Niedrigen Zinsen machen Umschuldungen attraktiv, aber auch immer teurer
Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase spielen viele Verbraucher mit dem Gedanken laufende Immobilienfinanzierungen vorzeitig abzulösen, um dann zu günstigeren Konditionen umzuschulden. Allerdings macht die Vorfälligkeitsentschädigung, quasi die „Strafgebühr" für verfrüht zurückbezahlte Kredite, dieses Vorgehen in den meisten Fällen unrentabel.
Das Wichtigste in Kürze:
* Zwei Drittel aller Vorfälligkeitsentschädigungen sind zu hoch.
* Abgeltung hat sich seit 2007/2008 verdreifacht.
* Verbraucherzentralen fordern Reformen bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zu Hypothekardarlehen.
Zu einem wahren Existenzrisiko wird die Entschädigung, wenn das Eigenheim aufgrund finanzieller Engpässe verkauft werden muss. Um Verbraucher vor diesen Gefahren besser zu schützen, fordern der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen Reformen bei der Umsetzung der EU-Wohnimmobiliendarlehen-Richtlinie.
vzbv stellt eigene Studie zu Vorfälligkeitsentschädigungen vor
Um dies zu untermauern, stellt die Verbraucherzentrale eine Untersuchung zu Vorfälligkeitsabgeltungen vor, die offenbart, dass zwei Drittel der Forderungen durch die Banken überhöht sind. Für Laien kaum durchschaubar und von Bank zu Bank unterschiedlich stehen auch die uneinheitlichen Berechnungsmethoden in der Kritik.
Auch sind die Veränderungen durch die anhaltende Baisse bei den Bauzinsen zum ersten Mal gemessen worden: Während 2007/2008 die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung bei durchschnittlich vier Prozent des vorzeitig getilgten Kredits lag, stieg der Anteil auf elf Prozent in den Jahren 2012/2013 und beträgt somit fast das Dreifache.
Quelle: Verbraucherzentralen und Verbraucherzentrale Bundesverband
Für die Marktuntersuchung wurden fast 3000 Immobilienkredite, bei denen die Darlehenssumme vorzeitig abgelöst wurde, betrachtet. 330 Millionen Euro mussten die Verbraucher zurückbezahlen und dafür einen Vorfälligkeitsschadensersatz von 30 Millionen Euro entrichten.
Vorfälligkeitsentschädigung in den meisten Fällen zu hoch
Inzwischen sind Entschädigungen, die einen fünfstelligen Betrag überschreiten, eher die Regel als die Ausnahme. Daran sind nicht nur die günstigen Bauzinsen schuld. Die Mehrbelastung für den Kreditnehmer wird auch durch die nicht nachvollziehbare und in vielen Fällen zum Nachteil der Verbraucher ausgelegte Kalkulation verursacht.
- Sondertilgungsoptionen nicht schadensmindernd berücksichtigt.
- der Zinsabgleich bei der Wiederanlagerendite nicht korrekt durchgeführt (kein tagesgenauer Abgleich).
- die ersparten Risikokosten wurden zu niedrig angesetzt.
So wurden beispielsweise...
- Die Berechnungsweise soll standardisiert werden und sich an den Renditen von Hypothekenpfandbriefen orientieren.
- Die Entschädigung soll bei existenzgefährdenden Ablösungen auf fünf Prozent gedeckelt werden.
- Die Vorfälligkeitsentschädigung soll sich zu einem Vorfäligkeitsausgleich, der nicht nur auf die Nachteile der Banken berücksichtigt, wandeln.
Um die Berechnung bei Vorfälligkeitsentschädigungen eindeutig, angemessen und transparent zu gestalten, wenden sich die Verbraucherzentralen mit konkreten Forderungen an die Bundesregierung:
Deutschland im europäischen Vergleich Spitzenreiter bei Abgeltung
Dass Reformen nötig sind, zeigt ein weiteres, von der vzbv in Auftrag gegebenes Gutachten, das die Vorfälligkeitsentschädigungen in acht europäischen Ländern vergleicht: Wenn die Zinsen in Deutschland stark fallen, ist die Vorfälligkeitsentschädigung hierzulande am höchsten.