Schritt 7: Achte auf Deine Worte!

Wörterbücher

Unser Selbstwertgefühl und damit unser gesamtes Leben werden neben unseren Gedanken, Gefühlen und Handlungen auch sehr stark davon beeinflusst, wie wir über uns selbst, über andere und über unsere Erfahrungen reden. Frage Dich deshalb einmal: Wie sprichst Du mit Dir selbst? Und wie sprichst Du mit anderen über Dich? Ja, wie sprichst Du überhaupt über irgendetwas?

Worte sind weit mehr als eine Aneinanderreihung von Buchstaben. Sie können in uns Gefühle der Begeisterung, der Freude, der Liebe, des Vertrauens oder der Zuversicht auslösen. Worte können uns Kraft geben und uns beruhigen und trösten. Sie lösen in uns Bilder, Vorstellungen und Erinnerungen aus und haben für uns eine große Bedeutung. Deshalb möchte ich Dich in der heutigen Folge dazu anregen, Deine eigenen Sprachgewohnheiten und auch neue Ausdrucksformen bewusster wahrzunehmen, als Du dies vielleicht bisher getan hast.

 

Eine wahre Kostbarkeit: Dein Sprachschatz

Ich empfinde Sprache als großes Geschenk. In dem, was Du sagst und schreibst liegt ein großer Schatz verborgen, der nur darauf wartet, gehoben zu werden. Sprache ist weit mehr, als allgemein bekannt und bewusst ist. Jedes Wort wirkt – und auch jeder Laut und jeder Satz. Sie wirken und schaffen Wirklichkeit. Wie jeder Mensch erschaffst und gestaltest auch Du Dir Deine eigene Welt durch Dein Denken, Sprechen und Handeln. Deine Sprache offenbart weit mehr von Dir, als Du auch nur im Entferntesten ahnst. Und sie bewirkt auch in Dir selbst mehr, als Du überhaupt für möglich hältst.

Was Du sagst, und auf welche Art und Weise Du es tust und in welchem Tonfall Du redest, all das verrät Deine innere Haltung. Deshalb ist es wichtig, für Dich eine Sprache zu finden, die Deinem Wesen entspricht, die Deine Wertschätzung Dir selbst und anderen gegenüber ausdrückt und die Deinen Mitmenschen zeigt, dass Du zu Dir stehst und dass sie Deinen Worten vertrauen können.

Letztlich geht es darum, dass Du in allem, was Du tust und sagst, Du selbst bist. Oft wird in diesem Zusammenhang auch das Wort “authentisch” benutzt. Das kommt vom Begriff “autos”, mit dem die griechische Philosophie das innere Heiligtum des Menschen bezeichnete, also sein wahres Selbst, seinen inneren Kern. Wenn Du also mit diesem inneren Kern in Berührung bist, dann sprichst Du aus dem Herzen, dann sind Deine Worte echt und stimmig.

Genauso gilt auch das Gegenteil: Wenn Du auf Deine Wortwahl achtest, dann führt sie Dich zu Deinem wahren Selbst und in diesen inneren Raum, in dem Du bei Dir selbst zuhause bist. Und wie von selbst trägst Du dazu bei, dass auch die Menschen um Dich herum anders zu sprechen beginnen und die Welt, in der Du lebst, heller, menschlicher und liebevoller wird.

Durch eine gezielte Änderung Deiner Wortwahl oder des Satzbaus erreichst Du eine ungeahnte und nachhaltige Wirkung auf Dein Denken und Fühlen und eröffnest Dir auch neue Handlungsspielräume. Das kann Deinem Leben eine wohltuende Wende geben. Und das Beste: Du kannst jederzeit damit beginnen, auf Deine persönliche Sprache zu achten und damit einen großen Schatz heben.

Wir Menschen reden schnell und viel. Ich möchte Dich einladen, den einzelnen Wörtern und Redewendungen mehr Raum zu geben, sie regelrecht auf der Zunge zergehen zu lassen und zu erfassen und zu spüren, welche Wirkung sie auf Dich selbst und Deine Gesprächspartner haben. Lasse Dich auf dieses Erlebnis ein und es kann etwas Bemerkenswertes geschehen. Ganz sicher wirst Du damit einen weiteren großen Schritt in Richtung Selbstbewusstsein gehen und damit zu einem gesunden Selbstwertgefühl.

