Meine Nerven lagen gerade ziemlich blank: Wocheneinkauf mit Karlsson – “Ich will aber Blutwurst!” – und Prinzchen – “Wann sind wir endlich in der Spielwarenabteilung?” – und unzähligen anderen Einkäufern, die am Zahltag vom einmaligen 10% – Rabatt profitieren wollten. In der Hand eine ellenlange Einkaufsliste, im Hinterkopf die Sorge, ob wir es nach Hause schaffen, ehe Zoowärter, FeuerwehrRitterRömerPirat und Luise von der Schule nach Hause kommen, zu Hause ein angefangener Artikel, der zu Ende geschrieben sein wollte und obendrein ein selbstverschuldetes Schlafmanko. Ein typischer “Mama Venditti hat’s mal wieder nicht ganz im Griff”-Nachmittag eben.
Ich war gerade dabei, meine 18 Liter Milch so im Einkaufswagen zu platzieren, dass noch Raum für all das andere Zeug auf meiner Liste blieb, als eine Mutter mit einem etwa fünfjährigen Mädchen auf uns zugesteuert kam. Zuerst glaubte ich, sie wolle mir den Platz am Milchregal streitig machen, doch dann hörte ich sie zu ihrem Töchterlein sagen: “Also, was willst du der Lady-Frau jetzt sagen?” Das Mädchen sah mich ein wenig verlegen an und murmelte etwas, was ich im Lärm des Einkaufsrummels nicht ganz verstand. “Sie will Ihnen sagen, dass sie Sie so wunderschön findet mit Ihren Blumen im Haar”, erklärte die Mutter.
Ich weiss nicht, wer mehr gestrahlt hat, das Mädchen oder ich. Ich weiss nur, dass ich mich in diesem Augenblick trotz all meiner Unzulänglichkeiten fühlte, als wäre ich etwas ganz Besonderes. Kaum etwas bringt mich so sehr zum Schmelzen wie ein wildfremdes kleines Mädchen, das in mir nicht die gehetzte, ungeduldige Mutter sieht, sondern eine “Lady-Frau”, der man mitten im Getümmel den Tag mit einem hinreissenden Kompliment versüssen muss.