburt in den unteren Bereichen erfolgen wird und man beständig in der zyklischen Existenz herumwandert, was man eigentlich bis jetzt schon immer gemacht hat.
Das Vermischen der Traditionen ist wie die ganze Zeit ein Fest feiern. Zeitweilig fühlt man sich glücklich, solch ein aufregendes Leben zu führen – jede Nacht ausgehen, neue Leute treffen, sich an allen Arten neuer Ideen und neuer gesellschaftlicher Verbindungen erfreuen – aber vielleicht wird man körperlich und geistig müde. Das Geld geht einem aus, man wird möglicherweise in ein paar Kämpfe verwickelt, der Geist wird noch mehr Anhaftung und Ablehnung entwickelt haben und am Ende wird kein gutes Ergebnis stehen. Wenn man keinen Heimathafen hat, keine feste Basis, auf die man sich beziehen kann und wo man sich sicher und glücklich fühlt, dann wird man immer ausgehen und herumrennen wollen, nach irgendetwas suchen, dass einem Glück bringt. Der Punkt ist, wenn man keine feste Basis entwickelt, dann hat man immer das Gefühl, man muss draußen danach suchen. Allen Frauen und Töchter hinterher zu jagen ist nutzlos.
Abseits von Beliebigkeiten
Ihr seid noch immer in einem Zustand tief verwurzelter Verwirrung. Wenn ein Lehrer den Pfad nicht klar auslegt, wenn er seine Ursprünge, seine Linien nicht belegen kann, und keinen Beweis für seinen Wert hat, wenn er die Traditionen vermischt, seinen eigenen Pfad erschafft und versucht, diesem Wahrheitsgehalt zuzustimmen, entsteht Verwirrung. Andererseits wenn ein Lehrer sehr klar und geradeheraus den Weg lehrt: „Dies ist unsere Tradition; dies ist der Ursprung, dies sind die Prinzipien, das ist der Pfad“ egal welcher Religion oder welcher Tradition, dies in diesem angemessenen Rahmen hält, macht dies die Dinge für die Schüler viel einfacher.
Es ist nicht meine Aufgabe, aber dennoch, weil diese Belehrungen sich in diesem Kommentar befinden, und weil dies die grundlegenden Prinzipien des Buddhismus, wie er in Tibet praktiziert wird, sind und die Tradition, von der ich komme, auf diesen Prinzipien gründet, teile ich mit euch diese Punkte. Ebenso weil unser vergangenes Karma uns zu dieser besonderen Zeit zusammengeführt hat, diese Belehrungen miteinander zu teilen, ist es angemessen, mit euch diese echten Belehrungen direkt zu teilen. Ich bin glücklich, diese Belehrungen erhalten zu haben, nicht nur aus Büchern, sondern von vielen unvergleichlichen großen verwirklichten Meistern. Mein Beitrag zu ihrem Geist ist lediglich nur ein Prozent von hundert Prozent.
Guter Glaube kann im Geist eines Schülers nicht erzwungen werden. Man muss die Qualitäten der Objekte des Vertrauens verstehen. Nur dann ist auch ein Grund für dieses Vertrauen gegeben. Weil dies schwierige Zeiten sind, und wenn der Schüler einen echten, festen Glauben, der keine Wischiwaschi ist, sondern auf dem echten Wunsch, den Pfad zu praktizieren gründet, und wenn ein Lehrer zumindest unvoreingenommenes Mitgefühl besitzt, dann bilden diese beiden eine geeignete Verbindung – der vertrauensvolle Schüler und der mitfühlende Lehrer – und es ist angebracht diese Verbindung zu nähren und den Pfad zu praktizieren.
Augenscheinlich sind haben nicht alle die oben angeführten Qualitäten, aber es ist sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich, in diesen verkommenen Zeiten, dass sowohl der Lama als auch der Schüler alle Qualifikationen haben und zur gleichen Zeit sich begegnen. Was für einen ersichtlich und wahr ist, ist das, was man „Glück“ nennt, was eigentlich die Kraft guten Karmas ist, das man in vergangenen Zeiten angesammelt hat. Man nennt es einfach „Glück“, weil man nichts darüber weiß. Es ist nur eine Ansammlung, die man unwissentlich gemacht hat.
Frucht des Vertrauens
Padmasambhava sagte: „Mein Dharma des Geheimen Mantras ist äußerst gefährlich, als ob man ein wunscherfüllendes Juwel vom Kopf einer giftigen Schlange stehlen wollte.“ Wenn man fähig ist, das wunscherfüllende Juwel zu bekommen, hat es die Macht, einem alle Wünsche zu erfüllen. Aber man riskiert sein Leben beim Versuch es zu erlangen. Padmasambhava gab diese Analogie für den Pfad des Geheimen Mantras und es betrifft besonders den Pfad der Terma-Offenbarungen. Es gibt auch den Vergleich mit einer Schlange in einem Bambusrohr, wo es nur in zwei Richtungen geht: hinauf oder hinunter. Wenn man die spirituellen Versprechen (Samaya) hält und anständig praktiziert, kommt man geradewegs hinauf und erfährt sehr rasch Ergebnisse. Wenn man die spirituellen Eide (Samaya) nicht hält und nicht praktiziert, dann gibt es statt der guten Resultate sehr rasch ebenso negative.
Um ein geeigneter Schüler zu sein, ist die Hauptqualität der gute Glaube. Es ist gleich, welchen Dharma man erhält – Kagyu, Nyingma, Sakya, Gelugpa; Hinayana, Mahayana – man muss nicht einmal hübsch sein. Man braucht nur Vertrauen.
Dies beschließt die Belehrungen von Gyatrul Rinpoche zu den Qualitäten eines Lehrers und eines Schülers. Möge es von Nutzen sein!