 

Worte erfahren und fühlen

Es ist eine faszinierende Erfahrung, zu erleben, wie bei einem bewusst gesprochenen und gefühlten Wort Denken, Fühlen und Handeln in Einklang kommen und Körper, Seele und Geist eine Einheit bilden. Die folgenden Übungen laden Dich dazu ein, einmal ein einzelnes Wort zu hören, zu schmecken, zu riechen, es mit allen Sinnen, mit Deinem ganzen Wesen wahrzunehmen.

 

Übung 7.1: Lass Dir ein Wort auf der Zunge zergehen

Die bewusste Aussprache eines Wortes birgt ungeahnte Schätze. So entspricht der Klang eines Wortes zum Beispiel vielfach dem, was dieses Wort in seinem Inneren bedeutet. Hier wird oft eine tiefe Weisheit hörbar und auch sichtbar. Ich möchte Dich dazu anregen, einzelne Wörter daraufhin neu zu entdecken und zeige Dir zunächst am Beispiel der Knospe, was ich meine.

  • Sage bitte langsam und halblaut “Knospe” und wiederhole das Wort so oft, bis Du es vom ersten Laut bis zum letzten Laut wahrnehmen kannst: “Knospe – Knospe – Knospe – Knospe”. Lausche und spüre, wie Du die Laute der Reihe nach bildest.

  • Beginne mit dem K. Diesen Laut bildest Du als harten Verschlusslaut hinten im Mund mit dem weichen Gaumensegel, dem Velum. Beim Sprechen spannst Du die Bauchmuskulatur an. Die Kraft kommt von tief unten. Das K ist ein sogenannter harter velarer Verschlusslaut (wieder was gelernt :-) ).

  • Dem K folgt das N. Hier berührt der Zungenrücken den harten Gaumen, das Palatum. Die Atemluft strömt durch Deine Nase. N.

  • Nach dem N folgt das O, ein Vokal. Spüre bitte, welche Qualität das O hat: Ist es lang oder kurz, offen oder geschlossen? Gönne Dir die Zeit, dies wahrzunehmen. Was machen dabei die Lippen und was der Kiefer? O.
    Du wirst merken, dass Du mit den Lippen und der Zunge einen weiten, schützenden Raum formst. Bei dem O von “Knospe” rundest Du die Lippen. Du öffnest den Kiefer leicht. Die Zunge befindet sich unten im Mundraum.

  • So entsprechen bis hierher die Laute dem Wesen der Knospe. Eine Kraft kommt von innen, und das, was herauskommen und daraus werden wird, ist noch von den Kelchblättern umschlossen.

  • Nach dem Vokal O folgen S und P und danach das kurze, auslautende E. Wie formst Du diese Laute?

  • Beim S kerbst Du die Zunge in der Mitte der Länge nach ein. Damit entsteht eine Rille. Durch diese zischt die Luft an den oberen oder, bei manchen Menschen, an den unteren Schneidezähnen. Das S in Knospe ist ein sogenannter stimmloser dentaler Reibelaut. Da kommt die Luft mit Kraft von hinten nach vorne.

  • Beim P springt dann die Knospe auf: P ist ein harter bilabialer Verschlusslaut. Du bildest ihn mit beiden Lippen und öffnest damit kraftvoll den Mundraum nach einem kurzen, letzten Verschluss.

  • Das kurze auslautende E gibt der Blüte Raum, sich zu entfalten. Die Knospe öffnet sich.

Ähnlich wie die Knospe bilden viele Wörter ab, was sie benennen. Ich empfinde es immer wieder als Erlebnis, zu erfahren, wie viel Weisheit in der Sprache enthalten ist. Wenn Du magst, kannst Du Dir auch noch andere Wörter regelrecht auf der Zunge zergehen lassen und ihre Wirkung und auch ihre Bedeutung neu erleben und fühlen.

Hier habe ich noch ein besonders schönes Wort für Dich. Um Dein körperliches und seelisches Wohlgefühl werden wir uns in den nächsten Wochen noch ausführlich kümmern. Hier und heute darfst Du schon mal das Wort genießen.

