Unsere Eltern waren nicht anders. Nicht weil sie schlecht waren und uns nicht liebten, sondern weil sie es nicht besser wussten.
Aus dieser Erziehung, aus den Erfahrungen mit unseren ersten Beziehungen als Kind, entstand unser emotionaler roter Faden. Der Stoff aus dem unsere emotionalen Muster unser emotionales Gerüst, unsere Glaubenssätze entstanden.
Wir tragen Wunden aus der Kindheit mit uns herum, die aus Angst, Schuld und der Nichtakzeptanz unserer Grenzen entstanden sind.
Diese Wunden bleiben in uns erhalten, in einem Teil unseres Unterbewusstseins, als unser (verletztes) inneres Kind.
Wenn wir diese unbewussten emotionalen Verletzungen, die wir als Erwachsene immer noch mit uns herumtragen nicht bewusst machen, werden wir in vielen Situationen und leider auch in entscheidenden Situationen dem inneren Kind die Bühne überlassen. Du kannst dir vorstellen, wie überfordert dein inneres Kind sich dann in dieser Situation fühlt.
Angenommen du hast ein Vorstellungsgespräch oder eine andere herausfordernde Situation. Nun stell dir vor du hast ein kleines Kind an der Hand und nimmst es mit zu deinem Vorstellungsgespräch. Als wenn das nicht schon ungewöhnlich genug wäre, nun lässt du auch noch das Kind das Gespräch führen. Was denkst du wird dabei heraus kommen?
Immer dann, wenn wir uns aus unserer Komfortzone herauswagen, treten Gefühle von Angst und Unsicherheit auf. Diese werden immer stärker, je näher wir unserem Ziel kommen und je weiter wir unsere Komfortzone verlassen. Selbstsabotierendes Verhalten, unbewusste Glaubensmuster, die uns zurückhalten, das zu tun was wir vorhaben, werden aktiviert unser inneres Kind übernimmt die Führung mit seinen Gefühlen der Überforderung, Unsicherheit, Schuld und Angst.
Die Stimme wird dünn und hoch, die Körperhaltung verkrampft.
In zwischenmenschlichen Situationen, in denen du dich zurückgesetzt fühlst, wirfst du dich sinnbildlich in einem Wutanfall auf den Boden, eine vernünftige Kommunikation ist kaum mehr möglich.
Das verletzte innere Kind, das Ego, übernimmt die Führung und macht dich glauben, die einzige sinnvolle Art auf Härte zu reagieren, ist ebenfalls mit Härte.
Solange wir aus dem inneren Kind Modus heraus handeln, bleiben wir in ungeliebten Situation stecken. Bleiben in einer abhängigen Partnerschaft, lösen uns nicht aus einer beruflichen Situation, die überhaupt nicht unserem Wesen und Talenten entspricht.
Wir sind unfähig eine wichtige Entscheidung zu treffen, sei es für das Leben im allgemeinen oder beruflich oder wenn es darum geht eine weitere Stufe der Bewusstseins-/ Persönlichkeitsentwicklung zu erreichen.
Das Problem ist also, das diese ungelösten kindlichen Emotionen sich gegen uns richten. Überforderung ist die Folge, denn ein Kind ist in erwachsenen Situationen immer überfordert.
Keinen Kontakt zu haben mit seinem inneren Kind führt zu innerer Leere, die versucht wird mit allen möglichen Süchten und Aktivitäten zu füllen.
Solange die Gefühle des inneren Kindes nicht wahr genommen werden, projizieren wir die elterliche Ablehnung auf andere und reagieren wütend und mit Vorwürfen, wie ein trotziges Kind.
Das verlassene, verletzte innere Kind möchte es allen recht machen, besonders den Familienmitgliedern, deren Anerkennug ihm besonders wichtig ist. Das Lösen aus systemischen Verstrickungen ist dann ganz besonders schwierig.
Eine eigene Entwicklung entgegen den offenen oder geheimen Familienregeln ist dann kaum möglich und man bleibt da wo man immer schon gewesen ist, macht das was man schon immer gemacht hat auch wenn da eine große Sehnsucht nach "etwas Anderem" ist.
