Schönheits-OPs bei Minderjährigen: Jugendliche im rechtsfreien Raum?

Von Schreibfreiheit

Die Unionsfraktion im Bundestag hatte den Vorstoß unterstützt – doch jetzt mussten die zuständigen Ministerien bremsen: Vorläufig wird es kein Verbot von Schönheitsoperation an Minderjährigen geben. Grund dafür ist, dass ein eventuelles Gesetz nicht in die derzeit bestehenden Schutzverordnungen für Jugendliche integriert werden kann – Jugendschutzgesetz und Kindererziehungsgesetz bieten offenbar keinen Anknüpfungspunkt, um ein juristisch haltbares Unterbinden von operativen Eingriffen an jungen Menschen zwecks der Schönheit auf den Weg zu bringen.

Letztlich muss man festhalten: Das Bedauerlichste bleibt ohnehin der Umstand, dass die Schaffung eines Gesetzes zu diesem Thema überhaupt so dringend notwendig geworden ist. Kinder und Jugendliche, die sich in minderjährigem Alter bereits liften lassen möchten, die Brust vergrößert haben wollen oder Fältchen beseitigt haben möchten, sind Ausdruck einer Perversion, die unsere Gesellschaft maßgeblich einem Medienwahnsinn der Privatindustrie zu verdanken hat.

Da werden Superstars und Topmodells gesucht, sollen Fettleibige zu den „biggest Loosern“ werden und kann es nur einen „The Winner Is…“ geben: Ideale sind uns heute nicht mehr fremd, sondern Zwang, um im Wettbewerb um Schönheit, Erfolg und Ansehen bestehen zu können. Gerade Jugendliche sind für diese Beeinflussung besonders anfällig – sind sie es doch, die sich zumeist noch in der Orientierungsphase bezüglich Persönlichkeit und Charakter befinden und nicht selten auf Vorbilder zurückgreifen, die das eigene Selbstbewusst stärken.

Während noch in früheren Zeiten solche Vorbilder durch Charismen überzeugten, tun sie es heute durch ihr äußeres makelloses Erscheinungsbild – denn unsere Gesellschaft lehrt uns: Glamour, Geld und Karriere liegen unzertrennbar beieinander. Mit immer neuen Medienformaten trägt die publizistische Industrie zur Besorgnis erregenden Tendenzen bei, machen es Arbeitgeber Bewerbern durch unethische Anforderungen immer schwerer zu bestehen und blieben die auf der Strecke, die gegen die Skrupellosigkeit einer kommerziellen und globalisierenden Lobby aus Jägern nach „Schönheit“, „Eleganz“ und den richtigen „Maßen“ nichts entgegen zu setzen haben und damit zu deren Opfern werden.

Daher gilt: Wenn Schönheits-OPs nicht über einen rechtlichen Weg verhindert werden können, muss es in einem klareren Kodex für die Medienwelt, in eindeutigeren Antidiskriminierungsrichtlinien, aber auch in Toleranz und Gespräch in den Schulen, Familien und Bildungseinrichtungen ebenso wie in der Öffentlichkeit zu erheblich intensiverer Aufklärung kommen, die nicht nur Risiken von Operationen, sondern vor allem die Hässlichkeit des Oberflächlichen aufzeigt. Eltern sind es, die in die Pflicht genommen werden müssen – was sich gesetzlich nicht regeln lässt, ist über den Appell an die Verantwortung anzugehen.

Dennis Riehle