 

Übung 7.2: Das Wort W-OH-L-F-ÜH-L-EN

“Wohlfühlen” ist ein angenehmes Wort. Bei den meisten Menschen ruft es behagliche Gefühle hervor und zaubert ein Lächeln auf ihre Lippen und auch auf die Lippen der Angesprochenen. Bevor Du das Wohlfühlen neu entdeckst, sage bitte zweimal langsam und halblaut: “Wohlfühlen – Wohlfühlen” und horche in Dich hinein. Wie sagst Du dieses Wort jetzt und wie empfindest Du es? Bitte merke Dir Deine Beobachtung. Ich werde sie gleich noch einmal aufgreifen.

Das Wohlfühlen und auch die anderen Wörter mit der Silbe “wohl” gewinnen an Kraft und an Wirkung, wenn wir sie Laut für Laut neu entdecken. Jeder einzelne Laut hat eine ihm eigene Kraft. Hast Du Lust, Dir das Wohlfühlen noch einmal neu zu erschließen? Ich lade Dich ein zu einer Entdeckungsreise in Deinen eigenen Mund.

  • Wohlfühlen beginnt mit einem W. Wie bildest Du diesen ersten Laut? Halte kurz inne, bevor Du weiterliest. Was machst Du genau?
    Beim W legst Du die Unterlippe locker an die oberen Schneidezähne und bildest einen stimmhaften Laut. Das F bildest Du an derselben Stelle, nur als stimmlosen Laut. Beim stimmhaften W vibriert der Resonanzraum im Brustkorb mit. Wie empfindest Du diesen Laut?

  • Dem stimmhaften W folgt ein langes, ich möchte beinahe sagen ein genüssliches, geschlossenes O wie in “Mond”. Forme auch dieses mit Deinem Mund. Was machen die Lippen? Was macht die Zunge? Welches Gefühl erzeugt das lange, geschlossene O?

  • Nun forme bitte als dritten Laut das L: Beim L ist die Zunge mit ihrer Spitze direkt hinter den oberen Schneidezähnen. Das entspricht der Ruheposition der Zunge. Hier befindet sich Deine Zungenspitze, wenn Du gelöst und locker bist. Das L ist ein Laut, der das Wohlfühlen gut zum Ausdruck bringen kann, wie zum Beispiel in leben, lernen, lieben. :-)

  • Danach folgt das zweite Wort “fühlen”. Es beginnt mit einem stimmlosen F. Beim F legst Du wie beim W die Unterlippe locker an die oberen Schneidezähne. Nur bildest Du jetzt einen stimmlosen Laut. Spüre diesen Laut und den Luftstrom. Wie geht es Dir mit dem F?

  • Dem F folgt wieder ein langer Vokal, wie schon das lange O in “Wohl”. Wie bildest Du das Ü? Was macht die Zunge, und was machen die Lippen? Was ist beim Ü anders als beim O? Entdecke die Nähe und auch den Unterschied!

  • Nach dem langen Ü bildest Du wieder ein L, wie schon bei “Wohl”. Spüre bitte nochmals die Zungenspitze direkt hinter den oberen Schneidezähnen.

  • Als letzten Buchstaben sage nun noch ganz langsam N und fühle die Vibrationen, die dabei in Deinem ganzen Körper entstehen. Genieße das einen Moment.
  • Nun setze die einzelnen Laute des Wortes W-OH-L-F-ÜH-L-EN zusammen. Das H nach den Vokalen zeigt dabei an, dass der Vokal lang ist. Nach diesem bewussten Artikulieren erstrahlt das Wort in neuem Glanz und in neuer Kraft.

  • Sage langsam und genüsslich “Wohlfühlen” so oft Du magst. Erlaube Dir, jeden einzelnen Laut wahrzunehmen.

  • Und dann erinnere Dich bitte an Deinen Versuch von vorhin. Wie klang das Wort da? Und wie klingt es jetzt?