Der Status Quo wird schön geredet und das familiäre Umfeld bestätigt einem wie recht man doch hat. Denn ändert sich ein Familienmitglied, dann ist das für die anderen Mitglieder der Familie bedrohlich. In systemischen Familienaufstellungen ist das sehr gut zu sehen.
Ebenso möchte es Autoritätspersonen, wie z.B. Vorgesetzten, auf die die elterlichen Rollen übertragen werden, gefallen. Entweder durch besonderes "liebsein" oder es legt aufmüpfiges Verhalten an den Tag um sich gesehen zu fühlen.
Schicke dein inneres Kind spielen und übernehme Verantwortung für dein Leben
Die Frage ist also, wer ist besser dazu geeignet dir zu ermöglichen dahin zu kommen, wo du gerne hin möchtest, geeigneter deine Ziele zu erreichen? Dein unbewusstes inneres Kind oder ein verantwortungsvoller Erwachsener, der weiß was zu tun ist um etwas zu erreichen?
Wenn du deinem inneren Kind ständig die Führung überlässt, dann frage dich einmal ganz ehrlich:
Ist dir dein Sicherheitsgefühl, da wo du gerade stehst, auch wenn es dir da nicht wirklich gefällt, so viel wichtiger als aus alten Strukturen und gewohnten Verhaltensmustern auszubrechen, um zu wachsen und zu lernen?
Was befürchtest du? Kann es sein das dir der Gedanke unabhängiger und selbstständiger zu sein noch zu viel Angst macht?
Warum sabotierst du dich immer selbst? Ist es, weil du, wie dein inneres Kind, deinen inneren Autoritätsfiguren und deinen Familienmitgliedern gefallen möchtest, bzw. glaubst deren Wertschätzung nur zu bekommen, wenn du ihre Regeln einhältst?
Das innere Kind möchte spielen, keine Verantwortung aufgebürdet bekommen und Spaß haben ohne Verpflichtungen.
Die Fähigkeit Spaß zu haben und sich zu freuen hängt mit der Verbindung zu unserem inneren Kind zusammen.
Wann hast du dich das letzte Mal richtig gehen gelassen und wirkliche Lebensfreude gespürt. Wann bist das letzte Mal gesprungen, hast ausgelassen getanzt und lauthals gesungen?
Gib deinem inneren Kind Raum und Möglichkeiten all die Dinge auszuleben, die du als Kind nicht hattest oder die du geliebt hast. Eine bestimmte Speise, Lieder oder ein Buch, das deiner Kinderseele gut getan hat.
Wie du mit deinem inneren Kind in Kontakt treten kannst und seine Bedürfnisse erkennst:
Für viele Erwachsene ist der Umgang mit dem inneren Kind ungewohnt. Manch einer spürt Hemmungen, kommt sich vielleicht albern vor, Selbstgespräche zu führen und sich noch dazu in eine kindliche Rolle hinein zu versetzen.
Der Anfang ist nicht einfach: Es erfordert Mut und Neugier. Doch nach den ersten Zwiegesprächen mit dem inneren Kind wird es spürbar leichter.
Es gibt einige Hilfsmittel, um sich die Kontaktaufnahme mit dem eigenen inneren Kind zu erleichtern: Suche dir sich ein Foto aus deiner Kindheit - nach Möglichkeit eines, auf dem du nicht unbedingt strahlend lachst.
Betrachte nun das Kind auf dem Bild genau: Was war das für ein Kind, wie fühlte es sich? Unsicher, traurig, isoliert, hilflos? Vielleicht erinnerst du dich, in welcher Situation das Foto aufgenommen wurde und was der Grund für diesen ernsten Gesichtsausdruck war.
Versuche mit dem Kind zu sprechen. Sage ihm, dass es in Ordnung ist, so wie es ist, dass es keine Angst haben muss, dass es sich auf dich verlassen kann, dass du ihm helfen wirst. Versuche mithilfe des Fotos, mit dem verlassenen Kind in dir, in Kontakt zu kommen. Wenn du kein Foto zur Hand hast oder keines hernehmen willst, weil es dich zu sehr aufwühlt, dann suche dir ein Kuscheltier (oder kaufe dir eines), dem du fortan die Rolle deines inneren Kindes überträgst
Regelmäßige Gespräche mit deinem inneren Kind
Nimm immer wieder Kontakt mit deinem inneren Kind auf. Frage es, wie es ihm geht. Wenn es sich ängstlich fühlt oder unsicher, dann spreche ihm Mut zu, so wie du andere Kinder in einer solchen Situation auch ermutigen würdest.
