Dunst hängt über der Elbe und hüllt die umliegenden Felsen in nebliges Grau. Weißer Schnee bedeckt die Gipfel, die Strassen sind gesäumt von aufgehäuftem Schnee. Trotzdem versuchen wenige Vögel tapfer gegen den Winter anzusingen. Obwohl die Temperaturen nur etwas unter Null Grad liegen, hat es dennoch ein paar Enthusiasten nach draußen gelockt. So wie mich. Wobei draußen in die Sächsische Schweiz meint, und enthusiastisch weil einfach richtig viel Schnee liegt. Ob das auch im Polenztal so sein wird?
Winterwandern im Elbsandsteingebirge
Richtige Kleidung und entsprechendes Schuhwerk vorausgesetzt, kann auch der Winter in der Sächsischen Schweiz durchaus reizvoll sein. Ist es für mich doch tatsächlich das erste Mal, dass ich um diese Jahreszeit in ihr unterwegs bin. Solange ich lebe kann ich mich nicht daran erinnern, auch nur einen Wintertag in dieser bezaubernden Landschaft verbracht zu haben. Winter stellt für mich eher die Entschuldigung dar, ohne schlechtes Gewissen im warmen Zimmer auf der Couch liegen bleiben zu dürfen. Doch dieses Jahr kommt es anders, auch dank meiner werten Frau Mutter und meines Bruders. Ihrer Hartnäckigkeit habe ich es zu verdanken, Neues zu erleben, begleiten sie mich doch.
Noch ein schmaler Bach: die Polenz unter Schnee und Eis
Das Auto lassen wir oberhalb vom Kurort Rathen stehen und begeben uns direkt über die nur wenig befahrene Strasse hinab ins Polenztal. Allein bei den ersten Schritten gibt der Winter schon sein Bestes. An den Stiegen oberhalb des Tals komme ich ins Rutschen und lande unsanft auf dem weißen Boden der Tatsachen. Die Wege scheinen also glatt und eisig. Mein Fallen ist meiner Mutter eine Warnung, auch wenn sie es mir später gleich tun wird.
Am schönen Flüsschen Polenz angekommen, nach dem dieses Tal benannt ist, schafft es die Sonne sogar sich durch den Nebel zu kämpfen und verhilft diesem Tag zu Kaiserwetter. Bei jedem Schritt harrscht der Schnee. Leise plätschert das Wasser an unserer Seite. Der Weg zieht sich die ersten Kilometer immer entlang der seichten Windungen, die der Fluss über Jahrmillionen in die Felsen gegraben hat. Die einsetzende Schneeschmelze tut da ihr übriges.
Der Schnee glitzert, sobald sich die Sonne durch den Morgennebel gekämpft hat
Ganze fünf Kilometer später, die sich bei zum Teil vereisten Wegen ganz schön ziehen können, kommen wir an einer gefrorenen Eisformation und damit fast am Ende des Tals an. Wasser und Kälte haben hier zum Teil bizarre Formen angenommen und manifestieren sich zu einem beeindruckenden Schauspiel. Ehrfürchtig stehen wir davor und bestaunen das Naturwunder.
In einer sanften Kurve versteckt sich dieses Naturschauspiel am Ende des Polenztals
Durch den Schindergraben
Doch wir wären keine echten Wanderer, wenn hier schon Schluss wäre oder wir einfach umkehren würden. Zu schön ist das Wetter und zu kurz war die Bewegung bisher. Ein Blick auf die Karte gibt Aufschluss und schnell ist ein nicht minder interessanter Rückweg gefunden. Oberhalb des Polenztals führt nämlich der Malerweg von Hohnstein in Richtung Rathen und wir beschließen kurzerhand, diesen Weg zu nehmen.
Der Schindergraben wird seinem Namen zu dieser Jahreszeit mehr als gerecht.
Schwer atmend und Stück für Stück kämpfen wir uns den steilen Schindergraben hinauf, der in dieser Jahreszeit seinem Namen mehr als gerecht wird. Immer wieder kommen wir ins Rutschen und suchen an hervostehenden Wurzeln oder Felsen Halt.
Vorbei an den Ruinen des Bärengarten, in welchem auf Geheiß des Sächsischen Kurfürsten Christian II. waschechte Bären für die Tierhatz gehalten wurden, gelangen wir nach dem anstrengenden Aufstieg in Hohnstein an. Die Burg jedoch lassen wir links liegen und folgem dem bereits erwähnten Malerweg in Richtung Brand.
Leider kein gefrorener Wasserfall aber dafür jede Menge Eisschollen: in der Gautschgrotte
Normalerweise beherbergt um diese Jahreszeit die Gautschgrotte, die abseits des Weges liegt, den größten und beeidruckendsten Eisfall, den die Sächsische Schweiz zu bieten hat. Leider ist dieser jedoch dank des einsetzenden Tauwetters in den letzten Tagen angeblich mit einem lauten Knall in sich zusammen gefallen. Doch auch die Eisblöcke, die aufgetürmt am Boden liegen, lassen ahnen, dass seine Höhe von knapp 15 Metern durchaus majestätisch wirkt.
Größe und Lage machen die Gautschgrotte zu einem beliebten Ziel für Tagestouristen und Wanderer.
Zurück ins Polenztal
Die Gautschgrotte hinter uns lassend, vorbei an Kleinem Kuhstall und Räumigtwiese, kommen wir wenige Kilometer später an der Gabelung in Richtung Brand an. Hier verlassen wir den Weg oberhalb des Polenztals und begeben uns wieder zurück an den gleichnamigen Fluss. Doch der Abstieg hat seine Tücken. Durch Sonne und Wärme ist der Schnee selbst zwischen den Felsen angetaut und der Weg damit eisig glatt. Wer jetzt Grödel dabei hat, kann dem Abstieg unbeschwert entgegen sehen. Haben wir aber nicht. So wird schnell noch ein Stock gesucht, in der Hoffnung, dass dieser Halt bietet, sollte es doch mal zu glatt werden.
Immer wieder kommen wir an kleineren Eisformationen vorbei, die zum Staunen und Pausieren einladen.
Wieder im Tal angekommen erblicken wir schon von Weitem die Waltersdorfer Mühle, eine einstige Mahl- und Schneidemühle, die heute etwas abgwirtschaftet auf bessere Zeiten hofft. Doch emsig wird sie in liebevoller Handarbeit Sommer wie Winter vom neuen Eigentümer als Imbiss betrieben. Die Räumlichkeit, gefüllt mit allerlei DDR- und Nostlagie-Schnick-Schnack, wird durch einen Bollerofen beheizt und bietet somit bei Tee und Kuchen einen gelungenen Abschluss der heutigen Wanderung. So aufgewärmt sind wir bestens gerüstet für den bevorstehenden Aufstieg. Denn dort wo wir heute Morgen herunter gewandert sind, müssen wir nun auch wieder hoch.
An der Waltersdorfer Mühle im Polenztal
Mit aller Vorsicht und aufmerksamen Schritten kann man also auch im Winter vergnüglich in der Sächsischen Schweiz, dem Elbsandsteingebirge, und ganz besonders im und um das Polenztal wandern.
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