ARTus-Kolumne »SO GESEHEN« 577
Von Walter G. Goes (Bergen/Rügen)
SCHRIFTZEICH
ENBILDERVON
KLAUS RAEHM
Wenn man einen Menschen über seine Arbeit kennen und schätzen lernt, ist das ein ganz besonderes Geschenk. Ich wurde in diesem Sinne und in dieser Woche reichlich beschenkt. Mit einer Ausstellung von Werken des 1937 in Frankfurt an der Oder geborenen Klaus Rähm, der am vergangenen Mittwoch eine Auswahl seiner typografisch in Szene gesetzten Wort-Schätze vorstellte im für besondere Expositionen immer wieder sorgenden Bergener Stadtmuseum. Wir alle, Rüganer wie unsere Gäste, dürfen nun in den mit Sicherheit viel zu schnell vergehenden Sommerwochen Finder werden, kostbare Gedankensplitter in Augenschein nehmen, lesen und deuten, die vor uns Klaus Rähm ganz allein für sich und sein Tun entdeckte, so gesehen im eigenen Auftrag.
Seine Arbeit? Er spiegelt souverän Gedankenwelten der Künstler, Literaten und Politiker, verhilft ihren Bonmots »mit einer grafischen Gestalt zu einer weiteren geistigen Dimension«.
Das nenne ich kühn! Arg viele sind an der Messlatte der vermeintlich geistigen Verwandtschaft gescheitert. Klaus Rähm nähert sich der Sprengkraft seiner Wortfavoriten in Demut, sondiert Wesentliches, verstärkt es behutsam und buchstabengemäß und immer dem konkreten Sinn nach.
Er bringt sich aber auch dort ein, wo die Banalität und Dummheit Sätze auf dem Silbertablett liefert, die Autorenschaft sich selbst demaskiert. Das erfordert vom Künstler Wachsein, Neu-Gier und ein Aufgeschlossensein dem Konkreten gegenüber. Und immer eine Abkehr von Routine. Nur deshalb wandeln wir Schauenden tief beglückt in den Gärten der Meister, zu denen ich Klaus Rähm in seinem Metier zähle.
»Da ich kein Schreihals bin, drücke ich mich so aus«, spricht mich Klaus Rähm zu Beginn unseres Kennenlernens an, mit einer Stimme, die im Meer der Schreihälse keine Chance hätte gehört zu werden. Seine Stimme erwächst aus dem Arsenal seiner typographischen Schlüsselbilder, denen wir nicht nur in Bergen und nicht nur museal Zugang bieten sollten.
Diese Arbeiten gehören an die Litfasssäulen, in die Rathäuser, in Schulen und öffentlich zugängliche Sammlungen, und bitte ins Stadtbild unter Menschen, an Bretterzäune und Fenster. Sie befördern Lächeln und Solidarität, Mut und Transparenz. Sie machen kenntlich, was zum Besten an Nachdenkens-Werten gehört. Welch ein Schatz! ARTus
Klaus Rähm (*1937) aus Berlin zeigt bis zum 25. August typografische Inszenierungen im Bergener Stadtmuseum. / Zeichnung/Montage: ARTus