Sei immer betont tolerant mit deinem inneren Kind. Strenge hat es zu Genüge erfahren.
Vermeide auf jeden Fall Sätze wie "Stell dich nicht so an!", "Zähne zusammenbeißen und durch!" - das sind Erwachsenenratschläge, mit denen du vielleicht schon den größten Teil deines Lebens verbracht hast.
Es geht darum, Verständnis für die eigenen Ängste, Wut und Trauer zu entwickeln. Diese Gefühle dürfen zugelassen werden - auch wenn dein erwachsenes Ich immer wieder dazwischen rufen will: "Mach nicht so eine große Sache daraus! Du bist schließlich kein Kind mehr!" Das innere Kind ist der Teil in dir, der gelobt und gestreichelt werden will.
Sage ihm: "Das hast du wirklich gut gemeistert!", "Du bist toll, so wie du bist!" "Du musst nicht immer perfekt sein, du darfst auch Fehler machen, ich hab dich trotzdem lieb".
Es kann auch helfen, diese Gespräche aufzuschreiben und konkrete Fragen zu stellen, zum Beispiel: "Wann fühlst du dich unsicher?" "Was macht dir solche Angst?" "Wie fühlst du dich wenn ...?" "Was könnte dir in dieser Situation helfen?" "Was wünschst du dir?"
Spreche dein inneres Kind immer mit deinem Vornamen oder Kosenamen an. Hilfreich ist auch die andere Hand als die übliche Schreibhand zu verwenden, da dadurch besonders leicht ungewohnte Gedanken und Gefühle zutage treten können.
Körperliche Zuwendung für das innere Kind
Meist behandeln wir unser inneres Kind so, so wie wir von unseren Eltern behandelt wurden. Wenn unsere kindlichen Bedürfnisse von unseren Eltern missachtet wurden, tendieren wir als Erwachsene auch dazu uns zu vernachlässigen.
Das innere Kind lieben heißt auch, sich ihm zu widmen. Dazu gehört das oben beschriebene Gespräch ebenso wie das Verwöhnen des inneren Kindes. Kinder brauchen besonders viel Zärtlichkeit, Wärme, Geborgenheit. Auch das kannst du dir selbst schenken, zum Beispiel mit einem warmen Schaumbad. Anschließend kannst du ein Hautöl ausgiebig einmassieren und dabei bewusst die Streicheleinheiten spüren.
Vielleicht hattest du als Kind auch eine Lieblingsspeise? Warmen Vanillepudding oder Milchreis - Dinge, die du heutzutage vielleicht aus Gründen der gesunden Ernährung von deinem Speiseplan gestrichen hast. Trotzdem, koche dir doch einmal wieder dein Lieblingsgericht aus Kindertagen.
Frage dein inneres Kind, was es gerne einmal wieder tun möchte? Vielleicht möchte es bunte Farben auf ein Papier klecksen, einen albernen Film sehen, Karten spielen, wilde Tänze aufführen, Eislaufen gehen, Ruderboot fahren oder Karate lernen?
Indem du auf dein inneres Kind hörst, wirst du vielleicht plötzlich Dinge tun wollen, denen du in deinem Erwachsenenleben lange keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt hast.
Das innere Kind in seinen Bedürfnissen wahrnehmen heißt, mit sich selbst in Kontakt zu kommen, die ganze Bandbreite der Emotionen zu spüren. Manche Menschen tun dies ganz intuitiv, andere müssen es erst wieder lernen - aber man kann es lernen, in jedem Alter.
Zeige deinem inneren Kind einen sicheren (inneren) Ort, an dem es spielen und sich geborgen fühlen kann und gehe du währendessen erwachsen mit allen deinen Ecken, Kanten und Unzulänglichkeiten in die Welt und stelle dich deinen Ängsten, du wirst lernen, wachsen und kannst nur gewinnen.