Schmerzensmann-R&B; von „How To Dress Well“ – Total Loss

Schmerzensmann-R&B; von „How To Dress Well“ – Total Loss

How To Dress Well – Total Loss

VÖ: 14.09.2012 – Domino Records (Goodtogo)

Tom Krell ist ein Mensch der Gegensätze. Einerseits schätzt der Mann hinter dem Projekt „How To Dress Well“ kitschverhangene Soulhelden wie Smokey Robinson oder deren 90er Jahre Varianten wie D`Angelo. Andererseits sind seine Alben keine pathetischen, übergoßen Gesten sondern eher zurückgenommene, introspektive Reflexionen über Depression, Tod und Verlust. Damit ist Krell um längen tougher und mehr true als viele R&B Musiker mit Gangsterattitude. Denn wo jene ein Gefühl für den Hörer inszenieren, lebt Krell es. Dagegen sehen alle anderen Schmerzensmänner in ihren tränendurchnässten Wollpullis nur aus wie Omas alter Teppich nach einem Rohrbruch.

Das Debüt „Love Remains“ versteckte die ausgewaschene R&B-Attitüde noch hinter einer Wand aus depressiven Soundschleifen und Hall. Die opulenten Streicherarrangements von „Just Once“, einem Werk über den Tod eines Freundes, stellten allerdings schon die Weichen in Richtung einer klareren Soundästhetik, welche nun mit „Total Loss“ erreicht ist. Hier gibt es nur zurüchgenommene Piano- und Geigentupfer und kurze Loopfeedbackmomente, die von Krells knabenhaftem Falsett ablenken, in dem er seinen Seelenstriptease zum Ausdruck bringt. Wer hier reflexartig Inszenierung schreit, dem sei gesagt, dass Krell nicht nur geschmackspolizeifern dazu steht, Garanten wie Mariah Carey, Whitney Houston oder R. Kelly zu hören UND gut zu finden, sondern in einer ebensolchen Auflistung in „Set It Right“ all die Freunde und Verwandten aufzählt, die er verloren hat, und wenn es nur aus den Augen ist. Diese Nähe ist der gemeine Pophörer nicht gewohnt und so überkommt ihn beim hören ein leichter Schauer.

Im Gegensatz zu „Love Remains“ funktioniert „Total Loss“ kohärenter als abgeschlossene Songsammlung, auch wenn naturgemäß einige Songs eine Sonderstellung einnehmen. Der Opener „When I Was In Trouble“ schlägt die Brücke zum verhallteren Sound des Vorgängeralbums, „Cold Nites“ besitzt in seiner Melodieverliebtheit starken Popappeal und „Running Back“ und „& It Was U“ sind deutliche Verneigungen vor Gospel und 90er Jahre R&B. Die Produktion von „& It Was U“ erinnert dann auch stark an Janet Jacksons „The Velvet Rope“ Album, einer der erklärten Einflüssen Krells auf diesem Album.

Wem das nicht reicht, um sofort in den Plattenladen zu rennen und dann ergriffen die Nadel auf die sich drehende Scheibe zu setzen, der sollte auch weiterhin Flo Rida oder Drake hören und sich ein Bravo-Tränentatoo auf die Backe kleben!

Oder wie Krell im Interview sagte: Viele Menschen sagen„Yeah, ich bin ja so glücklich und optimistisch!“ und man selbst denkt sich nur: „ Nein! Du, du bist wirklich gefickt!“

 

Das Album gibt’s hier im Stream.

How To Dress Well online.

Autor: Johannes Hertwig

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