Schöne Ölgemälde verzieren eine langweilige Story in LOVING VINCENT

Der animierte Biopic Loving Vincent lässt sich am besten mit der Phrase “Every Frame a Painting” fassen. Es ist der erste Animationsfilm, der komplett aus Einzelgemälden entstanden ist. Unter der Regie von Dorota Kobiela und Hugh Welchman hat ein Team von 125 Malern insgesamt 65.000 Ölgemälde angefertigt, die zusammen genommen dieses wunderschön aussehende, aber nicht sonderlich mitreißende Animationswerk ergeben.

Der Film setzt ein Jahr nach dem Tod des Malers Vincent van Gogh (Robert Gulaczyk) ein. Postmann Roulin (Chris O’Dowd) bittet seinen Sohn Armand (Douglas Booth), den letzten Brief des Künstlers persönlich an dessen Bruder Theo zu übermitteln, nachdem mehrere Versuche gescheitert sind, das Schriftstück auf dem herkömmlichen Wege zu überbringen.

Armand zeigt sich widerwillig, nimmt die Bitte aber an. Er findet heraus, dass auch Vincents Bruder Theo verstorben ist. Seine Witwe soll den Brief erhalten und für Armand beginnt eine Reise, die von vielen Begegnungen mit Menschen geprägt wird, die Vincent van Gogh kannten. Derweil beginnt der Briefzusteller immer mehr zu hinterfragen, ob der Maler wirklich Selbstmord begangen hat.

Schöne Ölgemälde verzieren eine langweilige Story in LOVING VINCENT

Loving Vincent

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Douglas Booth als Armand Roulin.

Aufgeteilt ist der Film in eine farbenfrohe Gegenwart und eine Vergangenheit, die von Personen in Rückblenden erzählt wird, die in Schwarzweiß ablaufen. Immer wenn wir Armand begleiten, fällt vor allem das kräftige Gelb auf, in das seine Jacke getränkt ist. Mit dieser steht er in der Landschaft und zeigt sich als Blickfang, als Mittelpunkt des Geschehens in diesen wirklich erstaunlichen Bildern. Hier werden Figuren zum Leben erweckt, die Szenerien erscheinen so real-weltlich und doch wie ein Kunstwerk von gehobener Klasse.

Wir sehen ebenso den martialischen Moment, wenn van Gogh sich seines Ohrs entledigt. Dann liegt er zusammengekauert in seinem Bett. Vielleicht ist das einer der Gründe, weshalb hier die Farben weichen, um Loving Vincent zu einer romantischen Liebeserklärung an den Maler zu machen und sich nicht in eine mit Blut getränkte Aufarbeitung seines Lebens verwandeln zu lassen.

Die Technik erinnert an Richard Linklaters A Scanner Darkly – und noch weiteren Filmen – der durch Rotoskopie, also dem Abzeichnen der Realität entstanden ist. So erkennen wir nur allzu gut Chris O’Dowd in seiner Rolle als Papa Postmann, ebenso wie Saoirse Ronan als die van Gogh nahestehende Marguerite Gachet. Es ist schlicht verblüffend, wie sich die Darsteller des Films in Ölgemälde verwandeln und diese in Bewegung versetzt wurden

Aber es ist mehr Technik-Wow als Story. Die Hommage an Vincent van Gogh gelingt in der Gestaltung, die Erzählung selbst bleibt blass. Ein Mann sucht nach einer Wahrheit und führt hierfür Unterhaltungen. Manches Mal wünscht man sich als Zuschauer gar, dass man die wirklichen Landschaften zu sehen bekäme. Ebenso gut hätte Loving Vincent als Realfilm verwirklicht werden können, denn die besondere Animationstechnik ist nichts weiter als ein bisschen Magie, die uns von einer nicht schlechten, aber auch nicht besonders attraktiven Geschichte ablenken soll.

Schöne Ölgemälde verzieren eine langweilige Story in LOVING VINCENT

Loving Vincent

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Louise Chevalier (Helen McCrory) vor malerischer Szenerie.

Loving Vincent wäre gerne ein Sherlock Holmes-Krimi oder ein Agatha Christie Murder Mystery von diesem Maler, bei dem sich alle fragen, weshalb er sich erschießen sollte, wenn er sich mit seiner Kunst doch gerade auf dem Weg nach oben befand? Die Menschen, die Armand zu diesem Fall befragt, sind allesamt inspiriert durch Figuren aus den Gemälden van Goghs. Leider fehlt ihnen die Relevanz, die dem Dänen in Frankreich den Titel “Vater der modernen Kunst” eingebracht hat.

Das hat Vincent van Gogh mit über 800 Gemälden in acht Jahren geschafft. Eine beachtliche Anzahl und eine hohe Produktivität für diesen Künstler. Die Filmemacher von Loving Vincent haben sechs Jahre gebraucht, um aus ihrer weitaus größeren Anzahl von Bildern einen ganzen Film entstehen zu lassen. Bei van Gogh spürt man aber das Leben in den stillstehenden Bildern. Bei Loving Vincent fehlt es. Um es mit einer weiteren Phrase auszudrücken: Manchmal sagt ein einziges Bild eben mehr als tausend Worte.


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