Als ich diese Übung zum ersten Mal gemacht habe, spürte ich sehr schnell ihre faszinierende Wirkung. Über den ganzen Tag verteilt wiederholte ich mehrfach langsam und halblaut: “Ich fühle mich wohl! Ich fühle mich rundum wohl! Ich fühle mich pudelwohl!” Das war einfach wundervoll! Und deshalb tue ich das auch heute noch sehr gerne, wenn ich etwas für meine Stimmung und mein Wohlbefinden tun möchte. Du weißt ja inzwischen, wie sehr Gedanken und eben auch Worte unser Erleben beeinflussen.

Es gibt noch mehr Schlüsselwörter und Redewendungen, die angenehme Empfindungen in Dir auslösen können. “Selig lächelnd wie ein satter Säugling” oder “Oh, wie schön die Sonne scheint!” und “ein köstliches Abendessen” zum Beispiel. Oder auch einzelne Wörter wie “gemütlich” und “wonnig”. Sicher fallen Dir noch mehr wohltuende Wörter und Sätze ein, mit denen Du diese Übung jederzeit durchführen kannst.

Finde Wörter und Formulierungen, die Dir gut tun, und schreibe sie auf. Bilde Sätze damit, und dann baue diese wohltuenden und wohlklingenden Sätze allmählich in Deinen normalen Sprachgebrauch ein und beobachte ihre Wirkung in Deinem Leben. Spürst Du, wie viel mehr Kraft und Lebendigkeit Deine neuen Formulierungen haben?

Ist Dir klar, dass allein diese Übung innerhalb kürzester Zeit eine Wende in Deinem Leben bedeuten kann? Weißt Du nun, wie wertvoll jedes Wort ist, das Du sagst? Und wie wertvoll Du selbst dadurch bist und für andere sein kannst? Wenn Du jetzt auf den Geschmack gekommen bist, kannst Du Dir ja Schritt für Schritt und Wort für Wort einen Wort-Schatz anlegen, der wirklich ein Schatz ist. Ich wünsche Dir dabei viel Freude, Leichtigkeit und Wunder-volle Erfahrungen.

Und keine Angst, dass Du Dich dadurch so sehr veränderst, dass Du Dir selbst und anderen fremd wirst. (Das wollte Diabolo Dir doch gerade einreden, oder?) Du weißt ja schon, dass Du so, wie Du bist, vollkommen in Ordnung bist. Doch wenn Du mehr auf Deine Wortwahl achtest, wirst Du immer mehr zu Dir selbst finden, Dich entwickeln und Dein wahres Wesen erstrahlen lassen. Und das ist ja der Zweck dieses Kurses.

Du wirst feststellen, dass Du Dir damit ein großes Betätigungsfeld eröffnet hast. Habe Freude daran, mithilfe Deiner Sprache Dich selbst und Deine tiefsitzenden Prägungen zu entdecken und zu verändern. Frage Dich also immer wieder einmal: Was sage ich da gerade? Welche Wirkung habe ich mit meinem Denken und Sprechen? Und will ich das auch so? Und schon bald wirst Du die wohltuenden Auswirkungen Deiner geänderten Denk- und Sprechweise erleben. Es wird Dir immer besser und besser gehen, weil Du jetzt weißt, dass Du selbst einen maßgeblichen Einfluss darauf hast, wie sich Dein Leben entwickelt. Vieles wird wunderbar einfach, wenn Du auf Deine Gedanken und Worte achtest!

 

Sprechen und sprechen lassen

Zum Schluss noch ein wichtiger Hinweis: Schon nach diesen wenigen Sprachübungen ist in Deinem Leben vielleicht einiges in Bewegung gekommen, das Du gerne mit anderen teilen möchtest. Doch Du solltest Dich und Dein neu gewonnenes Wissen niemandem aufdrängen. Bitte achte deshalb nur auf Deine eigene Sprache und lass andere Menschen so schreiben und sprechen, wie sie es tun.

Bis bald,
Dein Jürgen

PS: Ich möchte dieses Programm für Dich und andere immer weiter verbessern. Deshalb würde ich mich über einen Kommentar von Dir sehr freuen. Wie hat Dir die heutige Ausgabe gefallen? Was war daran gut? Was hätte ich weglassen können? Worauf bist Du besonders neugierig? Schreibe mir bitte ein paar Zeilen. – Vielen Dank!

 

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Bildnachweis


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