Hallo :)
Um Schmerzen einordnen zu können, werden Patienten oft gebeten ihre Schmerzen mit Hilfe einer Zahl zwischen 0 und 10 auszudrücken. 0 bedeutet keine Schmerzen und 10 bedeutet unerträgliche Schmerzen. Eine 10 kann sehr unterschiedlich sein, da das Schmerzempfinden doch sehr individuell ist.
Lang anhaltende Schmerzen können das eigene Schmerzempfinden so wohl positiv, als auch negativ beeinflussen. Dazu gibt es viele wissenschaftliche Artikel und ich kann als Betroffener nur schreiben, dass auch mein Schmerzempfinden sich ziemlich verändert hat über die Jahre.
Die Zahlen über 5 bedeuten, dass es den Betroffenen schwer fällt sich auf andere Dinge als den Schmerz zu konzentrieren. Wenn ich zum Beispiel unerträgliche Nervenschmerzen habe, dann merkt man es. Solche Sachen wie Blogeinträge verfassen oder allgemein Mails beantworten fallen in dem Moment flach. Das hat nichts mit Charakterschwäche zu tun, sondern mit der Schmerzverarbeitung im Gehirn. Man kann sich bis zu einem gewissen Punkt ablenken, aber irgendwann hilft diese Ablenkung nicht mehr. Da dieses natürlich sehr individuell ist, würde ich von meinen Freunden auch nicht verlangen diesen Punkt auszureizen. Auch macht es Sinn sich mit Sachen abzulenken, die positiv sind und absolut gar nichts mit der Erkrankung an zu sich zu tun haben. Wenn man Pech hat zieht es einen ansonsten noch weiter herunter und vor allem an schlechten Tagen will man ja genau dieses verhindern! Wobei ich zugeben muss, dass ich auch an schlechten Tagen manch einen Eintrag verfasse. Das geschieht jedoch nicht innerhalb von 5 Minuten, sondern dafür brauch ich dann mitunter Stunden.
Bisher hab ich bezüglich der Schmerzskala schon ziemlich viel erlebt und mir persönlich fällt es nicht leicht meine Schmerzen auszudrücken. Ein Arzt meinte einmal, dass ich eine 10 definitiv nicht kenne und selbst ein Schädel-Hirn-Trauma mit mehreren Frakturen wäre nicht schmerzhaft. Selbst wenn meine Schmerzen wirklich stark sind, traue ich mich nicht sie als 10 zu betiteln. 10 bedeutet einfach, dass sie unerträglich sind und Bewusstlosigkeit droht.
Aus dem Grund finde ich es auch etwas unglaubwürdig, wenn Menschen ihre Schmerzen als 10 angeben und trotzallem noch in der Lage sind Selfies zu machen und Spaß zu haben. Oder sie bezeichnen ihre Schmerzen als unerträglich und verfassen sehr lange Blogeinträge oder Forenbeiträge. Krankheiten haben meist alle eine ziemlich hässliche Seite, welche man leider nicht durch Wettbewerbe bezüglich der Schmerzhöhe oder der Likezahl hervorhebt. Es ist nicht meine Sache und geht mich auch absolut nichts an, wie andere über Schmerzen schreiben. Es sind jedoch solche Kleinigkeiten, weshalb Ärzte Patienten oder Freunde einem misstrauen. Nicht nur einmal habe ich genau diese Auswirkungen zu spüren bekommen und es ist wirklich heftig, wenn man aus dem Grund keine Hilfe bekommt! Die Ärzte wissen in der Regel, wie man Schmerzen allein an der Gesichtsmimik oder der Körperhaltung in der Regel festmachen kann. Dieses ist jedoch schwer bei zum Beispiel Menschen, denen genau das abtrainiert wurde. Und genau das habe ich durch das Mobbing gelernt: Schmerzen nicht zu zeigen. Und ich kenn auch andere, denen es genauso geht. Und noch schwerer ist es auf alle Fälle, wenn die Ärzte nur einen Fragebogen vor sich liegen haben.
Um noch einmal auf die ursprüngliche Thematik zurück zu kommen: Die Schmerzskala nutzt man auch um festzustellen, wie dringend eine Behandlung ist. Wer eine 8 als eine 2 runterspielt tut sich in der Regel selbst keinen Gefallen. Es hat nichts mit Schwäche zu tun, Schmerzen zuzugeben. Auch ist es Quatsch zu behaupten, dass jeder ohne CRPS keine echten Schmerzen kennt. Ich hab eine Form von Nervenschmerzen, die schlimmer als die Schmerzen bei einer natürlichen Geburt sein sollen. Und trotzallem denke ich nicht, dass eben genau die 10 eben nur für solche Krankheiten vorenthalten ist. Es ist halt nahezu unmöglich einen Schmerz nachzuempfinden, den man nie selbst verspürt hat. Und da das Schmerzempfinden wie erwähnt individuell ist, empfindet auch jeder die Schmerzen anders. Wenn man nicht ständig mit der Schmerzskala konfrontiert wird, dann passieren Fehler. Aber ich find es wirklich schlimm, wenn Menschen ihre Schmerzen absichtlich falsch einstufen, obwohl sie genau wissen wie diese Skala funktioniert. Ich weiß auch, dass man so mitunter eher mal an Tabletten oder eine Behandlung kommt. Aber was ich da teils schon während stationären Aufenthalten erlebt hab ist wirklich die Krönung. Mir hatte zum Beispiel keiner geglaubt, dass die Tabletten einfach nicht gewirkt hatten nach einer Operation und somit musste ich mehrere Tage bis zur Tablettenumstellung warten. Wobei ich um ehrlich zu sein auch kein Patient bin, der schreit oder weint bei starken Schmerzen. Nicht nur einmal wurde ich als Simulant betitelt und manch eine Krankschwester hat mich das auch spüren lassen(auf der Station lief einiges falsch, deshalb hat mich das auch nicht gewundert. Und manche Patienten dort waren wirklich anstrengend).
Ich wollte mir das einfach mal von der Seele schreiben und vielleicht findet sich der ein oder andere in dem Text wieder. Manch einer von meinen Bekannten denkt zum Beispiel immer noch, dass man einfach zum Schmerztherapeuten hingeht und mit diesem redet. Ich hab mal wieder einen Fragebogen mit 20 Seiten bekommen und da soll ich nicht nur meine durchschnittliche Schmerzstärke zwischen 1-10 angeben, sondern auch mein Wohlbefinden mit einer Zahl zwischen -100 und +100 und anderes. Und da sind fast 2 DinA4 Seiten dabei, wo man nur Zahlen ankreuzen muss, was mir schwer fällt. Leider ist es jedoch so, dass die Wartezeit je nach Angabe natürlich variiert. Ganz gemein ist es auch, dass ich dann beim Termin selbst noch einmal 4-6 Seiten ausfüllen muss.
Wie seht ihr das? Hattet ihr zum Beispiel auch mal einen Mitpatienten, der seine Schmerzen mit Zahlen jenseits der 30 eingestuft hat? Oder hattet ihr sogar mal einen Mitpatienten, der nur gejammert hat wenn Schwestern/Ärzte in der Nähe waren?
Viele liebe Grüße
Pea