Es folgt ein individueller Eindruck, dem ich mich nicht gänzlich entziehen kann:
Sie stecken viel Herzblut, großen Einfallsreichtum, wertvolle Botschaften und einen nicht zu unterschätzenden Fond an Zeit in ihre Geschichten. Geschichten, die einfach gelesen, gehört und weitergetragen werden müssen. Und zwar aus einem überzeugenden Beweggrund: Ihre Autoren wissen, was es heißt, gute Geschichten zu kreieren und zu erzählen.
Das "Problem" (der "Makel"): Sie sind Autoren, die (noch) nicht das leuchtende Aushängeschild eines Verlags sind bzw. selbigen zumindest als Paten (alias Vertragspartner) nennen können. Eine Formalität, die unglücklicherweise nicht eben nur dies, sondern eine ziemlich entscheidende Variable in der Gesamtgleichung ist.
So wundervoll es wäre, würde es in erster Linie tatsächlich auf die inneren Werte ankommen, so unsensibel und kommerziell ist die Realität. Denn obgleich die Ambition, die mühevolle Kleinstarbeit und das Talent hinter einem fertigen Indie-Buch in der Summe nicht weniger schätzenswert sind als die hinter einem Verlagsprodukt, ist das Feedback im Allgemeinen klar geteilt. Während das eine Buch (nahezu) sämtliche Aufmerksamkeit auf sich zieht und Schulterklopfer mit sich bringt, bleiben für das zweite Exemplar vorwiegend "mitleidige" Blicke. Und das oftmals noch nicht einmal hinsichtlich der eben genannten "inneren Werte", sondern aufgrund seiner Herkunft. Was demnach in anderem Kontext klar als Diskriminierung zu bezeichnen ist, gehört in der Buchbranche (bzw. im künstlerischen Wirkungsgefüge generell) zum herkömmlichen Miteinander.Um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, wird in einer anderen Sparte und einem anderen Format beispielsweise äußerst effektiv auf sog. Blind Auditions zurückgegriffen. Hier zählt dann nicht, wer du bist oder woher du kommst, sondern was du kannst.
Denn im Grunde steckt hinter einem schiefen Blick oder einer in Falten gelegten Stirn eines "Kritikers" in vielen Fällen wohl Ahnungslosigkeit/Unwissenheit. Schließlich kann ein im Prozess des Self-Publishings erschienenes Buch richtig beeindrucken und bewegen. Ebenso kann ein unter der Schirmherrschaft eines Verlags veröffentlichtes Werk den Leser durchaus ernüchert zurücklassen.Natürlich, in unserer heutigen Zeit, in der Buchneuerscheinungen im Wochentakt den Markt einnehmen, muss selektiert werden. Hierbei geben Bücher, die in namhaften Verlagen erscheinen, eine Richtschnur vor. Sie signalisieren Qualität. Immerhin hat es der besagte Autor "bis dahin geschafft". Das muss doch etwas heißen! Keine Frage, einen Vertrag für eine Buchveröffentlichung zu unterzeichnen, ist ein großer, sehr verdienter Schritt. Dennoch heißt das im Umkehrschluss keineswegs, dass Autoren ohne Verlag im Rücken, weniger hart arbeiten würden oder weniger spannende Geschichten zu erzählen hätten. Ganz im Gegenteil! Daher empfinde ich es als nicht gerechtfertigt, sie mit einem vorzugsweise mitleidigen Lächeln oder einem lapidaren "Nett" zu bedenken oder sie gar als nicht konkurrenzwürdig anzusehen. In meinen Augen haben Self-Publisher oder kleine Verlage nicht keine Chance (verdient), sondern sie haben lediglich andere Möglichkeiten. Natürlich sollten jene Möglichkeiten nicht der Freibrief sein, auf Teufel komm raus zu veröffentlichen.Doch bei (sehr) guter Arbeit sollte der Mindestlohn für Eigeninitiative ergreifende Autoren sein, ihnen wenigstens Respekt ihrem Wirken gegenüber zu zollen. Ihnen allein aus Prinzip den Rücken zuzukehren oder sie gar durch ungerechtfertigt schlechtere Bewertungen zu sabotieren, sollte gegen unser aller Gefühl für Fairness sowie gegen einen gewissen Ehrenkodex verstoßen. Samthandschuhe sind nicht gewollt, eben aber die Chance auf eine Begegnung auf Augenhöhe.
Unterm Strich dürfte es mir als Leser herzlich egal sein, ob mein Lieblingsbuch nun aus der Feder eines Self-Publishers oder eines Autoren mit etabliertem Verlag als Rückendeckung stammt: Denn Lieblingsbuch ist nun einmal Lieblingsbuch.