Die Angst vor Keimen im Haushalt, ein neues Einsatzgebiet für Impfungen und das wirkliche Risiko, das von Antibiotika-Kuren ausgeht: Wichtige Themen in meinem Buch "Die Hygienefalle", die auch im Interview für die deutsche Fachzeitschrift "Kinderkrankenschwester" zur Sprache kommen.
Sie meinen die Überverschreibung von Antibiotika und das damit verbundene Risiko von Resistenzen und Krankenhauskeimen?
Bert Ehgartner: Die Resistenzbildung ist eine Nebenwirkung der Überverschreibung. Viel problematischer ist allerdings die Hauptwirkung der Antibiotika: Das Massensterben, das sie bei unseren mikrobiellen Mitbewohnern auslösen. Wir beherbergen zehnmal mehr Bakterien als wir menschliche Zellen haben. Die genetische Vielfalt unserer Mitbewohner übersteigt unsere eigenen Gene um das Hundertfache. Und wir wissen heute, dass wir einen kunterbunten Austausch an Information pflegen. Unsere Gesundheit hängt davon ab, dass unser Mikrobiom möglichst vielfältig ist und ein stabiles, symbiotisches Verhältnis zu den Zellen des Immun- und Nervensystems pflegt. Deshalb ist die Tendenz der Kinderärzte „zur Sicherheit“ Antibiotika zu geben, gemeingefährlich.
Trägt diese Praxis auch Mitschuld am Anstieg der chronischen Krankheiten?
Bert Ehgartner: Jedenfalls. Die Mehrzahl dieser Krankheiten hat ja eine gemeinsame Wurzel: Ein überaggressives aus der Bahn geworfenes Immunsystem. Und speziell in der Kindermedizin wird laufend das heranwachsende Immunsystem manipuliert. Auch durch Impfungen. Sie gelten als „Heilige Kuh“ der Medizin und manche werden heute noch nach Rezepten hergestellt, die beinahe 100 Jahre alt sind. Hier braucht es dringend eine Modernisierung, eine tabulose Überprüfung von Nutzen und Risiko aller Impfungen. Stattdessen überlassen wir die Forschung komplett der Industrie, während die Behörden auf der faulen Haut liegen.
Wie können wir uns nun aus der Hygienefalle befreien?
Bert Ehgartner: Wir brauchen ein neues Verständnis für Gleichgewicht und Symbiose. Dazu gehört der Friedensschluss mit Viren und Bakterien. 99,9 Prozent sind nicht gefährlich, sondern nützlich und lebensnotwendig. Unser Problem ist heute eher die Abwesenheit vieler Keime. Und hier muss die Wissenschaft ansetzen. Denkbar wäre, dass künftige Impfungen das Immunsystem nicht mehr aggressiv machen und vorwarnen gegen bestimmte Infekte, sondern sie könnten Kontakte herstellen, die verloren gegangen sind. Schmutzimpfung statt Schutzimpfung!
Das Interview erschien in der Zeitschrift "Kinderkrankenschwester" (Ausgabe 03/17, Seite 110). Geführt hat das Interview der Berliner Medizinjournalist Hardy-Thorsten Panknin.
Kinder brauchen Schmutz: ein artenreiches Mikrobiom ist
ein wichtiges Fundament unserer Gesundheit (Foto: Ehgartner)
Worum geht es in der Hygienefalle? Sterile Lebensmittel, übertriebene Körperhygiene, zu viele Putzmittel im Haushalt?
Bert Ehgartner: Ja, auch. Vor allem aber um unseren generellen Umgang mit Keimen. Die Grundprinzipien der Hygiene umzusetzen war eine der segensreichsten Leistungen unserer Zivilisation. Doch dann haben wir gewaltig übers Ziel geschossen und der Krieg gegen Viren und Bakterien wurde zu einem Leitmotiv unseres Verständnisses von Gesundheit. Damit sind wir gewaltig in die Hygienefalle getappt.Sie meinen die Überverschreibung von Antibiotika und das damit verbundene Risiko von Resistenzen und Krankenhauskeimen?
Bert Ehgartner: Die Resistenzbildung ist eine Nebenwirkung der Überverschreibung. Viel problematischer ist allerdings die Hauptwirkung der Antibiotika: Das Massensterben, das sie bei unseren mikrobiellen Mitbewohnern auslösen. Wir beherbergen zehnmal mehr Bakterien als wir menschliche Zellen haben. Die genetische Vielfalt unserer Mitbewohner übersteigt unsere eigenen Gene um das Hundertfache. Und wir wissen heute, dass wir einen kunterbunten Austausch an Information pflegen. Unsere Gesundheit hängt davon ab, dass unser Mikrobiom möglichst vielfältig ist und ein stabiles, symbiotisches Verhältnis zu den Zellen des Immun- und Nervensystems pflegt. Deshalb ist die Tendenz der Kinderärzte „zur Sicherheit“ Antibiotika zu geben, gemeingefährlich.
Trägt diese Praxis auch Mitschuld am Anstieg der chronischen Krankheiten?
Bert Ehgartner: Jedenfalls. Die Mehrzahl dieser Krankheiten hat ja eine gemeinsame Wurzel: Ein überaggressives aus der Bahn geworfenes Immunsystem. Und speziell in der Kindermedizin wird laufend das heranwachsende Immunsystem manipuliert. Auch durch Impfungen. Sie gelten als „Heilige Kuh“ der Medizin und manche werden heute noch nach Rezepten hergestellt, die beinahe 100 Jahre alt sind. Hier braucht es dringend eine Modernisierung, eine tabulose Überprüfung von Nutzen und Risiko aller Impfungen. Stattdessen überlassen wir die Forschung komplett der Industrie, während die Behörden auf der faulen Haut liegen.
Wie können wir uns nun aus der Hygienefalle befreien?
Bert Ehgartner: Wir brauchen ein neues Verständnis für Gleichgewicht und Symbiose. Dazu gehört der Friedensschluss mit Viren und Bakterien. 99,9 Prozent sind nicht gefährlich, sondern nützlich und lebensnotwendig. Unser Problem ist heute eher die Abwesenheit vieler Keime. Und hier muss die Wissenschaft ansetzen. Denkbar wäre, dass künftige Impfungen das Immunsystem nicht mehr aggressiv machen und vorwarnen gegen bestimmte Infekte, sondern sie könnten Kontakte herstellen, die verloren gegangen sind. Schmutzimpfung statt Schutzimpfung!
Das Interview erschien in der Zeitschrift "Kinderkrankenschwester" (Ausgabe 03/17, Seite 110). Geführt hat das Interview der Berliner Medizinjournalist Hardy-Thorsten Panknin.